Bundesverfassungsgericht bekommt drei neue Richter

Lange Zeit war unklar, wer die neuen Richter sein werden. Nun sind Namen gefallen. Am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe stehen drei Wechsel bevor.
Richter des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Foto: Uli Deck/AFP/GettyImages
Richter des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe.Foto: Uli Deck/AFP/GettyImages
Von 14. Dezember 2022

Nun steht fest, wer die drei Nachfolger am Bundesverfassungsgericht sein werden. Für die an sich nur noch formale Wahl am Donnerstag im Bundestag stehen Thomas Offenloch, Prof. Dr. Martin Eifert und Dr. Rhona Fetzer als Kandidaten fest. Zuvor hat der 12-köpfige Wahlausschuss des Bundestags die drei Richter ausgewählt und vorgeschlagen.

Ersetzt werden muss im Zweiten Karlsruher Senat Monika Hermanns und Prof. Dr. Peter M. Huber, deren Amtszeiten bereits am 15. November abgelaufen sind. Sie führen das Richteramt derzeit weiter, bis ihre Nachfolger vom Bundespräsidenten die Ernennungsurkunde erhalten haben.

Im Ersten Senat beendet Prof. Dr. Susanne Baer ihre Amtszeit. Diese endet erst am 1. Februar 2023. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz ermöglicht jedoch eine Wahl bereits drei Monate vor Ende der Amtszeit.

Insgesamt besteht das Bundesverfassungsgericht aus zwei Senaten mit jeweils acht Richterinnen und Richtern. Die eine Hälfte wählt der Bundestag, die andere der Bundesrat – jeweils mit Zweidrittelmehrheit. Die Amtszeit beträgt zwölf Jahre und eine Wiederwahl ist ausgeschlossen.

Kleiner Umzug: Vom Bundesgerichtshof an Bundesverfassungsgericht

Richterin Dr. Fetzer (59) ist als Nachfolgerin für Monika Hermanns gedacht. Sie wurde wie ihre potenzielle Nachfolgerin von der SPD vorgeschlagen. Für Fetzer wird es ein kleiner Umzug: Bereits seit 2009 ist sie Richterin am Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

Richterin Monika Hermanns, Mitglied des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Foto: Sean Gallup/Getty Images

Richterin Monika Hermanns, Mitglied des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Foto: Sean Gallup/Getty Images

Ihren juristischen Aufstieg begann Dr. Fetzer nach Abschluss der juristischen Ausbildung und einer knapp dreijährigen Tätigkeit in einer Rechtsanwaltskanzlei Ende 1992 mit dem Eintritt in den höheren Justizdienst des Landes Baden-Württemberg. Über verschiedene Stationen am Landgericht Baden-Baden, als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesgerichtshof und dem Oberlandesgericht Karlsruhe wechselte sie zum Bundesgerichtshof. Als Mitglied des VIII. Zivilsenats wurden ihr im Wesentlichen Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus Kauf, Leasing und Wohnraummietverhältnissen zugewiesen.

Seit dem 24. Juni 2010 ist sie zudem Ad-hoc-Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Im Mai 2022 hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs Fetzer schließlich den Vorsitz des VIII. Zivilsenats übertragen.

Zu ihrem jetzigen Aufgabenbereich berichtete Fetzer in einem SWR-Interview: „Bei uns findet das pralle Leben statt.“ Die Sachverhalte wären oft sehr bunt und inzwischen allerdings auch sehr durch rechtliche, kleinteilige Probleme überlagert, so die Richterin. Und erklärte hier: „Wir sind halt ein sehr belasteter Senat.“

Thomas Offenloch und die Rechtsgeschichte

Thomas Offenloch (50), der von der FDP vorgeschlagen wurde, kommt wie Fetzer aus der baden-württembergischen Justiz. Er schlug nach seiner rechtswissenschaftlichen Ausbildung direkt den Weg des höheren Justizdienstes in Baden-Württemberg ein. Er soll Prof. Dr. Peter M. Huber ersetzen.

Richter Peter Huber, Mitglied des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Foto: Sean Gallup/Getty Images

Richter Prof. Dr. Peter Huber, Mitglied des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Foto: Sean Gallup/Getty Images

Über verschiedene Amtsgerichte und Staatsanwaltschaften führte sein Weg aufgrund einer Abordnung an das Justizministerium Baden-Württemberg, wo er bis zum Leitenden Ministerialrat aufstieg. Von dort wurde Offenloch 2013 an den Karlsruher Bundesgerichtshof gewählt. Dort gehört er dem VI. Zivilsenat an und ist seit 2019 stellvertretender Vorsitzender des Senats für Notarsachen.

Wie LTO berichtet, war sein Vater, Werner Offenloch, zuletzt Präsident des Amtsgerichts von Schwäbisch Gmünd. Er wurde bundesweit bekannt, als er Richter und Staatsanwälte zu Geldstrafen aufgrund von Nötigung verurteilte. Sie nahmen 1987 an einer Sitzblockade vor dem US-Atomwaffen-Depot in Mutlangen teil und blockierten dort einen Militärkonvoi. Es ging dabei um einen Protest gegen die Stationierung von Pershing-II-Raketen in Deutschland.

Die Richter gingen gegen das Urteil an und wurden schließlich in einem Wiederaufnahmeverfahren vom Bundesverfassungsgericht freigesprochen. Die Begründung, die damals von einem der Richter als Kläger zur Auslegung des Nötigungsparagrafen eingereicht wurde, schrieb damals Rechtsgeschichte. Offenlochs Vater fühlte sich aufgrund des Karlsruher Urteils, dass friedliche Sitzblockaden an sich keine Gewalt sind, verraten und ins „verfassungsrechtliche Abseits“ gestellt, so die Juristen des Portals LTO rund um Recht und Justiz.

Thomas Offenloch wird nun Teil des Verfassungsrichtergremiums in Karlsruhe. Es ist nicht auszuschließen, dass auch er sich bald mit dem Thema Sitzblockaden auseinandersetzten muss. Allerdings sind es jetzt Klimaaktivisten, die sich auf öffentlichen Straßen im Berufsverkehr festkleben, um eine Klimaerwärmung zu verhindern.

AfD und Linke haben kein Vorschlagsrecht

Martin Eifert (57) stand bereits vor zwei Jahren in der engeren Auswahl, an das Bundesverfassungsgericht berufen zu werden. Der Rechtsprofessor der Berliner Humboldt-Universität gilt als ausgewiesener Experte für Medien- und Internetrecht.

2020 hatte ihn die SPD, die auch das damalige Vorschlagsrecht besaß, im Visier. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) warf damals jedoch ein, dass Karlsruhe endlich auch eine Richterin mit ostdeutscher Sozialisation brauche und setzte so die Ernennung von Ines Härtel durch. Jetzt wurde Eifert von den Grünen vorgeschlagen. Er soll Prof. Dr. Susanne Baer ablösen.

Er gilt laut LTO als vorsichtig und jemand, der eher zu zurückhaltender Gestaltung rät. Gesetzgeber und Verfassungsgericht sollten lieber erst einmal beobachten, welche Lösungen in der juristischen Praxis entstehen, zitiert ihn LTO.

Grund für die unterschiedliche Vergabe von Vorschlagrechten ist eine Verabredung der Alt-Parteien von 2018. Demnach soll bis 2022 in beiden Senatskammern der Schlüssel 3 – 3 – 1 – 1 verwirklicht sein. Somit dürfen die CDU/CSU und die SPD drei Personalien vorschlagen. Die Grünen und die FDP jeweils eine. Die Parteien AfD und Linke werden nicht berücksichtigt. Auch ist der Prozess zur Kandidatenfindung intransparent.

Das Bundesverfassungsgericht untersteht als Verfassungsorgan nicht der Dienstaufsicht eines Ministeriums. Grundsätzliche, organisatorische Entscheidungen treffen die Richter aus beiden Senaten gemeinsam. Der Präsident – aktuell Prof. Dr. Stephan Harbarth – leitet die Verwaltung des Gerichts und repräsentiert es nach außen.

Der Haushaltsentwurf für Karlsruhe betrug für 2022 rund 36 Millionen Euro. Für 2023 sind 40 Millionen Euro veranschlagt. Die Arbeitsbelastung des Bundesverfassungsgerichts ist hoch. Jährlich gehen durchschnittlich über 6.000 Verfassungsbeschwerden ein.



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