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Seehofers AfD-Kritik als "staatszersetzend" wird vor Bundesverfassungsgericht verhandelt

Am Dienstag prüft das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe, ob Seehofer mit seinen Äußerungen zur AfD seine Neutralitätspflicht als Bundesminister verletzte.

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Horst Seehofer.

Foto: Michele Tantussi/Getty Images

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Lesedauer: 4 Min.

Als „staatszersetzend“ bezeichnete Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im September 2018 in einem Interview das Verhalten der AfD-Bundestagsfraktion. Knapp eineinhalb Jahre später beschäftigt diese Äußerung das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Am Dienstag prüft das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe, ob Seehofer damit seine Neutralitätspflicht als Bundesminister verletzte. Der Fall hat aber auch grundsätzliche Bedeutung dafür, wie weit Regierungsmitglieder im politischen Meinungskampf gehen können.
Das umstrittene Interview veröffentlichte das Bundesinnenministerium im Spätsommer 2018 auf seiner Website. Darin sagte Seehofer über die AfD-Fraktion unter anderem: „Die stellen sich gegen den Staat. Da können sie tausend Mal sagen, sie sind Demokraten.“ Das sei bei einem „Frontalangriff auf den Bundespräsidenten“ im Bundestag mitzuerleben gewesen.
„Das ist für unseren Staat hochgefährlich“, sagte Seehofer. „Ich kann mich nicht im Bundestag hinstellen und wie auf dem Jahrmarkt den Bundespräsidenten abkanzeln. Das ist staatszersetzend.“ Kurz nach der Veröffentlichung nahm das Ministerium das Interview wieder von der Seite.
Die AfD wirft dem Minister laut Bundesverfassungsgericht vor, mit der Veröffentlichung dieses Interviews auf der Ministeriumsseite die Neutralitätspflicht im politischen Meinungskampf und das Recht der Partei auf Chancengleichheit verletzt zu haben. Seehofer habe dadurch „in unzulässiger Weise staatliche Ressourcen zur Verbreitung einer parteipolitischen Aussage“ genutzt.

Seehofer wehrt sich formal und inhaltlich gegen die Vorwürfe

Er verweist nach Angaben des Gerichts zunächst darauf, dass sich die Äußerung auf die AfD-Bundestagsfraktion beziehe. Die Partei sei schon aus diesem Grund nicht in ihren Rechten verletzt. Er habe das Verhalten der AfD-Fraktion gegenüber Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisiert.
Der Minister sieht aber auch unabhängig davon keinen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht. Er führt nach Angaben des Verfassungsgerichts dazu an, dass das Interview und die Veröffentlichung auf der Ministeriumsseite „in keinem Zusammenhang mit einem konkreten Wahlkampf“ gestanden hätten. Es liege jedenfalls eine „legitime Verteidigung des Bundespräsidenten“ vor.
Mit einem Eilantrag gegen die Äußerung scheiterte die AfD im November 2018 bereits vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Verfassungsrichter begründeten die Ablehnung des Antrags allerdings unter anderem damit, dass das Interview von der Internetseite genommen worden sei und deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe.
Die Frage, wie weit Regierungsmitglieder die AfD attackieren können, beschäftigt das Bundesverfassungsgericht nicht zum ersten Mal. Im Februar 2018 entschieden die Verfassungsrichter im Streit um eine Pressemitteilung der früheren Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU), dass die Ministerin das Recht der AfD auf Chancengleichheit verletzt habe.
Wanka hatte die Partei im November 2015 wegen einer geplanten Demonstration unter dem Motto „Rote Karte für Merkel! – Asyl braucht Grenzen“ attackiert.
Wanka stellte dazu eine Presseerklärung auf die Ministeriumsseite, in der es hieß: „Die Rote Karte sollte der AfD und nicht der Bundeskanzlerin gezeigt werden. Björn Höcke und andere Sprecher der Partei leisten der Radikalisierung in der Gesellschaft Vorschub. Rechtsextreme, die offen Volksverhetzung betreiben wie der Pegida-Chef Bachmann, erhalten damit unerträgliche Unterstützung.“
Die Verfassungsrichter entschieden damals, dass eine solche negative Bewertung „abschreckende Wirkung“ entfalten könne und damit unzulässig in das Recht der betroffenen Partei auf Chancengleichheit eingreife. Dies gelte auch außerhalb von Wahlkampfzeiten.
In der kommenden Woche geht es nun in einer der seltenen mündlichen Verhandlungen vor dem höchsten deutschen Gericht in Karlsruhe erneut um die „Äußerungsbefugnisse von Regierungsmitgliedern“. Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet. (afp)

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