Kampf um die SPD-Spitze ist auch ein Kampf um die GroKo

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Olaf Scholz am 9. Mai 2019 in Berlin.Foto: KAY NIETFELD/AFP/Getty Images
Epoch Times24. August 2019

Olaf Scholz gibt sich wie üblich gelassen. Die Zukunft der GroKo werde im Kandidatenwettstreit um den SPD-Vorsitz eine Rolle spielen, „aber nicht im Mittelpunkt stehen“, sagt er bei der Präsentation seiner gemeinsamen Bewerbung mit der Brandenburgerin Klara Geywitz. Wenn er sich da mal nicht täuscht. Mehrere Konkurrenten ziehen mit klaren Absagen gegen die Fortsetzung des Bündnisses in den Kampf – wohlwissend, wie sehr diese Frage die Basis bewegt.

Offiziell will die SPD zunächst eine Analyse der Regierung zur GroKo-Arbeit Mitte Oktober abwarten. Danach will der Vorstand eine politische Bewertung vornehmen und eine Empfehlung zu Verbleib oder Ausstieg aus dem Bündnis aussprechen. Eine Entscheidung soll der Parteitag Anfang Dezember treffen – der auf Grundlage der geplanten Mitgliederbefragung zugleich den oder die neuen Parteivorsitzenden absegnet.

Die GroKo-Kritiker unter den Bewerbern denken gar nicht daran, das Bündnis zu einem Randthema werden zu lassen. Kaum hatte der SPD-Vorstand den Fahrplan vorgelegt, verlangte das Kandidatenduo Karl Lauterbach und Nina Scheer eine Mitgliederbefragung zur Zukunft von Schwarz-Rot. Ihre eigene Haltung ist eindeutig:

Wir empfehlen, dass die SPD die große Koalition verlassen soll, da es weder genug Rückhalt in der eigenen Mitgliedschaft, noch in der Bevölkerung gibt.“

Auch die Parteilinken Hilde Mattheis und Dierk Hirschel sind gegen die große Koalition. Das Oberbürgermeister-Duo Simone Lange und Alexander Ahrens fordert ebenfalls: „Raus aus der GroKo“. Gesine Schwan und Ralf Stegner sind skeptisch, wollen den Ausstieg jedoch davon abhängig machen, was sich mit der Union noch umsetzen lässt.

„Jeder“ wisse, dass die Neubesetzung der Parteispitze nicht über die Zukunft der GroKo entscheide, beharrt Scholz. Das stimmt jedoch nur formal. Was ist, wenn sich während der 23 Regionalkonferenzen die GroKo-Gegner als Favoriten unter den Mitgliedern herauskristallisieren? Kann der Parteivorstand davon unbeeindruckt eine Empfehlung abgeben? Und ist umgekehrt eine Präferenz für den Ausstieg denkbar, wenn der GroKo-Befürworter Scholz mit Geywitz vorne liegt?

Druck im Osten sorgen

In Sachsen und Brandenburg wird nächsten Sonntag gewählt, zugleich endet die Bewerbungsfrist für den SPD-Vorsitz. Am 27. Oktober ist dann Thüringen an der Reihe – einen Tag nach Bekanntgabe des Ergebnisses der SPD-Mitgliederbefragung. Danach folgt aller Voraussicht nach eine Stichwahl.

In Thüringen und Sachsen liegen die Sozialdemokraten in Umfragen unter zehn Prozent. In Brandenburg kamen sie zuletzt auf mehr als 20 Prozent, doch ob SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke weiterregieren kann, ist ungewiss. Stellt eine andere Partei den Regierungschef, wäre dies das erste Mal seit der Wende.

Enttäuschende Ergebnisse bei den Landtagswahlen dürften bei weiteren Sozialdemokraten die Überzeugung schüren, dass die Partei ihr Heil im Verlassen der GroKo suchen muss. Entsprechend kämen die Kandidaten noch stärker unter Druck, sich in der Frage zu positionieren – zumal dies ein leichter zu kommunizierendes Unterscheidungsmerkmal ist als etwa verschiedene Ansätze zur Reform der Parteistrukturen.

Und so entscheiden die SPD-Mitglieder am Ende womöglich nicht nur darüber, wer künftig an der Spitze ihrer Partei steht – sie könnten dem Land auch Neuwahlen bescheren. (afp)



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