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Merkel und Macron schließen Scheitern des EU-Gipfels nicht aus – Wer sind die Gewinner des Programms?

Es gebe "viel guten Willen", jedoch auch unterschiedliche Positionen, erklärt Kanzlerin Merkel. Österreich, Dänemark, Schweden, die Niederlande und Finnland sind dagegen, dass der Großteil der Gelder als nicht rückzahlbaren Zuschüsse an die Länder vor allem im Süden Europas geht. Gemessen an der Wirtschaftsleistung läge Kroatien an der Spitze der Empfänger.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel am 19. Juli 2020 in Brüssel.

Foto: FRANCISCO SECO/POOL/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 5 Min.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ein Scheitern des EU-Gipfels zum Hilfspaket gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise und dem nächsten mehrjährigen Gemeinschaftshaushalt nicht ausgeschlossen.
„Wir gehen heute in den dritten Verhandlungstag und es ist sicherlich der entscheidende“, sagte Merkel am Sonntag in Brüssel. Es gebe „viel guten Willen“, aber auch noch unterschiedliche Positionen. Es könne sein, „dass es heute zu keinem Ergebnis kommt“.

Der französische Staatschef unterstützt Kanzlerin Merkel

„Ich denke, es ist immer noch möglich“, sagte der französische Staatschef Macron. Er werde in enger Absprache mit der Bundeskanzlerin dafür kämpfen. Allerdings werde es keinen Kompromiss auf Kosten „der europäischen Ambitionen“ geben.
Aus Diplomatenkreisen war in der Nacht bereits der Vorwurf gegen eine Gruppe von Staaten um die Niederlande und Österreich laut geworden, diese würden „fehlenden europäischen Einsatzwillen“ an den Tag legen.
In der Nacht gab es dazu nach Angaben von Diplomaten heftige Diskussionen. Merkel und Macron hätten „nach mehreren Kompromissversuchen“ die nächtlichen Verhandlungen mit den „Sparsamen“ gemeinsam verlassen, hieß es aus französischen Diplomatenkreisen. Übereinstimmende Quellen sprachen von „einem sehr harten Treffen“. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte dennoch anschließend, er habe „von keinem Ultimatum gehört“.
Auch weitere Themen, wie die Fragen der Auszahlungsmodalitäten und Reformauflagen, sind bei dem Fonds umstritten. Hinzu kommt ein Streit mit Polen und Ungarn, die sich gegen Pläne wenden, EU-Haushaltsgelder bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit künftig zu kürzen.

Kredite gegen Geschenke

Die EU-Staats- und Regierungschefs verhandeln seit Freitag über den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfsfonds.
Österreich, Dänemark, Schweden, die Niederlande und Finnland stemmen sich dagegen, dass der Großteil der Gelder als nicht rückzahlbaren Zuschüsse an die am schwersten von der Pandemie getroffenen Länder vor allem im Süden Europas geht.
Sie verlangen, diesen Anteil deutlich zu verringern und stattdessen Kredite zu vergeben.
Auch weitere Themen, wie die Fragen der Auszahlungsmodalitäten und Reformauflagen, sind bei dem Fonds umstritten. Hinzu kommt ein Streit mit Polen und Ungarn, die sich gegen Pläne wenden, EU-Haushaltsgelder bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit künftig zu kürzen.
„Die verschiedenen Themen  – Größe des Fonds, die Art der Steuerung und auch die Fragen der Rechtsstaatlichkeit – sind jetzt gut aufgearbeitet“, sagte Merkel am Sonntag nach den zweitägigen Verhandlungen. „Ob es zu einer Lösung kommt, kann ich nach wie vor nicht sagen.“ Sie werde sich aber dafür einsetzen.

Wer bekommt wie viel?

Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden sehen sich bisher als Verlierer, falls der 750-Milliarden-Euro-Verteilungsschlüssel so umgesetzt wird, wie er derzeit geplant ist.
Die großen Gewinner des Wiederaufbauprogramms befinden sich vor allem in Südosteuropa: Italien bekäme am meisten mit 153 Milliarden Euro. Es würde rund 96,3 Milliarden beisteuern und erhält somit netto rund 56,7 Milliarden Euro (3,2 Prozent der italienischen Wirtschaftsleistung, berechnet nach dem BIP 2019).
Spanien hofft auf 82,2 Milliarden Euro (6,6 Prozent der spanischen Wirtschaftsleistung). Frankreich wurde in früheren Planungen mit 38,7 Milliarden Euro und Deutschland mit 28,8 Milliarden Euro bedacht.

Gemessen an der Wirtschaftsleistung liegt Kroatien an der Spitze der Empfänger

Im Vergleich zur Wirtschaftsleistung sind nach den vorläufigen Berechnungen der EU-Kommission allerdings die Hilfe für Bulgarien (19,3 Prozent der Wirtschaftsleistung), Griechenland (netto rund 33,4 Milliarden Euro / 17,8 Prozent der Wirtschaftsleistung), Lettland (11,8 Prozent) und der Slowakei (10,5 Prozent) höher als die für Italien oder Spanien. Auch Portugal und Rumänien würden um die zehn Prozent ihrer jeweiligen Wirtschaftsleistung erhalten.
Rekordhalter ist gemessen an der eigenen Wirtschaftsleistung allerdings Kroatien. Das Land würde netto 12,1 Milliarden Euro erhalten, was 22,4 Prozent der Wirtschaftsleistung von 2019 entspricht.
Kroatien hatte zuvor die EU-Ratspräsidentschaft inne und koordinierte die Verhandlungen zwischen den Mitgliedsländern. Hilfen in Höhe von nahezu einem Viertel der Wirtschaftsleistung gibt es nur ganz selten. Die Hilfen für Griechenland waren zwar größer – jedoch hauptsächlich Kredite. (afp/ks)

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