Logo Epoch Times

"Wir lassen niemanden alleine": Söder ruft Katastrophenfall für Bayern aus

Der Katastrophenfall in Bayern soll staatliches Handeln im Kampf gegen den Corona-Virus erleichtern. Neben verlängerten Ladenöffnungszeiten kann die Regierung während des Ausnahmezustandes Einrichtungen und Ausrüstungen beschlagnahmen.

top-article-image

Markus Söder.

Foto: Lukas Barth - Pool/Getty Images

author-image
Artikel teilen

Lesedauer: 5 Min.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verschafft mit dem in Bayern ausgerufenen Katastrophenfall seiner Regierung vor allem die Möglichkeit zum „Durchregieren“.
Verzögerungen durch ein Zuständigkeitsgerangel verschiedener Behörden werden aufgehoben, Anweisungen können direkt aus der Landesregierung kommen. Das Innenministerium kann die Einsatzleitung an sich ziehen.
Teile der bayerischen Bevölkerung kennen den Katastrophenfall aus ihren Landkreisen. Wegen der starken Schneefälle zu Beginn des Jahres 2019, die zu teils chaotischen Zuständen führten, riefen mehrere Landräte diesen Fall aus – und verschafften sich so das Recht, den Katastropheneinsatz zentral zu koordinieren. Der nun bayernweit ausgerufene Katastrophenfall gibt Söder und seiner Regierung ähnliche Möglichkeiten für das ganze Land.
Geregelt wird dies im bayerischen Katastrophenschutzgesetz. So können im Katastrophenfall Feuerwehren, alle Behörden und Dienststellen, Verbände der Freien Wohlfahrtspflege oder freiwillige Hilfsorganisationen zur Katastrophenhilfe verpflichtet werden.
Das ermöglicht, auch kurzfristig zahlreiche Helfer zu rekrutieren. Es können aber auch Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit oder die Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt werden.
Einer der ersten konkreten Schritte war nun, dass Bayern Arztpraxen verpflichtet, es zu melden, wenn sie über die zur Behandlung von Coronapatienten dringend benötigte Beatmungsgeräte verfügen. Diese können nun auch eingezogen werden.

Maßnahmenpaket

Zugleich wurde ein Maßnahmenpaket beschlossen. Unter anderem werden die Ladenöffnungszeiten für einige Geschäfte ausgeweitet. Das betrifft unter anderem Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Tankstellen sowie Banken. Diese dürfen demnach werktags bis 22:00 Uhr öffnen.
Auch an Sonntagen soll eine Öffnung bis 18:00 Uhr möglich sein. Geschäfte, die dagegen nicht für die Grundversorgung notwendig sind, werden geschlossen.
Ab Dienstag werden alle Freizeiteinrichtungen geschlossen. Dazu zählten Schwimmbäder, Kinos, Spielhallen, Vereinsräume, Hotels, Museen, Sport- und Spielplätze, Wellnesszentren, Tanzschulen, Tierparks, Vergnügungsstätten sowie Fort- und Bildungsstätten.
Für die Gastronomie in Bayern gilt laut Söder ab Mittwoch, dass Speiselokale und Betriebskantinen nur noch von 06.00 Uhr bis 15.00 Uhr geöffnet bleiben dürfen.
In dieser Zeit dürften sich maximal 30 Menschen in Lokalen aufhalten, es müsse anderthalb Meter Abstand zwischen den Gästen eingehalten werden. Nach 15.00 Uhr sei noch die Mitnahme von Lebensmitteln möglich.
Söder kündigte gleichzeitig umfassende bayerische Stützungsmaßnahmen für die Wirtschaft an. Es werde ein Sondervermögen von bis zu zehn Milliarden Euro zur Bewältigung der gesamten Herausforderung eingerichtet. „Wir lassen niemanden allein“, sagte Söder.
Es drohe eine Rezession. Unternehmen sollten mit einem „Steuerschutzschirm“ vor einer Pleite bewahrt werden, es werde „massive Steuerstundungen ohne Zinszahlungen“ in Bayern geben.
Der Ministerpräsident sagte, die Politik müsse nun alle Maßnahmen einleiten, um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Ab sofort gelte „das Primat der Medizin“. Er könne nicht versprechen, dass die jetzt beschlossenen Maßnahmen die letzten Maßnahmen seien. „Es kann auch noch sehr schlimm werden.“
Für Arztpraxen ordnete der Freistaat eine Meldepflicht darüber an, ob sie über Atemgeräte verfügen. Zur medizinischen Versorgung sollten ältere Ärzte reaktiviert werden, Ärzte in Elternzeit wieder in den Dienst genommen werden. Auch Medizinstudenten in Bayern sollen nun zum Einsatz kommen.

Herrmann: Katastrophenfall soll staatliches Handeln erleichtern

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht in der in dem Bundesland geplanten Ausrufung des Katastrophenfalls ein geeignetes Mittel, um staatliches Handeln zu erleichtern.
„Dann ist es möglich, dass das Innenministerium alle Weisungen zur Abwehr von Corona zentral erteilen kann“, sagte Herrmann am Montag dem Bayerischen Rundfunk. „Dazu gehört, dass uns das Katastrophenschutzgesetz die Möglichkeit gibt, Einrichtungen und Ausrüstungen zu beschlagnahmen.“
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Sonntagabend angekündigt, dass die Landesregierung an diesem Montag den Katastrophenfall ausrufen werde.
„Wir werden die Infektionen nicht verhindern können. Aber wir müssen alles dafür tun, dass diese Infektionsprozesse verlangsamt werden“, sagte dazu Herrmann. „Alle Kranken, die eine intensive Pflege in den Krankenhäusern benötigen, sollen diese auch bekommen.“
Der Innenminister betonte aber auch, er gehe zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon aus, dass allzu drastische Maßnahmen nicht nötig sein würden. So gebe es „weiter keinerlei Probleme bei der Lebensmittelversorgung“. Diese Versorgung mit Nahrungsmitteln sowie mit den Dingen, „die für die Gesundheit notwendig sind“, habe allerdings nun Vorrang.
„Alle anderen Dinge werden wir reduzieren“, kündigte Herrmann an. „Das bedeutet, dass wir Abends keine Gastronomie, keine Bars und Diskotheken mehr geöffnet haben sollten, um unnötige Kontakte zu vermeiden.“ Solche Maßnahmen waren am Wochenende bereits für Berlin angeordnet worden, auch in weiteren Bundesländern gibt es zunehmende Einschränkungen.(dts)

Kommentare

Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.