Bürgergeld als „Migrantengeld“? Bayern will über Bundesrat zurück zu Hartz IV

Das Bürgergeld wieder durch Hartz IV ersetzen will die Bayerische Staatsregierung. Dazu hat sie eine Initiative im Bundesrat angekündigt. Mit Blick auf 62 Prozent Empfänger mit Migrationshintergrund argwöhnt sie, dass die Leistung zum „Migrantengeld“ werde.
Blick in den Deutschen Bundesrat in Berlin.
Über den Bundesrat will Bayern ein Aus für das Bürgergeld erzwingen.Foto: Demy Becker/dpa
Von 14. Dezember 2023

Über den Bundesrat möchte die Bayerische Staatsregierung eine „grundlegende Abkehr“ vom Bürgergeld erzwingen. Dies kündigte Staatskanzleichef Florian Herrmann am Dienstag, 12. Dezember 2023, nach einer Sitzung des Kabinetts in München an. Der CSU-Politiker erklärte, das Ziel sei „mehr Hartz IV statt Bürgergeld“. Dies berichtete unter anderem die „Main-Post“.

„Wer gesund ist, wer arbeiten kann, muss auch arbeiten. Das ist nicht unsozial“, äußerte Herrmann. Zudem gehe es „insgesamt auch um das Thema Zuwanderung in Arbeit und nicht in die sozialen Sicherungssysteme“. Es müsse sichergestellt sein, dass „das Bürgergeld nicht in Wahrheit ein Migrantengeld ist“.

Aktuellen Zahlen zufolge haben im ausklingenden Jahr 2023 insgesamt etwa 5,5 Millionen Personen Bürgergeld bezogen. Von diesen sollen rund 3,93 Millionen erwerbsfähig sein. In dieser Gruppe sollen etwa 62 Prozent einen sogenannten Migrationshintergrund aufweisen.

Wer sind die Bürgergeldbezieher mit Migrationshintergrund?

Die Angaben gehen aus Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor. Der Begriff „Migrationshintergrund“ umfasst dabei sowohl Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit als auch Deutsche selbst. Diese weisen einen sogenannten Migrationshintergrund auf, wenn ihr Geburtsort außerhalb des heutigen Gebiets der BRD lag oder eine Zuwanderung nach 1949 erfolgte. Zudem liegt ein solcher auch dann vor, wenn Gleiches auf mindestens einen Elternteil zutrifft.

Vier Fünftel oder rund zwei Millionen der Bürgergeldbezieher weisen eine eigene Migrationserfahrung auf, sind also im Ausland geboren. Rund 426.000 Personen oder 17 Prozent stammen aus Deutschland selbst.

Asylbewerber in der Bürgergeldstatistik meist nicht erfasst

Insgesamt beläuft sich der Anteil der Bürgergeldbezieher an den etwa 17,2 Millionen Einwohnern des Landes mit Migrationshintergrund auf etwa 14 Prozent. Unter den Betroffenen machen ukrainische Staatsangehörige einen erheblichen Teil aus. Diese befinden sich allerdings erst seit weniger als zwei Jahren in Deutschland. Mit fortschreitender Aufenthaltsdauer steigt auch der Anteil der Erwerbstätigen an den neu Zugezogenen. Nach sieben Jahren liegt er dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge bei 62 Prozent.

Nicht unter den Bürgergeldbeziehern mit Migrationshintergrund aufgeführt sind die meisten Asylbewerber. Diese erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – erst nach 18 Monaten beginnt ihr Anspruch auf reguläre Sozialleistungen.

Das Bürgergeld, so heißt es aus der CSU, verfehle das Ziel, Menschen möglichst rasch in Arbeit zu bringen. Die geplante Erhöhung im Jahr 2024 lasse eine enorme Kostensteigerung um 3,25 auf voraussichtlich rund 27 Milliarden Euro erwarten. Es müsse „bei den Geldleistungen Einschnitte“ geben, demgegenüber sei in eine Integration in Arbeit zu investieren.

Bayern will Sanktionen wieder einen größeren Stellenwert einräumen

Der bayerische Antrag fordert direkte Sanktionen, wenn unentschuldigt ein Termin zur beruflichen Wiedereingliederung verpasst werde. Zugleich müsse „die Betreuungsintensität durch die Jobcenter erhöht“ werden.

Die CSU will zudem die sogenannte Karenzzeit streichen. Dieser zufolge bleiben „nicht erhebliche“ Rücklagen im ersten Bezugsjahr unangetastet. Wie viele Bürgergeldbezieher mit Migrationshintergrund, die erst seit kurzer Zeit in Deutschland sind, nennenswerte Rücklagen aufweisen, ist ungewiss.

Weiterhin will die Partei die Prüfung der Angemessenheit der Wohnung auf sechs Monate verkürzen und auf „Personen mit entsprechender Lebensleistung“ beschränken. Derzeit ist eine Prüfung erst ab einem Jahr des Bezuges vorgesehen.

Wo sind die wesentlichen Unterschiede?

Das seit 2023 bestehende Bürgergeld unterscheidet sich vom Hartz-IV-System unter anderem durch etwas höhere Regelleistungen. Zudem gibt es Erleichterungen für Betroffene bei der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunft und beim Schonvermögen.

Ein weiterer Aspekt ist eine größere Flexibilität des Jobcenters: Statt einer möglichst schnellen Vermittlung in Arbeit, kann dieses auch passgenauere Qualifizierungsmaßnahmen mit dem Empfänger vereinbaren.



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