Linke im Stress
Die Linke im Dauertief – nicht nur wegen Wagenknecht
Sara Wagenknecht ist nicht für alles verantwortlich, mahnt die Linke-Politikerin Gesine Lötzsch. Fehlerdiskussion fände nicht statt – sei aber notwendig.

„Es ist dramatisch“: Gesine Lötzsch.
Foto: Kilian Genius/dpa
Die Linke-Politikerin Gesine Lötzsch sieht in ihrer Partei einen mangelnden Willen zur Beschäftigung mit eigenen Versäumnissen. Es sei falsch, für schlechte Wahlergebnisse und das anhaltende Umfragetief allein Sahra Wagenknecht verantwortlich zu machen, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Tageszeitung „nd“ (Wochenendausgabe „nd.DieWoche“).
Wagenknecht und neun weitere Bundestagsabgeordnete waren am 23. Oktober aus der Linken ausgetreten, womit diese ihren Fraktionsstatus verliert. Die langjährige Linken-Abgeordnete hat für Januar die Gründung einer neuen Partei angekündigt.
„Schon zu DDR-Zeiten hieß es immer: Keine Fehlerdiskussion, wir schauen nach vorn“, sagte Lötzsch. „Aber die Ergebnisse sind ja davon nicht besser geworden. Und ich finde, wir müssen schon zurückschauen: Bis zu welchem Punkt hätte man die Spaltung verhindern können und wie?“
Die Schwächung der Partei sowohl in den Umfragen als auch in ihrer Präsenz im Bundestag sei „politisch dramatisch“, so die Abgeordnete. Ob und bis wann die Linke im Bundestag als Gruppe agieren könne, hänge von den anderen Fraktionen ab – diese würden der Linken „nichts schenken“.
Die Abgeordnete betonte: „Wer sagt, lieber eine Gruppe, die zusammenhält als eine zerstrittene Fraktion, hat den Ernst der Lage nicht erkannt. Es ist dramatisch.“
„Gewaltige Niederlage“
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hatte die zum 6. Dezember beschlossene Auflösung der Bundestagsfraktion als „dramatisch“ bezeichnet. Bartsch sprach auf dem Bundesparteitag in Augsburg von einem „gewaltigen Einschnitt“ und einer „gewaltigen Niederlage“. Die Verantwortung trügen „die neun Abgeordneten, die in der zehnten eine politische Heilsbringerin sehen“, fügte er mit Blick auf Sahra Wagenknecht und deren Gefolgsleute hinzu, die im Oktober aus der Partei ausgetreten waren.
Bartsch sagte zugleich: „Es ist keine Spaltung, es ist eine marginale Abspaltung von Abgeordneten meist im Spätherbst ihrer Karriere.“ Er warf den Abtrünnigen vor, sie hätten nicht das „Rückgrat“ gehabt, auf Parteitagen für Mehrheiten zu kämpfen.
Aufruf zu Neuanfang
Ebenso wie zuvor die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan rief auch Bartsch die Linke zu einem Neuanfang auf. Die Botschaft des Augsburger Parteitags müsse „ganz klar sein, es ist endgültig Schluss mit der lähmenden Selbstbeschäftigung“. Niemand könne mehr die Verantwortung auf andere abschieben: „Die Zeit der Ausreden ist vorbei.“
Die Linke müsse sich mit Blick auf die vergangenen Landtagswahlen eingestehen, dass sie „nicht im Aufwind ist“, so Bartsch. Ein solcher werde erzeugt durch „Passgenauigkeit zwischen dem programmatischen Angebot und den Erwartungen der ganz normalen Menschen in diesem Land.“
Er sehe nicht, dass die Ampel-Koalition „nochmal die Kurve kriegt“, sagte der langjährige Fraktionsvorsitzende und fügte hinzu: „Wir haben in Deutschland ein Armuts-, ein Lohn- und ein Rentenproblem.“ Gebraucht würden höhere Steuern und Abgaben für Multimillionäre und Milliardäre. Die SPD sei „keine linke Partei“ mehr. Es würden Milliarden für Waffen ausgegeben, anstatt mehr Geld etwa in eine Kindergrundsicherung zu investieren. (dpa/afp/red)
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