Vom Promi-Virologen zur Persona non grata: Kekulé kämpft weiter gegen Suspendierung

Ob der Virologe Alexander Kekulé demnächst wieder an der Uni Halle lehren und forschen darf, bleibt ungeklärt: Der Professor hat Beschwerde gegen den jüngsten Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg eingereicht. Nun liegt das letzte Wort beim OVG, womöglich sogar beim BVerfG. Der Finanzexperte Prof. Stefan Homburg glaubt wie Kekulé selbst an „ein politisches Verfahren“.
Titelbild
Blick in einen Hörsaal der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität in Halle an der Saale. Archivbild.Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa
Von 11. September 2023

Der prominente Virologe und Hochschullehrer Prof. Dr. Alexander Kekulé wehrt sich noch immer gegen seine Suspendierung durch die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vom Dezember 2021.

Nachdem vor 14 Tagen das Verwaltungsgericht Magdeburg der Argumentation der Universität gefolgt war und Kekulés Rausschmiss als rechtens beurteilt hatte, legte die Anwaltschaft des Wissenschaftlers fristgemäß in der vergangenen Woche erneut Beschwerde ein – diesmal beim nun zuständigen Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg.

Einen Monat Zeit für Begründung

Nach Angaben eines Sprechers des OVG fehlt allerdings noch die Begründung. Um diese nachzureichen, sehe der Gesetzgeber eine Frist von einem Monat vor. Der Sprecher hegte nicht den geringsten Zweifel, dass auch diese Begründung bis spätestens Anfang Oktober 2023 beim OVG eingehen werde. Dann sei der „10. Senat des Oberverwaltungsgerichts für Landesdisziplinarsachen“ an der Reihe. Dieser müsse entscheiden, ob er der Argumentation des Verwaltungsgerichts folgt oder doch dem Team Kekulé. „Wie auch immer das ausgeht: Dann ist auf dem ordentlichen Rechtsweg Schluss“, betonte der OVG-Sprecher gegenüber der Epoch Times.

Sollte Kekulé seine Anstellung als verbeamteter Hochschullehrer und die entsprechenden Pensionsansprüche aufgrund des Senatsurteils verlieren, stehe ihm höchstens noch der „außerordentliche Rechtsweg“ offen: Der Virologe müsste Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einreichen. Das müsse einen Monat nach dem Senatsspruch geschehen, erklärte der OVG-Sprecher. Dem Gegner, der Uni Halle-Wittenberg, stehe dieser Weg nicht offen.

VG Magdeburg hatte Dienstenthebung gebilligt

Vor 14 Tagen, am 28. August 2023, hatte das Disziplinargericht VG Magdeburg in einem „vorläufigen Rechtsschutzverfahren“ keinen Grund gesehen, Kekulés Dienstenthebung vom Dezember 2021 aufzuheben (Aktenzeichen 15 B 36/22 MD). Auch die Entscheidung der Uni vom April 2022, ihrem freigestellten Institutsdirektor die Dienstbezüge um 20 Prozent zu kürzen, durfte in Kraft bleiben. Damit darf Kekulé seit beinahe zwei Jahren nicht mehr legal an der Hochschule forschen und lehren.

„Es sei gegenwärtig mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Antragsteller ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen habe, welches die Prognose rechtfertige, dass der Antragsteller wahrscheinlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt werde“, hieß es dazu in einer kurzen Pressemitteilung (PDF) des Verwaltungsgerichts (VG). Das Gericht hege „keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von der Antragsgegnerin ausgesprochenen Maßnahmen“. Gemeint ist die Uni Halle-Wittenberg. Eine mündliche Verhandlung hatte es nach Gerichtsangaben nicht vor dem VG gegeben. Kekulé selbst für eine Stellungnahme zu erreichen, war der Epoch Times nicht möglich.

Prominenter Podcaster

Prof. Alexander Kekulé war einem breiten Publikum nicht nur durch zahlreiche Talkshow-Auftritte bekannt geworden, sondern auch durch seinen Podcast „Kekulés Kompass“, der bis zum 13. Juli 2023 im „Mitteldeutschen Rundfunk“ (MDR) ausgestrahlt wurde. In mehr als 350 Audios gab der sechsfache Vater regelmäßig seine Einschätzung zum Corona-Geschehen zu Protokoll. Auch ein Buch Kekulés war unter dem Titel „Corona-Kompass“ im Ullstein Verlag erschienen.

Eine von Kekulés letzten Äußerungen diesbezüglich findet sich in einem „Focus“-Artikel vom August 2023, in dem der Experte zur „Corona Variante EG.5“ befragt wurde. Demnach sieht der Virologe in „Eris“ lediglich „eine neue Untervariante von Omikron, die Geimpfte und Genesene etwas häufiger anstecken kann als die vielen anderen Omikron-Untervarianten“:

Insgesamt dürfte unsere Bevölkerung durch Impfungen und Infektionen mittlerweile so gut geschützt sein, dass wir uns wegen EG.5 keine Sorgen machen müssen.“ (Prof. Dr. Dr. Alexander Kekulé)

Kekulé hatte sich meist stark bemüht, vor der Öffentlichkeit mit möglichst differenzierten Analysen zur Corona-Krise aufzuwarten. Mal warnte er die Politik vor überstürztem Handeln oder Panikmache, mal sprach er sich fürs Impfen, für neue Impfstoffe oder fürs Maskentragen aus. Er warnte aber auch vor allzu frühzeitigen Kinderimpfungen und den gesellschaftlichen Folgen. Auf Kekulés eigener Website sind wegen „Wartungsaufgaben“ derzeit keine Inhalte zu finden.

Diverse Lehrverpflichtungsverletzungen?

Hintergrund der Freistellung des Professors sind angebliche Kernpflichtverletzungen im Dienstverhältnis nach Paragraph 34 des Hochschulgesetzes Sachsen-Anhalt. Der gebürtige Münchener soll seiner „Lehrverpflichtung im Sommersemester 2020 nicht selbst nachgekommen sein“, erläuterte die Pressestelle des VG Magdeburg. Die vorliegenden Uni-Unterlagen deuteten darauf hin, dass er diese Arbeit als Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Virologie vielmehr „delegiert“ habe.

Außerdem habe Kekulé es versäumt, im Wintersemester 2020/21 Vorlesungen auf digitalem Weg anzubieten. „Entsprechende Präsentationen“ habe er „erst nach dem Ende der Vorlesungszeit“ bereitgestellt. Im folgenden Sommersemester sei es dann noch zu einer „unberechtigten“ Absage einer Lehrveranstaltung durch den Professor gekommen.

Podcast-Mitwirkung trotz Krankmeldung?

Mitte Dezember 2021 entließ die Uni also ihren prominenten Corona-Experten vorläufig aus seinen Dienstpflichten.

Das VG Magdeburg weist ausdrücklich auf einen möglichen Zusammenhang zwischen den mutmaßlichen Versäumnissen und Kekulés starker Medienpräsenz hin: „In diesem Zusammenhang sei kritisch zu beleuchten, dass der Antragsteller aus einem zeitweiligen Krankenstand heraus zwar an der Erstellung verschiedener Podcast-Folgen mitgewirkt, aber eine Vorbereitung digitaler Vorlesungen unterlassen habe“, heißt es in der VG-Pressemeldung.

Homburg tippt wie Kekulé auf „politisches Verfahren“

Kekulé hatte kurz danach gegenüber „Bild“ von einem „politischen Verfahren“ gesprochen und rechtliche Schritte angekündigt. Dass er „gegenüber der Bundesregierung und dem Robert Koch-Institut immer wieder Kritik geäußert habe“, sei bekannt. Was die Universität gegen ihn vorbringe, sei „an den Haaren herbeigezogen“. Er empfinde es als „unmöglich, wie diese Universität mit ihren Professoren“ umgehe. Den Vorwurf nicht geleisteter Lehrverpflichtungen ließ Kekulé damals nicht gelten: Er habe lediglich ein Formular nicht richtig ausgefüllt.

Umgekehrt habe die Universität Zusagen nicht erfüllt, die die „mangelnde Ausstattung seines Lehrstuhls“ beträfen. Denn die Unileitung habe das Thema Infektiologie „unterschätzt“ und ihm „das molekularbiologische Labor weggenommen“. Dabei habe es sich ausgerechnet um jenes Labor gehandelt, „das unter anderem die Corona-Tests durchführt und erhebliche Einnahmen für das Klinikum generiert“. Dazu laufe bereits ein Gerichtsverfahren, so Kekulé im Dezember 2021. Weiter laut „Bild“:

Nachdem meine Briefe an den Dekan, an den ärztlichen Direktor und das Rektorat nicht gefruchtet hatten, habe ich im Sommer 2020 mit dem zuständigen Minister der Landesregierung darüber gesprochen, der zusagte, sich darum zu kümmern, dass wir die nötige Ausstattung bekommen. Ich sehe den aktuellen Schritt der Universität nun als unmittelbare Reaktion darauf.“

Der Wissenschaftler war nach Angaben des Onlineportals „Chip“ seit 1999 Leiter des Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gewesen.

Nach „Bild“-Informationen hätten der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Thomas Moesta, und der Dekan der Medizinischen Fakultät, Michael Gekle, die Suspendierung Kekulés im Einklang mit dem Rektor gutgeheißen. Die beiden hätten einen Brief an „alle rund 50 Klinikdirektoren geschrieben“, in dem zu lesen gestanden habe, dass die beiden die Entscheidung des Rektors „im Interesse einer bestmöglichen Krankenversorgung vollständig“ unterstützen würden.

„Impfkritik“ als Hauptgrund?

Nach Einschätzung des Hannoveraner Finanzwissenschaftlers Prof. Stefan Homburg könnte mehr hinter dem Fall stecken als bloße Versäumnisse bei Lehrveranstaltungen oder der Streit um ein Labor. Wie Kekulé selbst tippt Homburg auf „ein politisches Verfahren“. Auf seinem X-Account nennt er als Hauptgrund für seine Vermutung den Umstand, dass Kekulé Ende 2021 „eine Impfkritik“ herausgerutscht sei. Darunter verlinkt Homburg ein Bild zu einem Presseartikel vom 24. November 2021, in dem die „Welt“-Autorin Elke Bodderas Kekulé mit den Worten zitiert:

Geimpfte glauben, sie seien sicher. Man hat sie falsch informiert.“

Eine Suspendierung sei zwar „bei gravierenden Verstößen wie etwa sexuellem Missbrauch mit Wiederholungsgefahr denkbar“, meint Homburg, nicht aber „wegen Verletzung einer Lehrverpflichtung“. Für Letzteres existiere das Mittel der Abmahnung bei gleichzeitiger Anweisung, das Versäumte nachzuholen. Eine „reguläre Lehre“ sei im Corona-Sommersemester 2020 ohnehin „unmöglich“ gewesen, betont Homburg.

Für ihn markieren die „Fälle @HubertAiwanger und @AlexanderKekule
[…] eine Ausdehnung der cancel culture. Ursprünglich wurden nur
@AfD und Lockdowngegner, diffamiert, inhaftiert oder entlassen. Jetzt trifft es auch die Mitte. Leider kapieren @CDU und @fdp es nicht; sie sind als nächste dran“.



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