Um AfD-Wähler zurückzugewinnen: Junge Union will Abschiebungen erleichtern

Die Konservative Allianz innerhalb der Jungen Union will beim CDU-Bundesparteitag Anfang Mai einen Ergänzungsantrag für das neue Parteiprogramm stellen. Demnach sollen „straffällig gewordene Nicht-EU-Bürger“ leichter abgeschoben werden können.
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Das Symbolbild zeigt Flaggen mit dem Logo der Jungen Union Deutschlands.Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images
Von 18. März 2024

Die Konservative Allianz der Jungen Union (JU) will die Zahl der Abschiebungen von „straffällig gewordenen Nicht-EU-Bürgern“ deutlich erhöhen. Oliver Häusler, Informatikstudent und Vorsitzender des JU-Gebietsverbands Filder, hat eigenen Angaben zufolge schon 70 mehr als die nötigen 500 parteiinternen Stimmen beisammen. Nun muss sich die Antragskommission mit seinem Ergänzungsantrag zum Entwurf des neuen CDU-Grundsatzprogramms auseinandersetzen. Tenor seines Anliegens:

Wer die Sicherheit unserer Gesellschaft genießt, aber selbst gefährdet, darf nicht in Deutschland bleiben.“

So steht es auch gleich zu Beginn von Häuslers Antragstext. Er soll nach dem Willen des jungen Informatikers ins neue, nunmehr vierte Grundsatzprogramm der CDU eingefügt werden – und zwar im Anschluss an den Absatz „Wir wollen Schutzbedürftige durch humanitäre Kontingente aufnehmen“, wie Häusler auf Nachfrage der Epoch Times richtigstellte (Seite 23 des aktuellen Programmentwurfs, PDF-Datei).

Bei der „Konservativen Allianz“ handelt es sich eigenen Angaben zufolge um eine „Plattform zur Vernetzung mit Mitgliedern der Union und ihrer (nahen) Organisationen“. Das neue CDU-Grundsatzprogramm soll zwischen dem 6. und 8. Mai während des 36. Bundesparteitags in Berlin verabschiedet werden. Nach Angaben von „NiUS“ werden 1.001 Delegierte das Estrel Congress Center füllen.

Hintergrund: Kampf um Wählerstimmen der AfD-Sympathisanten

Häusler lobt in seinem Begleittext zum Änderungsantrag auf dem Discord-Server antrag.konservative-allianz.de die „gute[n] Vorschläge zum Umgang mit zukünftiger Migration nach Deutschland“ im bestehenden Entwurf. Weniger gut findet er, dass darin „der Umgang mit bereits geschehener Migration nicht thematisiert“ werde. Ausdrücklich geht es ihm darum, der zweitgrößten Oppositionspartei AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen:

Wenn wir Menschen wieder für uns gewinnen wollen, die derzeit die AfD wählen würden, dann müssen wir in diesem Thema einen klaren Kurs einschlagen: konsequent, aber dennoch human. […] Ohne eindeutige Korrektur in der Migrationspolitik werden wir die Bürger, die die AfD nur aus Protest, Enttäuschung oder scheinbarer Alternativlosigkeit wählen, nicht zurückgewinnen können.“

Was „unbedingt zur Ausweisung und Abschiebung führen“ muss

Häusler richtet seinen Blick besonders auf jene „Straftaten, gegen die sich Deutschland vor dem Hintergrund seiner Geschichte besonders wehren muss, die anderweitig schwer wiegen oder die den gesellschaftlichen Zusammenhalt besonders beeinträchtigen“. Einige Absätze später wird er konkreter: Ihm gehe es um „Straftaten“, die sich „gegen elementare Werte wie beispielsweise Religionsfreiheit, körperliche Unversehrtheit oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ richteten. Solche Straftaten müssten „unbedingt zur Ausweisung und Abschiebung führen“, heißt es in dem JU-Antrag. „Ganz besonders, wenn es sich um antisemitische Straftaten handelt“, ergänzte er auf Nachfrage.

Nicht gemeint sei die ÖPNV-Nutzung ohne Fahrschein, ein Ladendiebstahl oder eine Beleidigung, sofern dies nicht „System“ habe.

Oliver Häusler. JU Filder

Oliver Häusler, JU Filder. Foto: privat

Druck auf Herkunftsländer erhöhen

Um die Abschiebung in „schweren Fällen“ zu vereinfachen, müsse „eine abgeschwächte Definition eines sicheren Herkunftslandes verwendet werden“. Bei minderschweren Delikten solle „unter Berücksichtigung der Schwere der Tat und der Vorstrafen des Täters definiert werden, wann die Ausweisung“ erfolgen solle. Auf jeden Fall sollten nach JU-Auffassung „bereits vorhandene Hürden zur Ausweisung […] abgesenkt“ werden. Stets gewahrt bleiben müssten dabei „die Verhältnismäßigkeit“ und die „Menschenwürde“.

Für die Epoch Times erläuterte Häusler seine Vorstellungen mit einem Beispiel: Demnach würde er eine Familie aus Afghanistan, die mangels anerkannter Asylgründe die Heimreise antreten solle, nicht abschieben, falls sie „nicht negativ aufgefallen“ sei. „Dagegen würde ich einen Vergewaltiger, dessen Wertebild offenbar dem des Regimes in Afghanistan entspricht, auch jetzt nach Afghanistan abschieben.“

Drittstaatenlösungen anvisieren

Was aber tun, wenn die Identität oder das Herkunftsland eines Ausreisepflichtigen nicht feststeht? Oder wenn „völkerrechtliche oder humanitäre Gründe“ einer Abschiebung in das Heimatland entgegenstehen? Für diesen Fall wünscht sich Häusler „Aufnahmeabkommen mit Drittstaaten […], die abzuschiebende Ausländer gegen Entschädigung aufnehmen“. Außerdem solle man „außenpolitischen Druck“ auf jene Herkunftsländer ausüben, die sich weigern, ihre Staatsangehörigen wieder aufzunehmen – und zwar so lange, „bis eine Übereinkunft erreicht wurde“.

Als „Druckmittel“ empfiehlt die JU, „die vollständige Streichung von Entwicklungshilfen in Betracht“ zu ziehen: „Dieses Instrument wollen wir auch anwenden, wenn uns ein Staat bei der Identitätsfeststellung von Ausländern nicht ausreichend unterstützt.“

Er betonte auch die neue CDU-Linie, Asylverfahren generell in Drittstaaten durchführen zu lassen, „bevor Menschen überhaupt entscheiden können, überzusiedeln“. Man müsse auch der Praxis einen Riegel vorschieben, dass Bleibewillige ihre Pässe vor der Einreise „absichtlich“ verlören, um höhere Chancen auf Asyl zu bekommen.

Abschieberhetorik von SPD, CDU und CSU

Der CDU-Bundesvorstand hatte den Entwurf des neuen Partei-Grundsatzprogramms bereits Mitte Januar 2024 in Heidelberg beschlossen. Darin heißt es unter anderem, dass „die Scharia nicht zu Deutschland“ gehören solle.

Das Thema Abschiebungen hatte im Oktober 2023 unter dem Eindruck des frisch aufgeflammten Konflikts zwischen Israel und der Hamas wieder einmal neuen Auftrieb erfahren. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte wenig später im „Spiegel“ (Bezahlschranke) schnelle Abschiebungen „im großen Stil“ gefordert. Jens Spahn, der Unionsfraktionsvize im Bundestag, verlangte daraufhin in einem Gespräch mit „The Pioneer“, „irreguläre Migrationsbewegungen“ notfalls auch „mit physischer Gewalt“ zu unterbinden.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte nach Informationen des „Focus“ bereits im August 2023 angeregt, auch solche Clanmitglieder abzuschieben, die gar nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten waren. Und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verlangte laut „Münchner Merkur“, straffällig gewordenen Doppelstaatlern die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen.

„Correctiv“-Artikel entfachte „Kampf gegen rechts“

Doch all diese Forderungen aus den Reihen von Union und SPD schienen vergessen, als das Recherchenetzwerk „Correctiv“ am 10. Januar 2024 einen höchst umstrittenen Artikel veröffentlichte. Der Text weckte in seiner Darstellung eines Wochenendtreffens in Potsdam Assoziationen an die NS-Zeit, weil darin unter anderem von Vertreibungsplänen zum Nachteil von „Millionen Menschen“ mit „falscher Hautfarbe oder Herkunft“ die Rede war. Speziell die Teilnehmer mit AfD-Parteibuch wurden angeprangert. Seitdem engagieren sich Hunderttausende Menschen regelmäßig auf den Straßen im „Kampf gegen rechts“.

Wie die „Legal Tribune Online“ später bestätigte, räumte das „Correctiv“-Team inzwischen ein, dass es sich bei den NS-Anspielungen um „Überzeugungen“, „unsere Auffassung“ oder „wertende Schlussfolgerungen“ gehandelt habe.

Söder und Kretschmer wollen antisemitischen Doppelstaatlern Staatsbürgerschaft entziehen

Ungeachtet all dessen zielte kürzlich ein gemeinsamer Beschluss der Ministerpräsidenten von Bayern und Sachsen erneut auf den Entzug der Staatsbürgerschaft für Doppelstaatler ab: Markus Söder (CSU) und Michael Kretschmer verständigten sich in einer Protokollerklärung (PDF-Datei) darauf, „antisemitische Straftäter und Feinde unserer Verfassung“ entsprechend zu sanktionieren.

Obwohl das „Rückführungsverbesserungsgesetz“ (PDF-Datei) bereits im November 2023 beschlossen worden und am 27. Februar 2024 in Kraft getreten war, hatte Söder dessen Umsetzung als „zögerlich oder nur unzureichend“ kritisiert und das Fehlen von Migrationsabkommen mit bestimmten Herkunftsländern bemängelt.

Zuletzt hatten sich Spitzenvertreter der Union nach acht Jahren des praktisch ungebremsten Massenzustroms von Menschen, die vorwiegend aus Nahost und Afrika nach Deutschland kamen, doch noch dazu durchgerungen, das Thema Obergrenzen in die Debatte zurückzubringen.

Weitere Anträge für CDU-Bundesparteitag

Nach Angaben des Portals „Table.Media“ hat inzwischen auch ein Antrag von Caroline Bosbach, der Bundesvorsitzenden des Jungen Wirtschaftsrates der CDU, das nötige Quorum von 500 Stimmen erreicht, um die Antragskommission der CDU zu beschäftigen. Bosbach, die Tochter des konservativen CDU-Urgesteins Wolfgang Bosbach, möchte erreichen, dass der Begriff „Gleichstellung“ im neuen Parteiprogramm durch „Gleichberechtigung“ ersetzt wird. „Wir möchten gleiche #Startchancen und keinen staatlich herbeigeführten Ergebniszwang“, erklärt die hessische CDU-Nachwuchspolitikerin Lisa Schäfer dazu auf ihrem X-Kanal.

Nach Informationen von „Politico“ wurde vonseiten der CDU-Basis auch ein Antrag formuliert, nach denen Rentner mit einem höheren Grundfreibetrag steuerlich entlastet werden sollen: Den Antragstellern schwebe eine Grenze zwischen 20.000 und 25.000 Euro pro Jahr vor. Zudem solle das Renteneintrittsalter von 67 Jahren nicht weiter erhöht werden. Weitere Anträge wollen laut „Politico“ erreichen, dass die Zahl der Wahlkreise in Deutschland halbiert wird. Es liege auch ein Antrag vor, nach dem die „Brandmauer“ zwischen Union und AfD aufgehoben werden soll. Ob das jeweils nötige 500-Stimmen-Quorum bis zum Stichtag 26. März erreicht werden wird, ist unklar.

Derzeit gilt in der CDU offiziell noch das Parteiprogramm „Freiheit und Sicherheit. Grundsätze für Deutschland“ (PDF-Datei), das Ende 2007 verabschiedet worden war und 15 Jahre gelten sollte.



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