Straßenblockade eskaliert: Gericht verhängt Fahrverbot und Geldstrafe gegen Lkw-Fahrer

Zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro und vier Monaten Fahrverbot verurteilte das Amtsgericht Stralsund einen 41-jährigen Lkw-Fahrer. Dieser hatte sich brachial gegen Klimakleber zur Wehr gesetzt und einen von ihnen angefahren.
Titelbild
Tumultartige Szenen mit LKW bei Klimakleber-Demo in Stralsund. Quelle: Screenshot ndr.de
Von 29. November 2023

Eine Geldstrafe von 1.800 Euro soll ein 41-jähriger Lkw-Fahrer bezahlen, weil er sich der versuchten Nötigung gegen sogenannte Klimakleber der „Letzten Generation“ schuldig gemacht habe. Außerdem verhängte die Richterin am Amtsgericht ein Fahrverbot in der Dauer von vier Monaten. Das Urteil, das am Dienstag, 28. November, erging, ist noch nicht rechtskräftig.

Im Vorfeld hatte der Lkw-Fahrer Widerspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt. Dieser hatte eine Geldstrafe von 5.400 € und ein Jahr Führerscheinentzug vorgesehen. Der Anklage, die auf vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, versuchte Nötigung und versuchte gefährliche Körperverletzung lautete, liegt ein Vorfall vom 12. Juli zugrunde.

Lkw-Fahrer wollte Klimaklebern erst ausweichen

Dieser wurde sogar auf Video aufgezeichnet und ging durch die sozialen Medien. Wie „t-online“ berichtete, war dieses auch Gegenstand der mündlichen Hauptverhandlung. Die sogenannten Klimaaktivisten blockierten den Lkw des Fernfahrers, der einer im Gange befindlichen Klebeaktion über die Busspur ausweichen wollte.

Der Fahrer stieg daraufhin aus, zerrte Klimakleber von der Straße, bedrohte eine von ihnen, setzte sich wieder in den Wagen und fuhr los. Er war unter Zeitdruck, Narkosemittel für noch am selben Tag anstehende Operationen ausliefern zu müssen. Ärzte hätten bereits angerufen, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.

Der 41-Jährige fuhr los, wobei einer der sogenannten Aktivisten sich in der Zwischenzeit offenbar wieder vor den Lkw platziert hatte. Diesen schob er kurze Zeit vor sich her. Damit soll er der Staatsanwaltschaft zufolge den Tatbestand der versuchten gefährlichen Körperverletzung verwirklicht haben.

Klassenkampf von oben?

Die zuständige Richterin am Amtsgericht Stralsund sah dies anders. Im Zweifel sprach sie den 41-Jährigen von diesem Tatvorwurf und jenem des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr frei. Es sei nicht erwiesen, dass der Lkw-Fahrer den Klimakleber mit Vorsatz angefahren habe. Es könne nämlich nicht geklärt werden, ob der Fahrer diesen in seinem Anfahrspiegel sehen konnte – oder überhaupt in diesen geblickt habe.

Die meisten Juristen sind sich einig darüber, dass die Blockadeaktionen der „Letzten Generation“ selbst den Tatbestand der Nötigung erfüllen. Diese betonen selbst wiederholt, in einer von ihnen angenommenen Situation eines übergesetzlichen Notstands zu handeln, der sie dazu ermächtige, sich über das Gesetz zu stellen.

Man müsse, so deren Credo, „den Alltag der Menschen unterbrechen, weil dieser die Katastrophe herbeiführt“. In zahlreichen Fällen verhängten Gerichte Geldstrafen gegen Klimakleber. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass diese einen geringen Effekt hätten, weil die „Letzte Generation“ auf reiche Spender zählen könne. Deren Zuwendungen würden die Bezahlung der Geldstrafen gewährleisten.

Gegner der Klimakleber spendeten fünfstellige Summe an den Lkw-Fahrer

Allerdings scheint sich dies zu einigen Gerichten durchgesprochen zu haben. So verurteilte das Amtsgericht Berlin-Tiergarten eine Angehörige der „Letzten Generation“ im September zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Die 41-Jährige hatte zuvor Einspruch gegen mehrere Geldstrafen eingelegt. Das Gericht verhängte stattdessen Freiheitsentzug. Wegen einer „ungünstigen Sozialprognose“ sah es für eine Bewährung keinen Spielraum.

Im Fall des 41-jährigen Lkw-Fahrers von Stralsund haben die Berichte über dessen Strafbefehl, Führerscheinentzug und Entlassung eine Welle der Solidarität aufseiten der Gegner der Klimakleber ausgelöst.

Gegenüber „t-online“ erklärte er, bei ihm sei eine „gute fünfstellige Summe“ zur Bestreitung des Lebensunterhalts eingegangen. Außerdem gebe es mehrere Job-Angebote anderer Speditionsunternehmen. Annehmen könne er aber erst eines, wenn er wieder im Besitz seines Führerscheins sei.

Da das Gericht dessen Dauer auf vier Monate reduziert hat, könnte dies im Fall der Rechtskraft des Urteils schon bald der Fall sein. Allerdings hat der Anwalt des Lkw-Fahrers bereits Berufung gegen das Urteil angekündigt.

Notwehrrecht reicht weit – aber hat in Fällen dieser Art seine Tücken

Inwieweit Verkehrsteilnehmer gegen die Nötigung vonseiten der Klimakleber Notwehr üben dürfen, ist umstritten und hängt im Kern von der Situation im Einzelfall ab. Grundsätzlich gilt in Deutschland, dass das Recht dem Unrecht nicht weichen müsse. Es müsse jeweils auch eine Abwägung der Grundrechte der Verkehrsteilnehmer auf Fortbewegungsfreiheit und jener der „Letzten Generation“ auf Versammlungsfreiheit stattfinden.

Das Bundesverfassungsgericht hatte dabei in einigen Fällen gegen die Versammlungsfreiheit geurteilt. Diese erfahre insbesondere dann eine Grenze, wenn Behinderungen Dritter gerade gezielt herbeigeführt werden, um öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen.

Vor allem im Fall nicht angekündigter Störungen des Straßenverkehrs und wenn sich noch keine Polizei vor Ort befindet, dürfen sich Verkehrsteilnehmer gegen die Störer zur Wehr setzen. Dabei haben diese sich nach Überzeugung von Juristen jedoch auf die erforderlichen und angemessenen Mittel zu beschränken. Außerdem erlischt das Notwehrrecht etwa dann, wenn die Störung umfahren werden kann.

Einige Juristen gehen auch davon aus, dass das Herbeirufen der Polizei zur Auflösung der nicht genehmigten Versammlung als kleinstes Mittel der Notwehr ausreichend sei.

 

 

 

 



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