Korruptionsindex 2023: Wo Deutschland jetzt steht

Die NGO Transparency International (TI) hat ihren „Korruptionswahrnehmungsindex“ (CPI) für 2023 vorgelegt. Deutschland trete auf der Stelle, die Türkei und Ungarn seien im Unterschied zur Ukraine korrupter geworden. Kritiker zweifeln die Unvoreingenommenheit der NGO an.
Aus Sicht Transparency International kommt Deutschland bei der Bekämpfung von Korruption kaum voran.
Aus Sicht von Transparency International kommt Deutschland bei der Bekämpfung von Korruption kaum voran.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 31. Januar 2024

Am Dienstag, 30.1., veröffentlichte die Organisation Transparency International (TI) ihren „Korruptionswahrnehmungsindex 2023“. Deutschland liege diesbezüglich immer noch unter den zehn Ländern mit der geringsten Korruption. Dennoch trete die Korruptionsbekämpfung auf der Stelle. Die Anzahl von 78 von 100 möglichen Punkten sei die gleiche wie vor zehn Jahren.

Einschätzungen von „Experten und Führungskräften“

Das internationale Ranking beruht den Angaben der NGO zufolge auf „Einschätzungen von Führungskräften, Experten und Institutionen“. Diesen zufolge gehöre Deutschland nach wie vor zu den „robustesten Ländern im Kampf gegen Korruption“. Der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) sei demnach mit 78 Punkten deutlich höher als der internationale Schnitt von 43.

Während diese in vielen Staaten „systemisch“ sei, sei Deutschland „eine gefestigte Demokratie, in der Korruption prinzipiell geächtet ist“. Zudem gehe ein funktionierender Rechtsstaat „bei Korruptionsverdacht auch gegen hochrangige Personen“ vor.

Die stellvertretende Vorsitzende von TI Deutschland, Margarete Bause, sieht „einige offene Flanken“. Dazu gehörten „Skandale wie Cum-Ex und die Maskenaffäre“. Die Ampel habe zudem einige Vorhaben noch nicht umgesetzt, die sie im Koalitionsvertrag festgeschrieben habe. Zudem seien auch die Bundesländer gefragt, wenn es um die Ausstattung der Strafverfolgungsbehörden und Justiz gegen Korruption gehe.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sitzt auf seinem Platz auf der Senatsbank vor Beginn einer Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses «Cum-Ex».

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sitzt auf seinem Platz auf der Senatsbank vor Beginn einer Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Cum-Ex“. Foto: Christian Charisius/dpa

Optimierungsbedarf in der deutschen Gesetzgebung

TI forderte die Ampel hauptsächlich zur Verschärfung des Gesetzes gegen Abgeordnetenbestechung auf. Zudem habe man zwar das Lobbyregister reformiert. Der „Lobbyfußabdruck“ sei jedoch nach wie vor nicht erkennbar. Dieser solle aufzeigen, welche Wirkung die Arbeit von Lobbyisten auf Gesetze und Rechtsverordnungen habe:

„Im Fußabdruck steht, wie und an welcher Stelle Lobbyisten sich eingebracht haben und wie ihre Forderungen berücksichtigt wurden.“

Transparency International fordert auch die Verabschiedung des angekündigten „Bundestransparenzgesetzes“. Dieses sei eine „große Chance für einen Kulturwandel in der Verwaltung, hin zu mehr Transparenz, Partizipation und Digitalisierung“. Es gehe um ein grundsätzlich offenes Format von Daten.

Beim Gesetz zum Schutz von sogenannten Whistleblowern sei bislang „der große Bereich der nationalen Sicherheit fast komplett ausgeklammert“. Auch gebe es noch keinen Entwurf für das „dringend benötigte Unternehmensstrafrecht“, so der Bericht von TI.

Transparency International sieht Türkei und Ungarn als Verlierer im Ranking

Der CPI von TI bewertet die in Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption. Dazu fasst er eigenen Angaben zufolge „13 Einzelindizes von zwölf unabhängigen Institutionen“ zusammen. Er beruhe zudem auf „Daten aus Einschätzungen von Experten und Befragungen von Führungskräften“. Thema sei die Korruption im öffentlichen Sektor. Er erfasse keine Aktivitäten wie Steuerbetrug, Geldwäsche, illegale Finanzströme oder andere Formen der Korruption im privaten Sektor.

Generell konstatiert Transparency International einen „weltweiten Trend zur Schwächung der Rechtsstaatlichkeit“, der sich seit 2016 im World Justice Project Rule of Law Index abbilde. Es gebe eine „starke Korrelation“, wonach „Länder mit schwachen rechtsstaatlichen Strukturen“ ein hohes Korruptionsniveau aufwiesen.

Mit 90 Punkten sieht TI im CPI 2023 Dänemark an der Spitze, gefolgt von Finnland, Neuseeland und Norwegen. Die letzten Plätze belegten weiterhin Südsudan, Syrien, Venezuela und Somalia. Zu den größten Gewinnern zählt TI allerdings auch Estland und die Ukraine. Zwar weise Letztgenannte immer noch ein „vergleichsweise hohes Korruptionsniveau“ auf. Das kriegsgeschüttelte Land habe jedoch um zehn Punkte auf 36 zugelegt und sei nun auf Rang 104.

Zu den größten Absteigern gegenüber 2012 gehörten demgegenüber die Türkei (minus 15, 34 Punkte, Rang 115) und Ungarn (minus 13, 42 Punkte, Rang 76). Russland, wo TI als „unerwünschte Organisation“ eingestuft ist, komme mit 26 Punkten und Rang 141 auf den niedrigsten CPI-Wert seit 2012.

Nicht einmal „Correctiv“ ist von Transparenz von TI in eigener Sache überzeugt

Kritiker werfen die Frage auf, ob die Quellen und Experten, die Transparency International heranzieht, um die Korruptionswahrnehmung zu untersuchen, tatsächlich ausgewogen und objektiv sind. Dass beispielsweise der Ukraine eine so klar bessere Entwicklung in Sachen Korruption attestiert wird als Ungarn oder der Türkei, ist für den einen oder anderen überraschend.

In diesem Kontext ist TI in der Vergangenheit von unterschiedlicher Seite zum Vorwurf gemacht worden, es an Transparenz fehlen zu lassen oder politische Voreingenommenheit in die Beurteilung einfließen zu lassen. „Correctiv“ äußerte 2015, TI lasse Sponsorengelder in Büchern außen vor oder weise „indirekte Kosten“ nicht aus. Zu den Förderern gehörten unter anderem auch staatsnahe Einrichtungen oder Rüstungskonzerne.

Medien wie der „Guardian“, Wissenschaftler wie der Politologe Matthias Agerberg und auch Magazine wie „Foreign Policy“ stellen ebenfalls die Beurteilungsmaßstäbe von TI infrage. Die Vorwürfe reichen von politisch motivierten Fehleinschätzungen und zu großer Rücksichtnahme auf soziale Erwünschtheit der Ergebnisse bis hin zu einer elitären Perspektive.

Der CPI von Transparency International sei demnach „nicht valide“ und „zu sehr abhängig von der Wahrnehmung einzelner Angehöriger der Oberschicht der befragten Länder“. Die Liste der Einrichtungen, die zur Erstellung des Index beigetragen haben, umfasst unter anderem Institutionen wie die Bertelsmann Stiftung, Freedom House und das Weltwirtschaftsforum (WEF).

Klammert Transparency International unangenehme Themen aus?

Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass mehrere Themen, die in nicht unerheblichen Teilen der Bevölkerung als relevant im Kontext möglicher Korruption angesehen werden, nicht immer in die TI-Bewertungen einfließen. Dazu gehört etwa die Förderung sogenannter Nichtregierungsorganisationen durch den Staat. Auch mögliche Interessenkonflikte im Bereich staatlich finanzierter Forschung erregen zumindest in Deutschland nicht das Interesse von TI.

So treten insbesondere regelmäßig Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) mit alarmistischen Klimaprognosen in Erscheinung. Diese steigern in aller Regel die Motivation aufseiten der Politik, weitreichende und invasive Klimaschutzmaßnahmen voranzutreiben, die Belastungen oder Einschränkungen für die breite Bevölkerung nach sich ziehen. Dass die Grundfinanzierung dieser Einrichtung zu je 50 Prozent durch Bund und Länder erfolgt, erweckt den Eindruck einer möglichen Win-win-Situation auf Kosten Dritter.

Ein Feld zur Solarenergieerzeugung in Deutschland. Foto: iStock

Politische Einflussnahme auf Berichterstattung der „Tagesschau“ kein Thema

Wenig Interesse scheint Transparency International auch den hohen Gehältern im öffentlich-rechtlichen Rundfunk – oder dem Einfluss von Parteien in Rundfunkräten beizumessen. Erst jüngst hatte sich Grünen-Rundfunkrätin Jessica Kordouni damit gebrüstet, ein „sehr konstruktives Gespräch im Ausschuss mit dem Chef der ‚Tagesschau‘“ geführt zu haben.

Dieses habe zur „Aufarbeitung“ einer „Fehleinschätzung“ vonseiten der Redaktion geführt. Diese habe aus ihrer Sicht nicht die richtige Gewichtung bei der Berichterstattung über die Bauernproteste vorgenommen. Nach Kordounis Ansicht habe man Themen wie die Anti-AfD-Proteste vernachlässigt. Mittlerweile hat die Redaktion den Wünschen der Politikerin nachgegeben.



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