Bauernproteste 07.01.: Erste Trecker in Berlin angekommen – bisher 293 Aktionen für 8. Januar angesagt

Morgen beginnt die Aktionswoche der Bauern, mit der sie ihren Frust über die Regierungspolitik auf die Straße tragen. Der Spediteursverband BGL, Fischer, Jäger und andere Berufsgruppen zeigen sich solidarisch. Ebenso wie die Bundesbürger.
An der Bundesstraße 303 in Burgpeppach sowie rund 14 weiteren Orten in Franken demonstrieren Landwirte gegen geplante Kürzungen der Agrardiesel-Subventionen.
Ein Mahnfeuer am 5. Januar 2024: An der Bundesstraße 303 in Burgpeppach sowie an rund 14 weiteren Orten in Franken demonstrierten Landwirte gegen geplante Kürzungen der Agrardieselsubventionen.Foto: Pia Bayer/dpa
Epoch Times7. Januar 2024

Die Landwirte in Deutschland werden ab Montag bundesweit ihren Frust über die Regierungspolitik vor allem mit Verkehrsstörungen spürbar machen. Pendler müssen sich regional auf Beeinträchtigungen im Straßenverkehr einstellen.

19:48 Uhr: Erste Trecker in Berlin angekommen

Traktorenkolonnen aus verschiedenen Regionen sind auf dem Weg nach Berlin. Erste Landwirte kamen am frühen Sonntagabend am Brandenburger Tor an. Die Polizei begleitete 48 Traktoren über die Siegessäule zum Brandenburger Tor. Dort soll um 23 Uhr eine Mahnwache stattfinden.

Erste Videos in den sozialen Medien zeigen die Landwirte unterwegs:

Auch Trucker aus Polen und Bauern in den Niederlanden sind nach Deutschland unterwegs:

17:42 Uhr: Bundestagsfraktionen fordern friedliche Proteste

Vor der Aktionswoche gegen Agrarsubventionskürzungen wächst die Sorge, dass die Proteste mancherorts eskalieren könnten. Sämtliche Fraktionen im Bundestag fordern die Bauern auf, friedlich zu demonstrieren.

„Unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit dürfen keine Straftaten begangen oder Menschen bedroht werden“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle der „Welt“. Er merkte aber auch selbstkritisch an: „Die Sparpläne der Ampel-Regierung haben bei vielen Menschen das Vertrauen zerstört, dass der Politik an einem wertschätzenden Umgang mit der Produktion von Nahrungsmitteln in Deutschland gelegen ist.“

Die Grünen sehen den Bauernverband und örtliche Organisatoren von Protestaktionen in der Pflicht, einen geordneten Ablauf zu garantieren: „Sie müssen für Deeskalation, friedlichen Protest und die Sicherheit aller, die sich der demokratischen Debatte stellen, sorgen“, forderte die Co-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann.

Nach Ansicht von Katja Mast, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, trägt aber auch die aggressive Rhetorik der Opposition maßgeblich zur Aufheizung der Stimmung bei: „Das führt zu einer Verrohung der politischen Auseinandersetzung, die Eskalationen das Feld bereitet.“

Die Unionsfraktion und die AfD weisen die Verantwortung zurück: „Die Demonstrationen sind eine verständliche Reaktion auf absolut unverhältnismäßige Entscheidungen der Ampel“, sagte Steffen Bilger (CDU), stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion. „Jetzt rächt sich, dass die aktuelle Bundesregierung durchgehend den nötigen Respekt für die Leistung der Landwirte vermissen lässt.“

Für die AfD sagte die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel: „Der große Unmut von Bauern, Spediteuren und sehr vielen weiteren Bürgern ist mehr als verständlich. Die Regierung treibt mit ihrer Ideologiepolitik immer mehr Branchen an die Belastungsgrenze und darüber hinaus.“

15:02 Uhr: Aiwanger sieht Verunglimpfung von links

Der Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, sieht in der vielfach geäußerten Befürchtung einer Unterwanderung der Bauernproteste durch Extremisten eine gezielte Verunglimpfung „von linker Seite“. Die „überwältigende Mehrheit der Landwirte“ habe mit Extremismus nichts zu tun, sagte der stellvertretende bayerische Ministerpräsident der „Welt“.

„Es ist politisch äußerst unanständig, damit die berechtigten Bauernproteste in Misskredit bringen zu wollen, um die Bauern zu verunsichern“, fügte Aiwanger hinzu.

Dieser Versuch werde derzeit „von linker Seite gezielt gesteuert, um von der verfehlten eigentumsfeindlichen Politik abzulenken“.

Aiwanger sagte auch: „Proteste müssen auf alle Fälle gewaltfrei und gesetzeskonform bleiben und natürlich gibt es überall dubiose Trittbrettfahrer, die politisch aus Stimmungen Honig saugen wollen.“

Vergleiche zwischen dem Vorgehen von Klima-Aktivisten und den Protesten der Landwirte hält Aiwanger für nicht angebracht: „Das sind zwei völlig unterschiedliche Anliegen: Die Landwirte ernähren uns, die Klimakleber ärgern die Bevölkerung. Die Landwirte protestieren nicht, um unseren Wohlstand infrage zu stellen und die Industrie abzuschaffen, anders als die ‚Letzte Generation‘.“

Man müsse die Aktionen der Landwirte eher mit Streiks in der Industrie und dem öffentlichen Dienst vergleichen.

Zu den Protesten, an denen sich auch andere Berufsgruppen wie Logistiker und Spediteure beteiligen wollen, sagte Aiwanger: „Wir erleben hier Notwehr gegen eine verfehlte Politik der Ampel. Die bürgerliche Mitte, Freiberufler, Selbstständige, Handwerker, Landwirte, Gastwirte, Unternehmer, Spediteure, Hausbesitzer – diese Gruppen sind Stabilitätsanker unserer Wirtschaft, werden durch die Ampelpolitik aber finanziell getroffen. Es ist höchste Zeit, dass sich diese Leistungsträger zu Wort melden und der Ampel sagen: Ihr müsst umsteuern.“

14:10 Uhr: Berlin heute ab 17 Uhr

In Berlin ist bereits am Sonntagabend die Straße des 17. Juni gesperrt, teilte die Verkehrsinformationszentrale (VIZ) Berlin mit. Die Sperrung ist von Sonntag, 17 Uhr, bis Montag, 22 Uhr, angesetzt. Auch die Yitzhak-Rabin-Straße bleibt im gleichen Zeitraum zu.

14:03 Uhr: Blockaden der Autobahnauffahrten erlaubt

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass die Bauern landesweit Autobahnauffahrten blockieren dürfen, das berichtete die „Bild“.

25 Auffahrten will der Bauernverband blockieren, die Polizei wollte nur eine Genehmigung erteilen, wenn diese alle 30 Minuten geöffnet werden. Dagegen klagten die Landwirte und erhielten Recht. Eine Beschwerde der Polizei wurde in einer Eilentscheidung abgewiesen.

Landesbauernpräsident Henri Wendorff sagte der „Bild“ dazu: „Laut Gericht wäre die Gefährdung durch ständige Öffnungen und Schließungen der Blockaden größer als durch eine dauerhafte Sperrung. Das Auf und Zu würde zu Rückstaus und Chaos führen.“

Eine Rettungsgasse müssen die Bauern offenhalten, ebenso dürfen Autobahnabfahrten nicht blockiert werden.

12:10 Uhr: Aktionswoche mit Höhepunkt am 15. Januar in Berlin

Bei der Aktionswoche gegen geplante Subventionskürzungen stehen vor allem Blockaden von Autobahnauffahrten, Sternfahrten in größere Städte und langsam fahrende Kolonnen auf dem Programm, wie die Landesbauernverbände mitteilten.

Die tatsächlichen Auswirkungen dürften dabei regional sehr unterschiedlich ausfallen. Der Bauernverband wird bei der Aktionswoche vom Spediteursverband BGL unterstützt.

  • Rheinland-Pfalz könnte einer der Schwerpunkte werden. Der Bauern- und Winzerverband will am Montag in allen 14 Kreisen Demonstrationen und Kundgebungen durchführen. Der Verband rechnet mit mehr als 10.000 Teilnehmern.
  • Brandenburg rechnet mit 100 Veranstaltungen und Autobahnblockaden.
  • In Erfurt werden 900 Traktoren zu einem zentralen Protest der Thüringer Landwirte erwartet.
  • Die Stadt Hamburg warnte vorab vor einem Verkehrschaos, weil aus mehreren Richtungen Bauern aus Schleswig-Holstein zu einer Kundgebung in die Stadt fahren wollen.
  • Die niedersächsischen Landwirte wollen sich in einer Sternfahrt auf den Weg nach Bremen machen. Erwartet werden bis zu 2.000 Landwirte allein in Bremen.
  • In Berlin ist wegen einer angemeldeten Demonstration den ganzen Tag über die Straße zwischen Großem Stern und Brandenburger Tor gesperrt.
  • In NRW werden Bauern landesweit Kreuzungen und Auffahrten blockieren, größere Versammlungen soll es in Köln, Bonn, Münster sowie östlich von Dortmund geben.
  • Auch in München und Ravensburg sind für Montag Kundgebungen angekündigt.
  • In Mecklenburg-Vorpommern wird es laut Landesbauernverband Proteste an mehr als 50 Autobahnzufahrten geben. Vereinbart ist: an jeder zweiten für zwei Stunden mit anschließendem Wechsel.
  • In Sachsen sind Aktionen wie Autokorsos, eine Demonstration an der Elbbrücke in Torgau und Proteste an Autobahnauffahrten geplant. Am Mittwoch gibt es in Dresden eine große Kundgebung.

Die Aktionswoche gipfelt mit einem Protest in Berlin am 15. Januar, zu dem laut Polizei 10.000 Teilnehmer angemeldet wurden. Auch Tausende Traktoren werden dann in der Hauptstadt erwartet.

Weitere Aktionen finden sich in dieser Karte, blau sind die Aktionen für den 8. Januar markiert.

Für den 8. Januar sind bisher 293 Aktionen registriert. Foto: Screenshot / Epoch Times

Nach dem Auftakt am Montag dürfte die Intensität der Proteste in den meisten Regionen zurückgehen.

10:13 Uhr: Bundesbürger haben mehr Verständnis als bei Klimaklebern

Die Bundesbürger haben nach Einschätzung des Regierungsberaters Achim Spiller Verständnis für die Proteste der Bauern. „Anders als bei den Klimaklebern stoßen die Bauernproteste in der Bevölkerung auf Zustimmung“, sagte Spiller, der den Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz im Bundesagrarministerium leitet, dem „Tagesspiegel“.

Man sehe die Bauern als Opfer, „die zwischen der Ernährungsindustrie und dem Lebensmittelhandel aufgerieben werden“, so der Agrarökonom.

„Die Bauern werden als das schwächste Glied in der Kette gesehen.“ Ab Montag wollen Bauern eine Woche lang gegen die Regierungspolitik demonstrieren und mit ihren Treckern den Straßenverkehr behindern.

Die Hintergründe

Bauern wollen Erhalt der Agrardiesel-Subvention

Der Bauernverband will mit den Aktionen dafür sorgen, dass die Bundesregierung geplante Streichungen von Subventionen vollständig zurücknimmt. Die Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP hatte angekündigt, sie wolle einen Teil der angedachten Kürzungen doch nicht umsetzen.

Dem Bauernverband reicht das aber nicht aus. Konkret geht es um Subventionen beim Agrardiesel, die laut den aktuellen Regierungsplänen schrittweise abgeschafft werden sollen. Die ursprünglich geplante Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaft und Forst ist kein Thema mehr.

Die amtierende Vorsitzende der Agrarministerkonferenz begrüßte dies nach einer Sitzung mit ihren Ressortkollegen der Länder und dem Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne). „Das ist überdies ein wichtiges Signal an die ländlichen Räume, die erst vor kurzem mit der Streichung von Fördermitteln Einschnitte verkraften mussten“, sagte Susanna Karawanskij (Linke).

Sie kritisierte aber, dass die nun geplante schrittweise Abschaffung der Agrardiesel-Vergütung den Berufsstand gerade mit Blick auf den Wettbewerb in der EU trotzdem treffe. Die Agrarministerkonferenz erwarte vom Bundesministerium daher mehr Einsatz für alternativen Biodiesel.

„Stellen wir in Deutschland einseitig die Agrardiesel-Vergütung ein, würden wir unseren einheimischen Agrarbetrieben einen großen Wettbewerbsnachteil aufbürden, wenn in den anderen EU-Ländern die Förderung beibehalten wird“, sagte Karawanskij.

Die Kutter- und Küstenfischer haben sich mit den Bauern und Spediteuren in ihrem Protest gegen Kürzungspläne der Bundesregierung solidarisch erklärt. Auf örtlicher Ebene würden die Landwirte bei der Planung ihrer Protestaktionen in der kommenden Woche unterstützt, teilte der Branchenverband mit.

Linder spricht von „unverhältnismäßig“

FDP-Chef Christian Lindner hat die angekündigten Proteste der Bauern als „unverhältnismäßig“ kritisiert. Proteste müssten immer „verhältnismäßig im Rahmen unserer demokratischen Ordnung“ sein, sagte er am Samstag beim Dreikönigstreffen seiner Partei in Stuttgart. Die angekündigten bundesweiten Blockadeaktionen in der kommenden Woche seien dies nicht. Lindner richtete einen Appell an die Landwirte: „Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um.“

Außerdem warnte der FDP-Chef vor Grenzüberschreitungen wie bei einer Blockadeaktion gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstag in Schleswig-Holstein. Protestierende hatten den Grünen am Verlassen einer Fähre gehindert. Dies sei eine „gefährliche Situation“ und „völlig inakzeptabel“ gewesen, sagte Lindner.

Inhaltliche erteilte der Bundesfinanzminister den Bauern eine klare Absage: „Man kann nicht auf der einen Seite von der gesenkten Stromsteuer profitieren wollen, man kann nicht zusätzliche Fördermittel für den Stallumbau fordern und auf der anderen Seite auch an alten Subventionen festhalten. Wer neue Subventionen will, muss auch auf alte verzichten.“

Innenministerium warnt vor Unterwanderung durch Rechtsextreme

Die Vorbereitungen auf die Aktionswoche wurden in den vergangenen Tagen vor allem in sozialen Netzwerken von Aufrufen zu einem Generalstreik begleitet, der in Deutschland rein rechtlich so gut wie unmöglich ist.

Das Bundesinnenministerium warnte vor Versuchen von extremen Kräften, die Bauernproteste zu missbrauchen. Ein Sprecher von Ministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, es sei davon auszugehen, dass insbesondere Akteure aus dem rechtsextremistischen Spektrum wie auch aus dem Spektrum derjenigen, die den Staat delegitimieren wollten, im Verlauf der Protestwoche versuchen würden, Veranstaltungen für eigene Interessen zu instrumentalisieren.

Der Bauernverband hat sich vor einigen Tagen via Instagram von solchen Akteuren distanziert. „Der Deutsche Bauernverband distanziert sich aufs Schärfste von Schwachköpfen mit Umsturzfantasien, Radikalen sowie anderen extremen Randgruppe, die unsere Aktionswoche kapern und unseren Protest für ihre Anliegen vereinnahmen wollen“, hieß es. Auch der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), der sich an der Aktionswoche beteiligen will, distanzierte sich von Generalstreik-Aufrufen. (dpa/dts/red)



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