Berliner Senat will neue Migranten-Containerdörfer errichten – Bezirke kündigen Widerstand an

Der Berliner Senat befürchtet neue Flüchtlingsströme und bereitet sich auf die Errichtung langfristiger Containerdörfer vor. Bei den Bezirken stößt dies auf Unmut. Sie sehen ihre Infrastruktur überlastet und einen überstrapazierten interkulturellen Bevölkerungsmix.
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Wohncontainer in Berlin-Köpenick, ob die türkischen Modelle ähnlich aussehen werden, bleibt offenFoto: AXEL SCHMIDT/AFP/Getty Images
Von 30. März 2024

Zu den bereits 116 Flüchtlingsunterkünften in Berlin mit rund 35.017 untergebrachten Menschen sollen nach Plänen des Berliner Senates 16 neue Containerdörfer hinzukommen. Sie sollen jeweils 150 bis 500 Unterkunftsplätze bieten. Das teilte der schwarz-rote Senat am Dienstag mit. Dagegen gibt es Widerstand aus den einzelnen Bezirken.

Berlins regierender Bürgermeister Wegner (CDU) sprach im Anschluss an die Senatssitzung, in der die neuen Pläne öffentlich gemacht wurde, von einem „starken Signal“ und zeigte sich erfreut, dass man sich auf eine solch große Zahl an neuen Unterkünften geeinigt habe, berichtet die „Berliner Zeitung“. Und er habe ergänzt: „Ich glaube, das werden nicht die letzten sein.“

Als Ziele der Berliner Landesregierung benannte er: „Jeder, der zu uns kommt, soll ein Dach über dem Kopf haben. Und wir wollen eine dezentrale Unterbringung.“

16 neue Containerdörfer für 6.130 Ausländer

Der Senat geht davon aus, dass wieder mehr Migranten und Flüchtlinge mit dem beginnenden Frühjahr nach Berlin kommen. Sie stammen überwiegend aus der Ukraine, der Türkei, Syrien und Afghanistan.

Die geplanten 16 neuen Containerdörfer sollen weiteren 6.130 Ausländern in der Hauptstadt Platz bieten. Dabei werden Container für 3.070 Plätze gekauft, für die weiteren 2.510 Plätze gemietet. Die Gesamtkosten dafür sollen bei rund 208 Millionen Euro liegen. Die Nutzungsdauer soll in Teilen bei drei Jahren liegen, bei einigen auch bis 2030 andauern. Die Beschulung der Flüchtlingskinder soll möglicherweise direkt vor Ort in zusätzlich errichteten Containern stattfinden, berichtet das Netzwerk „Berlin hilft“.

„Das Programm ist dringend erforderlich“

Für das „Wohncontainer-Programm 2.0“ habe man alle Standorte sorgfältig auf ihre Eignung zur Errichtung von Unterkünften für Geflüchtete anhand von planungs- und baurechtlichen sowie sozialräumlichen Kriterien geprüft, heißt es in einer Mitteilung des Senats. Zwischen 2025 und 2026 sollen die Wohncontaineranlagen errichtet werden.

„Das Programm ist dringend erforderlich, um die Unterbringung von geflüchteten Menschen in den kommenden Jahren zu gewährleisten“, so die Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD).

„Geflüchtete“ müssten immer länger in den Regelunterkünften leben, weil sie auf dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt keine geeigneten Wohnungen fänden. „Das Programm trägt dazu bei, die Notunterbringung zu reduzieren und später aufzulösen“, begründet die SPD-Politikerin den geplanten Bau.

Die Containeranlagen werden mehrgeschossig in Wohnheimstruktur oder eingeschossig beziehungsweise dreigeschossig in Appartementstruktur errichtet.

Ostbezirke von Containerprojekt stärker betroffen als Westteil

Die Berliner Ostbezirke sind von dem Containerprojekt stärker betroffen als der Westteil der Stadt. Sieben der Unterkünfte sollen im Westteil und neun im Ostteil errichtet werden.

Zurzeit beherbergt der Ostbezirk Pankow als bevölkerungsreichster Bezirk der Stadt fast 17 Prozent aller Asylbewerber. Das sind rund 5.800 Menschen.

Nach den jetzt bekanntgegebenen Plänen sollen noch 1.400 dazukommen. Im Bezirk Lichtenberg ebenfalls im Ostteil der Stadt gelegen, würde sich entsprechend der jetzigen Pläne die Zahl der Unterkünfte von zwölf auf 16 erhöhen. Mit den geplanten 1.600 neuen Plätzen käme Lichtenberg dann auf insgesamt rund 5.600.

Lichtenbergs Bezirksbürgermeister kündigt Beschwerde an

Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) zeigt sich im Gespräch mit der „Berliner Zeitung“ „stark irritiert“ über die Entscheidung.

Für ihn seien alle vier neuen Standorte in Lichtenberg inakzeptabel. Mal spreche der Artenschutz gegen eine Bebauung, mal der Lärmschutz, es fehle an sozialer Infrastruktur und vor allem an Planungsrecht, zitiert ihn die Hauptstadtzeitung.

In seinen Augen sei ein weiterer Zuwachs auch politisch kaum mehr erklärbar. „Ich plädiere eindeutig für eine gerechtere Verteilung“, sagt er. Er kündigte an, sich förmlich bei der Senatsverwaltung für Integration und bei der Senatskanzlei zu beschweren.

CDU-Bezirksbürgermeisterin verärgert

Auch im westlichen Teil der Stadt regt sich Widerstand. So zeigte sich die Bezirksbürgermeisterin von Reinickendorf, Emine Demirbüken-Wegner (CDU), verwundert über den Vorstoß des Senates.

Offenbar kam dieser trotz Zusagen zu einer besseren Kommunikation vollkommen unerwartet.

Man habe über die Pläne zur Errichtung von zwei neuen Containerstandorten für die Unterbringung von Flüchtlingen in Reinickendorf aus der Presse erfahren, heißt es in einer Mitteilung.

Demnach sollen Plätze für 210 Flüchtlinge im Bereich Tegel-Zentrum, am Borsigturm und weitere 500 Plätze in „Tegel-Nord“, also auf dem Gebiet des ehemaligen Flughafens Tegel, durch den Bau von Wohncontainern geschaffen werden.

„Dies ist speziell für den Bereich des ehemaligen Borsiggeländes erneut ein unabgestimmtes, noch nicht mit den Bezirken kommuniziertes Vorpreschen der Landesebene im Hinblick auf Flüchtlingsunterbringung“, zeigt sich die Bezirksbürgermeisterin verärgert.

Bereits Anfang November 2023 habe man darauf hingewiesen, dass der Bezirk mit an der Spitze der Unterbringung von Flüchtlingen in Berlin liege und insbesondere die soziale Infrastruktur dadurch überlastet sei.

Seit Sommer 2023 seien durch den Familiensenat über 200 Plätze in fünf Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete minderjährige Geflüchtete im Bezirk Reinickendorf in privaten Einrichtungen geschaffen worden. Somit würden bald mehr als 13.000 geflüchtete Menschen jeglichen Alters in verschiedenen Einrichtungen in dem Bezirk untergebracht sein.

Die vorhandenen Standorte würden aus Gründen der Sozialinfrastruktur, des Mangels an Kitaplätzen, an Jugendeinrichtungen und der feststellbaren Überlastung des interkulturellen Bevölkerungsmix nicht weiter ausgebaut werden können, heißt es aus dem Reinickendorfer Bezirksamt.

„Wir fragen uns, inwieweit diese Standortentscheidungen überhaupt noch mit der Berliner Stadtplanung kompatibel sind.“ Das Gelände am Borsigturm sei ein bedeutender Wirtschaftsansiedlungsstandort, der das Potenzial Hunderter neuer Arbeitsplätze in Zukunftstechnologien biete.

Großbrand und Massenschlägereien

Hinter der Errichtung neuer Containerdörfer über die Stadt verteilt steckt offenbar auch die Sorge, dass sich zu viele Asylbewerber in den großen Flüchtlingsunterkünften auf den ehemaligen Flughäfen Tempelhof und Tegel konzentrieren.

Neben einem glimpflich verlaufenen Großbrand in der Flüchtlingsunterkunft auf dem ehemaligen Flughafen Tegel gab es mehrfach Massenschlägereien in den Unterkünften auf beiden ehemaligen Flughäfen.

Der Senat weiß, dass die massive Ballung von vielen Ausländern in Unterkünften die Integration erschwert und zu Spannungen unter ihnen führt.

Der weitere Ausbau von Tegel und die Nutzung wurde trotzdem bis Ende 2025 verlängert. Weitere Leichtbauhallen mit 1.000 Plätzen sollen entstehen, sodass man schließlich auf  7.000 Unterkunftsplätze kommt.

Schon jetzt stellen sich viele Fragen zur sozialen Infrastruktur wie Schul- oder Kitaplätze, aber auch zur medizinischen Versorgung, Freizeiteinrichtungen und anderem.



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