Lauterbach: „Außer in der Schweiz wird in Europa in den Praxen nirgendwo so gut verdient wie in Deutschland“

Der Streit um die Ärztehonorare wird auch im neuen Jahr voraussichtlich nicht abreißen. Eine Äußerung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach könnte die Debatte sogar noch anheizen.
Menschen könnten gerettet werden, wenn es einen Hitzeschutzplan etwa nach Vorbild Frankreichs gäbe, sagt Gesundheitsminister Karl Lauterbach.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach.Foto: Bernd Wüstneck/dpa
Von 30. Dezember 2023

Nach den Ärztestreiks vom 27. bis 29. Dezember macht der Virchowbund weiter Druck auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und droht bereits jetzt mit längeren Schließzeiten, falls sich beim Krisengipfel am 9. Januar keine Bewegung abzeichnet. Ab 2. Januar seien die Arztpraxen jedoch zunächst wieder geöffnet.

Bislang hatte der Minister kein Verständnis für die von Ärzten geforderten höheren Honorare, sondern wies diese als „nicht begründet“ zurück. Gerade viele Facharztgruppen würden im internationalen Vergleich „ausgezeichnet“ verdienen.

Außer in der Schweiz wird natürlich in Europa in den Praxen nirgendwo so gut verdient wie in Deutschland“, äußerte Lauterbach.

Wo verdient man als Arzt am meisten?

Schaut man auf einen Ländervergleich, ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Wie die Website www.praktischerarzt.de unter Verweis auf Zahlen des Deutschen Krankenhausinstituts und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG (letzte Aktualisierung August 2023) schildert, bewegt sich die Obergrenze der Durchschnittsgehälter deutscher Ärzte für Einsteiger mit jährlich 46.600 bis 57.800 Euro (etwa 3.900 bis 4.800 Euro) eher im Mittelfeld.

Vor allem in Dänemark schlägt sich die Wertschätzung für Ärzte in der Bezahlung nieder. Hier liegt das jährliche Durchschnittsgehalt für Einsteiger bei 71.500 bis 103.400 Euro (etwa 6.000 bis 8.600 Euro monatlich), in der Schweiz bei 69.500 bis 87.100 Euro (etwa 5.800 bis 7.300 Euro).

Auch in leitender Funktion haben die deutschen Kollegen das Nachsehen. Ihr oberes Jahresdurchschnittsgehalt liegt mit etwa 123.400 Euro nur an letzter Stelle. Am meisten verdienen Ärzte in den USA (450.000 Euro Jahr), gefolgt von Australien (400.000 Euro), an dritter Stelle wiederum Dänemark (224.100 Euro).

Internationaler Vergleich der Ärztehonorare. Bild: Grafik Screenshot praktischerarzt.de/Quellen: KPMG, Deutsche Krankenhausgesellschaft

Hausärzte kriechen „auf dem Zahnfleisch“

Aber bei den Ärztestreiks geht es nicht nur um mehr Lohn. Bereits am 13. Dezember hatten Hausärzte eine Resolution verabschiedet. Die Situation in den hausärztlichen Praxen sei so angespannt wie seit sehr langer Zeit nicht mehr. Mittlerweile würden in der ambulanten Versorgung bald 5.000 praktizierende Hausärzte und etwa 11.000 Medizinische Fachangestellte fehlen.

Die Hausärzte kriechen „auf dem Zahnfleisch“, erklärte der Vorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands, Markus Beier, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Dabei habe die Grippesaison noch gar nicht angefangen.

Angesichts der starken Belastungen bedürfe es dringend einem Abbau von Bürokratie. Denn diese verlängere die Wartezeiten, während für die Behandlung von Patienten kaum noch Zeit bleibe.

„Eine mangelhafte Digitalisierung und die überbordende Bürokratie zehren immer stärker an den bereits stark limitierten zeitlichen Ressourcen in den Praxen“, heißt es in der Resolution.

Keine Tarifverhandlung bei Gipfeltreffen am 9. Januar

Ob der am 9. Januar anstehende die Gipfel die erhoffte Entspannung in der Diskussion um bessere Rahmenbedingungen für die Ärzte bringt, bleibt abzuwarten. Seit Monaten werde an einem Gesetz zur Entbudgetierung für Hausärzte, dem Bürokratieabbau und Arzneimittelregress gearbeitet, erklärte Lauterbach gegenüber dem „ZDF“. Seit sehr vielen Jahren hätten sich Probleme angehäuft.

Da hat es einen Reformstau gegeben, wie auch in vielen anderen Bereichen unseres Gesundheitssystems“, so Lauterbach – und das werde dann angegangen.

Das sei aber nicht mit einer Tarifverhandlung vergleichbar. Im Großen und Ganzen gehe es um bessere Arbeitsbedingungen für die Arztpraxen.

„Einfach mehr Geld in ein System zu schütten wie in der Vergangenheit – was nicht wirklich gut funktioniert –, diese Lösung haben wir einfach zu oft praktiziert. Die wird nicht im Vordergrund stehen“, macht Lauterbach klar.

Laut Virchowbund werden die Arztpraxen ab dem 2. Januar wie geplant wieder für Patienten öffnen. Wie es danach weitergeht, hängt von dem Krisengipfel ab.



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