„Wir sind stolz auf unseren Rechtsstaat“ – Tweet des „Wutministeriums“ sorgt für Wirbel

Hat ein Ministerium das Recht, wütend zu sein? Und gibt es einen Grund, auf den Rechtsstaat Deutschland stolz zu sein? Diesen Fragen ging die Twittergemeinde anlässlich eines Beitrags vom Bundesjustizministerium nach.
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Der Twitterkanal des Ministeriums von Marco Buschmann sorgt für Aufregung.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 11. Juni 2023

Bundesnotbremse, einrichtungsbezogene Impfpflicht, 2G-Regeln. Seit dem Jahr 2020 mussten die Bürger in Deutschland – wie auch anderswo – viele Grundrechtseinschränkungen hinnehmen. Wie tief der Frust über die Corona-Politik noch immer in einigen Teilen der Bevölkerung sitzt, zeigt die Reaktion auf einen Twitter-Post, der am 9. Juni im Kanal des Bundesministeriums für Justiz veröffentlicht und seither breit diskutiert wurde.

Viele Bürger hoffen auf die Aufarbeitung der Corona-Politik. Eingeständnisse von einzelnen Akteuren wie die Aussagen des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) in der Talkshow mit Markus Lanz, dass Corona-Regeln im Freien „Schwachsinn“ waren, sind für viele nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Das gilt umso mehr, wenn Fehler wie Schulschließungen im Nachhinein eingeräumt werden, aber seitens der Politiker immer noch daran festgehalten wird, dass man es nicht besser wusste. Dabei gab es zahlreiche Akteure – wie im Fall der Schulschließungen der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte – die sich ganz klar gegen eine solche Maßnahme ausgesprochen hatten.

Es geht um die Einhaltung der Grundrechte

Während der Zeit von 2020 bis 2023 wurden die Grundrechte der Bürger in Deutschland teilweise empfindlich eingeschränkt, beispielsweise durch die einrichtungsbezogene COVID-Impfpflicht oder 2G- und 3G-Regeln. Ausgangssperren wurden verhängt und es galt eine klare Kontakteinschränkung, selbst innerhalb der Familie, so die Angehörigen nicht im selben Haushalt lebten.

Die Erinnerungen an diese Zeit schwappten nun aufgrund einer Aussage des Bundesministeriums der Justiz hoch. In dem am 9. Juni auf Twitter veröffentlichten Beitrag heißt es:

Immer wieder wird die Existenz unserer Grundrechte von Usern gerade hier auf Twitter in Frage gestellt. Das macht uns oft nachdenklich und noch öfter wütend. Denn wir sind stolz auf unseren Rechtsstaat – und möchten ihn keine Sekunde missen. #UnserRechtsstaat schützt alle.

— Bundesministerium der Justiz (@bmj_bund) June 9, 2023

Auf Twitter sorgte diese Aussage für eine breite Welle der Empörung. Über 192.000 Mal wurde der Beitrag des Ministeriums aufgerufen.

Der Rechtsanwalt Markus Saller, Stadtrat und Kreisrat von Mühldorf am Inn (Freie Wähler), stellt klar: „Es geht nicht um die Existenz, denn die Grundrechte stehen ja im Grundgesetz. Es geht um deren Einhaltung. Wenn ein Justizministerium nicht in der Lage ist, insoweit einen inhaltlich richtigen Post abzusondern, dann sollten wir uns alle wirklich Sorgen machen um unsere Grundrechte, die übrigens zuvorderst Abwehrrechte gegen staatlich übergriffiges Handeln sind. Kein Grund also, wütend zu sein. Was soll das eigentlich heißen?“

Wer ist denn „wir“?

Der AfD-Abgeordnete Thomas Seitz fragt: „Wer ist denn ‚wir‘? Sie schreiben hier als Ministerium und ein solches existiert ausschließlich, um Gesetze umzusetzen und nicht, um irgendwelche individuellen Emotionen zu äußern oder auch nur zu haben.“ Im Übrigen habe die Corona-Krise deutlich gezeigt, dass der Politik der Respekt vor den Grundrechten fehle. Dazu führte er als Beispiel die Eigentumsrechte, die unter der Agenda des „Klimaschutzes“ angegriffen werden, sowie das Erziehungsrecht, das mit der LGBTQ-Propaganda eingeschränkt wird, an. „Wenn also jemand Grund hat, wütend zu sein, dann sind es die deutschen Staatsbürger!“

Der Epidemiologe Dr. Friedrich Pürner, der wegen seiner Kritik an der Corona-Politik strafversetzt wurde, kommentiert den Tweet des Ministeriums mit den Worten: „Der Rechtsstaat hat ungeimpfte Menschen ausgeschlossen, ausgesperrt und ausgegrenzt. Der Rechtsstaat hat mit Druck & Pflicht Menschen zur Impfung gebracht. Der Rechtsstaat hat viele Menschen unnötig in Isolation & Quarantäne gesteckt. Das macht mich sehr nachdenklich.“

Die Journalistin Aya Veláquez schrieb: „Wutbürger war gestern – jetzt gibt es das #Wutministerium. Warum macht es Sie ‚wütend‘, dass Menschen Sachverhalte in Frage stellen – und damit möglicherweise sogar recht haben?“ Veláquez erinnert das Ministerium an die noch immer geltende Soldatenimpfpflicht, die Grundrechtseinschränkungen in den drei Corona-Jahren und das Abendessen der Bundesverwaltungsrichter mit der Kanzlerin. Unter diesen Umständen sei es sicher „nur ein Zufall, dass die Grundrechtseingriffe während Corona seitens Karlsruhe für ‚verhältnismäßig‘ erklärt wurden“, gibt die Journalistin zu bedenken.

„Meine Katze hatte mehr Rechte“

In Anspielung auf verhängte Ausgangssperren wendet ein Netizen ein: „Wo waren Sie mit wohlfeilen Tweets, als meine Katze nach 21 Uhr mehr Rechte hatte als ich?“

Eine Userin zählt dem Ministerium die Auswirkungen der Corona-Politik auf, die sie am eigenen Leib erfahren musste: „Ich durfte draußen nicht auf einer Bank sitzen. Ich durfte meinem Kind keine Schuhe kaufen. Ich hätte keine Lohnfortzahlung bekommen, wenn ich in Quarantäne gemusst hätte, weil zB ein geimpfter Mensch ein Kontakt gewesen wäre, der positiv getestet wurde. Also warum werdet ihr noch mal wütend?“

Ein Unternehmer erinnert daran, dass der Rechtsstaat „Kritiker seiner missratenen Politik politisch“ verfolge und bezieht sich darauf auf ein die Ermittlungen gegen Michael Ballweg, die Professoren Sucharit Bhakdi und Stefan Hockertz sowie den Amtsrichter Christian Dettmar.

Eine Aktivistin schreibt: „Was für einen Rechtsstaat? Sie haben ihn doch selbst ausgehebelt.“ Dass das Ministerium sich als wütend zeige, wenn Menschen auf Missstände aufmerksam machen, „zeigt umso mehr, dass hier etwas nicht stimmt.“

Ein Kaufmann äußert: „Die Existenz der Grundrechte wurde doch vor allen von Regierungsvertretern in Frage gestellt. Sie sind also wütend auf Twitternutzer wie Herrn Lauterbach oder Herrn Wüst?“

Ein Maschinenbauer will vom Ministerium wissen: „Wenn Grundrechte mit einfacher Mehrheit im Bundestag eingeschränkt werden können (siehe Infektionsschutzgesetz), sind es dann noch Grundrechte oder lediglich Privilegien, die ins nach Belieben gewährt und wieder entzogen werden können?“

Lehrer wird Schulamt gemeldet und BMI-Mitarbeiter verliert Job

Ein Mann postet als Reaktion eine Dienstanweisung vom 21. März 2021, mit der einem Lehrer das Betreten des Schulgeländes sowie die Nutzung sämtlicher dienstlicher Kommunikationskanäle außerhalb des Unterrichts untersagt wurde.

Begründet wurde dies mit einer Teilnahme an einer Demonstration am 20. März in Kassel, bei der gegen geltende Abstands- und Hygieneregeln verstoßen worden sei. Zudem habe ein Auftritt in der „Hessenschau“ vom selben Tag „in Teilen der Schulgemeinschaft für Irritation und Besorgnis“ gesorgt, woraufhin die Schulaufsicht eingeschaltet worden sei.

Weiterhin erinnert er an den ehemaligen Referatsleiter des Bundesinnenministeriums, Stephan Kohn, der schon früh eine genaue Analyse über Kollateralschäden der Corona-Politik abgegeben hatte und deshalb seinen Job verlor. Der User rät dem Ministerium: „Daher wird es vielen Menschen immer bewusster, dass es ein irgendwie scheinbar anderer Rechtsstaat geworden. Darauf wie ein trotziges Kind zu reagieren, ist in meinen Augen nicht der richtige Weg.“

Eine Aufarbeitung ohne gekaufte oder mit Interessenkonflikten beladenen Fachleuten und einer breiten Öffentlichkeit wäre nach seiner Meinung besser. „Egal wie wütend Sie sein sollten, daran führt kein Weg vorbei.“



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