Ipsos: 42 Prozent für AfD-Verbotsverfahren – bereits vor „Correctiv“-Artikel

Einer Umfrage des Ipsos Instituts zufolge befürworten 42 Prozent der befragten Bundesbürger ein Verbotsverfahren gegen die AfD. In Ostdeutschland sind 51 Prozent explizit dagegen. Die Umfrage fand vor Bekanntwerden des Artikels zum sogenannten „Geheimplan gegen Deutschland“ statt.
Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November an einem Treffen teilgenommen haben sollen. Auch der bekannteste Vertreter der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner, soll vor Ort dabei gewesen sein.
Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November an einem Treffen teilgenommen haben sollen. Auch der bekannteste Vertreter der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner, soll vor Ort dabei gewesen sein.Foto: Jens Kalaene/dpa
Von 12. Januar 2024

Verbotsverfahren gegen politische Parteien in Deutschland kennen hohe Hürden. Lediglich in zwei Fällen hatten sie bisher Erfolg. Vor dem Scheitern eines solchen Verfahrens gegen die laut Verfassungsschutz in Teilen rechtsextremistische AfD warnen Politiker wie CSU-Chef Markus Söder. Dennoch sprachen sich in einer jüngst durchgeführten Ipsos-Umfrage 42 Prozent der befragten Bundesbürger für ein solches Verfahren aus. Berichte über ein privates Treffen nahe Potsdam könnten die Debatte neu anheizen.

Drei Prozent der AfD-Anhänger würden Verbotsantrag gegen eigene Partei begrüßen

Am Donnerstag, 11. Januar, gab einem Bericht der „Welt“ zufolge das Institut Ipsos bekannt, dass die Bevölkerung bezüglich eines AfD-Verbotsverfahrens gespalten sei. Jeweils 42 Prozent der Befragten sprachen sich entweder für oder gegen einen solchen Schritt aus. Während in Westdeutschland eine relative Mehrheit von 45 zu 40 Prozent einen Verbotsantrag für wünschenswert hält, ist in Ostdeutschland eine absolute Mehrheit von 51 Prozent dagegen.

Am größten ist der Zuspruch für ein Verbotsverfahren gegen die Partei, der YouGov mit 24 Prozent bundesweit einen neuen Rekordwert bescheinigt, bei Anhängern der Grünen. Dort sprechen sich 71 Prozent für ein solches aus, nur 19 Prozent dagegen. In der SPD ist das Verhältnis 64 zu 26 und unter Anhängern der Linkspartei 63 zu 29.

In der Anhängerschaft der Union ist man zurückhaltender, allerdings sprechen sich auch dort 53 Prozent für ein AfD-Verbot aus. Explizit dagegen sind 38 Prozent. Demgegenüber sind nur 46 Prozent der FDP-Anhänger für einen solchen Antrag und 41 dagegen. Von den AfD-Anhängern selbst würden drei Prozent einen Verbotsantrag gegen die von ihnen präferierte Partei begrüßen. Sie erwarten sich offenbar Rückenwind durch ein mögliches Scheitern.

Privates Treffen vom vergangenen November wird zum Aufreger

Die Umfrage fand mit 2.000 Befragten in der Zeit vom 5. bis 7. Januar statt. Eine neue Dynamik in die Debatte um ein mögliches AfD-Verbotsverfahren könnte jedoch ein Bericht des sogenannten Faktenchecker-Kollektivs „Correctiv“ bieten. Dieser erschien am 10. Januar und betraf Teilnehmer und Inhalte eines Treffens, das bereits im November 2023 im Landhaus Adlon bei Potsdam stattgefunden habe.

An dieser privaten Zusammenkunft sollen mehrere Politiker der AfD teilgenommen haben – unter anderem der persönliche Referent von Parteisprecherin Alice Weidel, Roland Hartwig, und der Landtagsfraktionschef Ulrich Siegmund aus Sachsen-Anhalt. Neben weiteren Gästen, unter anderem zwei Mitgliedern der WerteUnion, soll auch der als Rechtsextremist eingestufte Publizist Martin Sellner anwesend gewesen sein.

Er habe dabei einen Vortrag zu seinem neuen Buch gehalten und den Anwesenden zum Teil verfassungsfeindliche Vorschläge zur Erzwingung einer „Remigration“ unterbreitet. Unter anderem hatte Sellner dem Bericht zufolge einen „Masterplan“ vorgestellt, der unter anderem den Staatsbürgerschaftsentzug für „nicht assimilierte Staatsbürger“ vorsehe. Auch solle er vorgeschlagen haben, massenhaft nicht seinem ethnischen Ideal genügende Menschen in einen „Musterstaat“ in Nordafrika auszusiedeln.

Düstere historische Assoziationen

„Correctiv“ und mehrere X-Nutzer fühlten sich an Ideen der Nationalsozialisten erinnert, Juden nach Madagaskar zu deportieren. Einige verglichen das Treffen sogar mit der Wannseekonferenz, auf der diese die systematische Vernichtung der Juden koordinierten.

Demgegenüber wollte „Cicero“ in dem Treffen lediglich eine „Buchvorstellung in privatem Rahmen“ erkennen. Dass Journalisten daraus „eine mit der AfD in Verbindung stehende Konferenz zur Planung der Vertreibung Millionen deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund“ machten, lasse sich „mit journalistischen Motiven allein nicht mehr erklären“.

Der frühere Kultus- und Finanzminister von Mecklenburg-Vorpommern, Mathias Brodkorb, nannte den „Wannsee-Scoop“ „ein beredtes Beispiel dafür […], wie sehr sich relevante Teile der Medien in den letzten zehn Jahren in ihre eigenen Narrative verstrickt haben“.

Anwesende AfD-Politiker bestreiten Darstellungen von Correctiv

Hartwig erklärte gegenüber „Cicero“, Sellner habe keine massenhafte Ausweisung deutscher Staatsbürger propagiert. Er fügte hinzu:

„Und falls er es getan hätte, hätte ich protestiert, weil es verfassungswidrig wäre.“

Sellner selbst bekannte sich am Abend der „Correctiv“-Veröffentlichung dazu, „nicht assimilierte Staatsbürger“ durch einen „erheblichen Anpassungsdruck“ dazu bewegen zu wollen, von selbst das Land zu verlassen. Er äußerte sich jedoch nicht darüber, ob er dies auch bei dem Treffen so geäußert habe.

Weidel-Referent Hartwig ist als Anhänger des „Überbevölkerungs“-Mythos bekannt. In der Sahel-Politik hatte er im Bundestag mit malthusianischen Argumenten gefordert, das „Bevölkerungswachstum“ in den Mittelpunkt von Verhandlungen mit den dortigen Ländern zu stellen. Das vom US-Außenministerium als „Völkermord“ bezeichnete Vorgehen der KP Chinas gegen die Uiguren soll er einem ARD-Bericht zufolge als „Ausbildung“ und „forcierte Integration in die chinesische Moderne“ dargestellt haben.

Siegmund bestreitet die ihm von „Correctiv“ in den Mund gelegten Aussagen. Er solle erklärt haben, das Straßenbild müsse sich ändern, ausländische Restaurants „unter Druck gesetzt“ werden. Es solle in Sachsen-Anhalt „für dieses Klientel möglichst unattraktiv sein zu leben“. Tatsächlich habe er gegen ausländische Gastronomen, die seit Jahrzehnten in Deutschland Steuern bezahlten, nichts einzuwenden, äußert der Politiker in einem YouTube-Video.

„Eher Geheimdienstaktion als journalistische Recherche“

Den Hinweis auf das konspirativ vorbereitete Treffen will „Correctiv“ unterdessen aus den Reihen der dazu Eingeladenen selbst erhalten haben. Anschließend hat man offenbar ein mehrköpfiges Team mit modernstem Equipment an den Ort des Geschehens geschickt, um dort unter anderem Gäste zu beobachten und versteckt zu filmen. Sogar eine hochmoderne Kameraausrüstung sei zur Verwendung gelangt, die Fotos von einem Boot in mehr als 100 Metern Entfernung erlaubte.

Ulrich Siegmund äußert in seiner Erklärung auf YouTube, das Vorgehen der Reporter erinnere ihn „weniger an eine journalistische Recherche als an eine Geheimdienstaktion“. Er sprach zudem von „unfassbaren Lügen-Märchen“, die „Correctiv“ in Umlauf gebracht habe.



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