„Corona-Angstpapier“: Medizinrechtlerin legte Berufung gegen Urteil ein

Bis heute hat sich kein Richter dazu positioniert, ob es legitim ist, durch gezielte Schockwirkung und Angsterzeugung Folgebereitschaft in der Bevölkerung hervorzurufen. Die Medizinrechtlerin Marion Rosenke ging zum „Corona-Angstpapier“ vor Gericht und verlor in erster Instanz. Dagegen ging sie in Berufung. Was war das Ergebnis?
Titelbild
Die Innenstadt von Freiburg im Breisgau im Juli 2020.Foto: iStock
Von 30. Juni 2023

Eigentlich wollte Dr. Marion Rosenke (54) gegen ihre abgewiesene Klage des Berliner Verwaltungsgerichts zur Herausgabe von Information durch das Bundesinnenministerium zum Corona-Strategiedokument der Bundesregierung („Corona-Angstpapier“) nicht in Berufung gehen.

Sie sehe keine Erfolgschancen dafür, dass sie die 100-seitige Anlage vom Robert Koch-Institut durch das Berufungsverfahren komplett lesbar bekomme. „Ich bin in dem Punkt komplett resigniert und sehe keine Erfolgsaussicht“, so die Medizinrechtlerin damals zu Epoch Times.

Doch aufgrund des Epoch-Times-Artikels zu ihrer Klage erhielt sie mehrere Zuschriften von Menschen, die den Artikel gelesen hatten. Eine Zuschrift gab letztlich den Ausschlag, doch Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht in Berlin einzulegen.

Zuschrift gab Anstoß, Berufung einzulegen

Hier der vollständige Text der Zuschrift im Wortlaut:

Sehr geehrte Frau Fachanwältin für Medizinrecht Dr. Marion Rosenke,

Ich bedanke mich bei Ihnen von ganzem Herzen für Ihre Initiative und Bemühungen zum Erlangen von Informationen zum Entstehen des „Corona-Angst-Papiers“ von März 2020.

Soeben habe ich den Artikel gelesen: „Medizinrechtlerin verliert gegen Bundesinnenministerium zum Corona-Angst-Papier“

Auch wenn weit nicht alles, was Sie erfragt und eingeklagt hatten, herausgegeben und transparent gemacht wurde, finde ich die Sachverhalte, die durch Ihren Einsatz ans Tageslicht gekommen sind, nichtsdestoweniger erhellend und, wenngleich inzwischen auch nicht mehr überraschend, so doch erschreckend, nicht zuletzt auch der Umgang der Justiz mit diesem Gesuch. Durch Ihre Klage ist nun außerdem die Zahn- und Rückgratlosigkeit der Deutschen Justiz zu diesem konkreten Papier und Vorgehen historisch festgehalten worden.

Danke sehr!

Ich würde mir sehr wünschen, daß Sie trotz der verstehbaren Resignation, die Sie angesichts dieses juristischen Ausgangs zum Ausdruck brachten, in Berufung gehen. Solange noch eine noch so kleine Chance besteht, sollte sie doch genutzt werden. Und wenn es nur am Ende der historischen Archivierung des Zustandes der Justiz dient.

Wie immer Sie sich entscheiden mögen, vielen, vielen Dank an Sie!

Mit herzlichen Grüßen

Marion H. Krankenschwester mit 26-jähriger Berufserfahrung

Rosenke äußert „ernstliche Zweifel“ an Richtigkeit des Urteils

Nach einem fragenden Gebet und der daraufhin erfolgten klaren Antwort im Herzen war für die Medizinrechtlerin klar, dass sie doch noch Berufung einlegen soll.

In ihrem Berufungsschreiben äußerte sie „ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit des Urteils als Grund für den Antrag.

Denn „alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“, führt sie an. Für diese Gewaltenlegitimation sei adäquates Wissen (= Information) und Wissenserlangung Voraussetzung. Ohne adäquate Information und Wissenserlangung (= Rechenschaftslegung der Informationsinhaber) hätte diese grundgesetzliche Norm keine effektive Rechtswirksamkeit.

In ihren Augen sei daher eine Beschränkung auf die Herausgabe nur von amtlichen Informationen in diesem Fall nicht ausreichend. Für sie kann der hier geltend gemachte (formale) Auskunftsanspruch nicht von seinem Inhalt getrennt werden. Aber eine inhaltliche Auseinandersetzung fand durch das Gericht ihrer Ansicht nach nicht statt.

„Angesichts der hohen Bedeutung der nach wie vor zu spürenden Auswirkungen dieser Kommunikationsstrategie, der bei Kindern und Heranwachsenden angerichteten psychischen Schäden, der Isolation alter und hilfsbedürftiger Menschen sowie Menschen mit Behinderungen, um nur wenige der drastischen Maßnahmen der Lockdown-Politik zu nennen, besteht ein zwingendes Auskunftsinteresse. Diesem ist um der Klarheit willen mit allen gebotenen Mitteln nachzugehen.“

Für sie werde anhand der RKI-Akte deutlich, dass der damalige Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Markus Kerber, aktiv weitere Mitglieder – für den „gesellschaftlich-gruppenpsychologischen Impact“ – generiert hat und so das Ministerium entgegen seinen eigenen Aussagen federführend wirkte.

Gericht lehnt Berufungsantrag ab

Am 21. Juni erhielt die Medizinrechtlerin die Ablehnung ihres Berufungsantrages vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

Das Gericht sieht keine begründeten ernstlichen Richtigkeitszweifel, da einzelne tragende Rechtssätze oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt wurde.

Die Rüge der Frau Rosenke, dass sich das Verwaltungsgericht mit der von der Klägerin geltend gemachten Anspruchsgrundlage auf Informationserteilung nach Art. 1, 19, 20, 79 GG nicht auseinandergesetzt habe, sei nicht geeignet, die Richtigkeit des Urteils infrage zu stellen, befindet das Gericht.

Und bekräftigt in der Begründung der Nichtzulassung des Berufungsantrages die Aussage des Verwaltungsgerichts, dass das Innenministerium keine Auskünfte und Erläuterungen für Vorgänge schulde, zu denen bei ihr keine Informationen vorhanden seien.

Es bestehe kein unerfüllter Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, da solche nach Ansicht des Gerichts aufgrund der Angaben des Bundesinnenministeriums nicht vorhanden seien.

Das Vorhandensein des [ungeschwärzten] E-Mail-Schriftverkehrs bei den involvierten Mitarbeitern des Ministeriums seien „bloße Vermutungen“. Es fehlt an Anhaltspunkten dazu, warum die von der Klägerin vermuteten Informationen nach Fertigstellung des (gemeinschaftlichen) Papiers über die beim Robert Koch-Institut verakteten Teile hinaus erhalten geblieben sein sollten.

Gericht: Annahme erfolgte „ins Blaue“ hinein

Die wiederholte Behauptung, auf den Rechnern bestimmter Mitarbeiter des Ministeriums seien amtliche Informationen solcher Art vorhanden, erfolge ohne zusätzliche, diese Annahme rechtfertigende Hilfstatsachen „ins Blaue“ hinein und vermöge den Vorwurf mangelnder Sachaufklärung nicht zu begründen. „Das Verwaltungsgericht hat deshalb mit Recht davon abgesehen, entsprechenden Beweisanregungen nachzugehen“, befindet das Oberverwaltungsgericht.

Gleichzeitig bekräftigte das Oberverwaltungsgericht, dass Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines amtlichen Vorgangs werden sollen, keine amtlichen Informationen darstellen. Und aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes hätte die Klägerin in den Augen des Gerichts nur auf solche Informationen einen Anspruch.

„Diese Bestimmung schränkt den Informationszugang zu Entwürfen und Notizen fraglos ein, rechtfertigt aber für sich nicht die Schlussfolgerung, amtliche Informationen könnten durch entsprechende Zuordnung nach subjektiven Gesichtspunkten der Auskunftspflicht gerichtlich unüberprüfbar entzogen werden.“ 

Nach dem Gesetz sei maßgeblich, ob die Aufzeichnung der Information amtlichen Zwecken dient; dieser Zweck könne seinen Ausdruck entweder in dem subjektiven Willen derjenigen Behörde finden, die die Aufzeichnung veranlasst, oder in objektiven Regelungen über eine ordnungsgemäße Aktenführung, so das Gericht.

Gericht: Defizit des Informationsfreiheitsgesetzes wird nicht nachvollziehbar erläutert

„Inwiefern das Informationsfreiheitsgesetz für Auskunftsbegehren ‚im Zusammenhang mit Grundrechtseinschränkungen‘ defizitär ist, wird nicht nachvollziehbar erläutert und weckt den Verdacht, dass das Zulassungsbegehren die Frage des Zugangs zu amtlichen Informationen mit derjenigen des Informationsgehalts und seiner Bewertung unzulässig vermischt.“

Für das Gericht sei nicht erheblich, ob die Expertengruppe „auf Anregung“ oder „im Auftrag“ des Bundesinnenministeriums tätig geworden ist, weil auch eine Tätigkeit Externer „im Auftrag“ nicht zur Aufzeichnung der vermeintlich als vorhanden angesehenen Informationen zu amtlichen Zwecken geführt haben müsse. „Die Klägerin vermag keine unauflösbaren Widersprüche aufzuzeigen“, befindet das Gericht.

Auskunftsanspruch auf das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip gründen

„Meine Hoffnung war, dass die Richter in zweiter Instanz sich einen ‚Ruck‘ geben und den Mut haben, in diesem konkreten Fall einen Auskunftsanspruch auf das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip zu gründen, also auf das Grundgesetz direkt“, so das Fazit von Dr. Marion Rosenke.

Das sei leider nicht geschehen, wäre aber angesichts des bundesweiten Lockdowns – der massiven Grundrechtseinschränkungen für sämtliche in Deutschland lebende Personen – gerechtfertigt gewesen.

„Bis heute hat sich kein Richter dazu positioniert, ob es legitim ist, durch gezielte Schockwirkung und Angsterzeugung Folgebereitschaft in der Bevölkerung hervorzurufen. Das bedarf meines Erachtens noch unbedingt der Aufarbeitung.“



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion