Selenskyj-Besuch in Berlin: Bei der Nationalhymne fing die Kanzlerin an zu zittern

Der neue ukrainische Präsident ist heute zu seinem Antrittsbesuch in Deutschland eingetroffen. Bundeskanzlerin Merkel empfing Wolodymyr Selenskyj mit militärischen Ehren im Berliner Kanzleramt.
Epoch Times18. Juni 2019

+++ Newsticker +++

Beim Empfang des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Dienstag in Berlin hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutlich gezittert. Darauf angesprochen sagte die 64-Jährige bei der anschließenden Pressekonferenz, sie habe das Problem mit viel Wasser gelöst.

Ich habe mindestens drei Gläser Wasser getrunken – das hat offensichtlich gefehlt. Insofern geht es mir sehr gut“, sagte Merkel.

Gut eine Stunde zuvor hatte die Kanzlerin den ukrainischen Präsidenten mit militärischen Ehren im Kanzleramt empfangen. Während sie mit ihrem Gast in der sommerlichen Hitze auf dem Podium stand, war ihr Zittern deutlich zu bemerken. Selenskyj sagte später, die Kanzlerin habe an seiner Seite gestanden – insofern sei sie „in völliger Sicherheit“ gewesen.

Merkel wirft Russland „rechtswidriges Verhalten“ gegenüber Ukraine vor

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Russland „sehr rechtswidriges Verhalten“ gegenüber der Ukraine vorgeworfen. Solange bei der Wiederherstellung der Souveränität und der territorialen Integrität der Ukraine keine Fortschritte erzielt würden, könnten „die Sanktionen nicht aufgehoben werden“, sagte Merkel auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch in Berlin mit Verweis auf die Ostukraine und die Krim.

„Auf der anderen Seite wissen wir, dass wir ohne Gespräche und ohne Kontakte die Probleme auch nicht aus der Welt ausräumen können“, fügte die Kanzlerin hinzu. Merkel hatte den ukrainischen Staatschef zuvor mit militärischen Ehren im Kanzleramt empfangen. Bei einem Mittagessen sprachen die beiden neben dem Konflikt in der Ostukraine über die bilateralen Beziehungen und den Reformprozess in der Ukraine. Selenskyj strebt eine Mitgliedschaft seines Landes in der Nato und der EU an.

Der ukrainische Präsident bedankte sich für die Unterstützung Deutschlands im Ostukraine-Konflikt und wandte sich auch an diejenigen, die eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland forderten: „Wir wollen nicht, dass unsere europäischen Partner unter diesen Sanktionen leiden, aber es ist der einzige Weg, ohne Blutvergießen zur Beendigung dieses Konflikts zu kommen.“

In Deutschland hatten sich zuletzt einzelne Wirtschaftsvertreter und Politiker für eine Aufhebung der Sanktionen ausgesprochen, die von der EU als Reaktion auf die russische Annexion der Krim 2014 und das russische Verhalten in der Ostukraine verhängt worden waren.

Merkel und Selenskyj stellten eine baldiges Treffen im Normandie-Format zur Ostukraine in Aussicht. „Wir stehen bereit“, sagte die Kanzlerin mit Verweis auf Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron.

Im sogenannten Normandie-Format vermitteln Deutschland und Frankreich zwischen Russland und der Ukraine bei der Umsetzung der Abkommen von Minsk. Die 2015 geschlossene Vereinbarung sollte den Konflikt in der Ostukraine befrieden, doch wird immer wieder gegen dessen Auflagen verstoßen.

Selenskyj fordert Härte gegenüber Russland

Der neue ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist am Dienstag zu seinem Antrittsbesuch in Deutschland eingetroffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel empfing Selenskyj mit militärischen Ehren im Berliner Kanzleramt.

Beim Mittagessen wollten beide im Anschluss über die bilateralen Beziehungen, den Stand der Umsetzung des Minsker Abkommens sowie über den ukrainischen Reformprozess sprechen. Für den frühen Nachmittag ist ein Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue geplant.

Es ist der erste Besuch des neuen ukrainischen Staatschefs in Deutschland. Merkel hatte Selenskyj in einem ersten Telefongespräch nach seinem Wahlsieg gegen den bisherigen Staatschef Petro Poroschenko im April nach Deutschland eingeladen.

Der ehemalige Schauspieler und Komiker Selenskyj strebt eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato und der EU an. Seine erste Auslandsreise hatte ihn Anfang Juni nach Brüssel geführt.

Im sogenannten Normandie-Format vermitteln Deutschland und Frankreich zwischen Russland und der Ukraine bei der Umsetzung der Abkommen von Minsk.

Die 2015 geschlossene Vereinbarung sollte den Konflikt in der Ostukraine befrieden, doch wird immer wieder gegen dessen Auflagen verstoßen. Selenskyj hatte bei seinem Amtsantritt vor einem Monat ein Ende des Konflikts zu seiner ersten Priorität erklärt.

Der neue ukrainische Staatschef wird bei seinem Deutschland-Besuch auch mit Wirtschaftsvertretern zusammentreffen. So sind Gespräche mit Unternehmen des Ost-Ausschuss des Osteuropavereins der Deutschen Wirtschaft (OAOEV) geplant.

Selenskyj fordert harten Kurs gegen Russland

Bereits vor seinem ersten Deutschlandbesuch hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen harten Kurs gegenüber Russland angemahnt.

In einem Interview der „Bild“-Zeitung warnte er vor dem Weiterbau der deutsch-russischen Ostseepipeline Nord Stream 2 und vor einer Aufweichung der Sanktionen gegen Russland. Die Pipeline stelle eine Bedrohung dar und würde „die Energiesicherheit der Ukraine und Europas beschädigen“, sagte er.

Sie wird auch von den USA und vor allem von osteuropäischen EU-Staaten kritisiert, die eine zu große Abhängigkeit von Russland im Energiesektor befürchten.

Sanktionen das einzige Druckmittel

Selenskyj brachte sogar eine Ausweitung der Sanktionen gegen Russland ins Spiel, um die umkämpften Gebiete in der Ostukraine und die von Russland annektierte Krim wieder unter ukrainische Kontrolle zu bringen.

„Meine Haltung ist einfach und klar. Sanktionen sind das einzige Druckmittel, um das besetzte Gebiet zu befreien und unsere territoriale Integrität und Souveränität wiederherzustellen und sie unserem Volk zurückzugeben“, sagte er. „Wenn dieses Werkzeug nicht funktioniert, muss der Mechanismus ausgeweitet werden.“

Selensky trifft heute Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Im Mittelpunkt werden die Bemühungen stehen, wieder Bewegung in den festgefahrenen Friedensprozess für die Ostukraine zu bringen. Dort bekämpfen sich seit fünf Jahren ukrainische Regierungstruppen und pro-russische Separatisten. Deutschland und Frankreich nehmen in dem Konflikt eine Vermittlerrolle ein.

Krieg verhindert Wirtschaftswachstum

„Bei uns ist Krieg, und wir alle wollen, dass der Krieg endet“, sagte Selenskyj am Samstag, als er in Mariupol am Asowschen Meer ein Minenräumzentrum eröffnete. Er kündigte auch ein Infrastrukturprogramm für den Donbass an. Werben dürfte er für die Investitionen auch in Berlin bei einem Essen am Dienstagabend mit Geschäftsleuten.

Die Ukraine verdiene Unterstützung, sagte Wolfgang Büchele, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft vor dem Treffen. „Bislang wird das Potenzial der Ukraine, die das größte Flächenland innerhalb Europas ist und mit 45 Millionen Einwohnern ein größerer Markt ist als Spanien oder Polen, aber völlig unzureichend ausgeschöpft.“

Doch Selenskyj und die Unternehmen wissen, dass es echte Stabilität und Sicherheit für Investitionen nur geben kann, wenn Frieden herrscht. Selenskyj hat sich zwar immer wieder zum Minsker Friedensplan für den ostukrainischen Donbass bekannt. Echte Schritte fehlen aber – nicht zuletzt, weil er erst bei den vorgezogenen Wahlen am 21. Juli darauf hoffen kann, auch im Parlament mit eigenen Abgeordneten eine Machtbasis aufzubauen.

Moskau schaut mit großem Interesse nach Berlin

Auch Moskau schaut auf Selenskyjs Besuche in Paris und Berlin mit großem Interesse. Zwar bemerkte Russland kritisch Selenskyjs Appelle an die EU und die USA, den Sanktionsdruck auf Russland weiter zu erhöhen.

Im Grunde aber, heißt es in Moskau, sei im Moment noch nicht klar, wie sich die Lage entwickle. Bis heute hat der russische Präsident Wladimir Putin seinem Kollegen Selenskyj nicht zu dessen neuem Amt gratuliert.

Die neue Führung solle erst einmal arbeiten. Er sehe aber trotzdem jetzt schon einen freieren Zugang zu Problemen, sagte Putin unlängst in einem Fernsehinterview.

„Es ist unausweichlich, dass wir unsere Beziehungen wieder aufbauen“, betonte der Kremlchef. Ein Treffen mit Selenskyj etwa unter Vermittlung Frankreichs und Deutschlands hält er aber erst für sinnvoll, wenn sich eine konkrete Lösung des Konflikts abzeichnet.

Dazu erwartet Moskau etwa direkte Gespräche der ukrainischen Regierung mit den Separatistenführungen. Kiew lehnte das bisher stets kategorisch ab.

Selenskyj kritisiert Kretschmer-Vorstoß

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) für seinen Besuch bei Russlands Präsident Wladimir Putin und die Forderungen nach einem Abbau der Russland-Sanktionen scharf kritisiert.

Auf die Frage, was er von Kretschmers Vorstoß halte, sagte er zur „Bild-Zeitung“:

Die Diskussionen über eine Aufhebung der Sanktionen sind nicht zum ersten Mal inmitten des anhaltenden Krieges aufgekommen. Diese Abgesandten sollten wohl daran erinnert werden, warum die Sanktionen überhaupt verhängt wurden.“

Seine Haltung sei „einfach und klar“. Sanktionen seien das „einzige Druckmittel, um das besetzte Gebiet zu befreien und unsere territoriale Integrität und Souveränität wiederherzustellen“ und sie der ukrainischen Bevölkerung zurückzugeben, so Ukraines Präsident weiter.

Auf die Frage, ob die Russland-Sanktionen verschärft werden sollten, sagte Selenskyj der „Bild-Zeitung“:

Sanktionen sind ein diplomatisches Werkzeug, um Ergebnisse zu erzielen. Damit meine ich einen Waffenstillstand und die Wiederherstellung der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine. Wenn dieses Werkzeug nicht funktioniert, muss der Mechanismus ausgeweitet werden.“

Ukraines Präsident will Mitgliedschaft in NATO und EU

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich vor seinem Besuch am Dienstag bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine Mitgliedschaft in der NATO und der EU ausgesprochen.

Zur „Bild-Zeitung“ sagte Selenskyj:

Die NATO-Erweiterung hat sich als wirksames Werkzeug erwiesen, um die Sicherheit in der Region zu gewährleisten. So gut wie alle unsere Nachbarn sind Mitglieder der Allianz, so wie auch Frankreich und Deutschland. Die Ukraine hat ihr Bestreben, der NATO ebenfalls beizutreten, offiziell verkündet.“

Als Erstes wolle er die NATO-Standards in den ukrainischen Streitkräften und im Sicherheitssektor umsetzen. „Die Ukraine ist bereits ein verlässlicher Partner der NATO, und in der Zukunft können wir ein verlässliches Mitglied der Allianz werden“, so der ukrainische Präsident weiter.

Zur Frage einer EU-Mitgliedschaft sagte er:

Die Ukraine ist bereits ein Teil der europäischen Familie. Die Ukraine möchte die europäische Integration, die den größten Wunsch unseres Volkes darstellt.“

Man sehe jedoch ein, dass man „überzeugende Ergebnisse liefern“ müsse, um dem „gemeinsamen Wirtschafts-, Rechts-, Zoll- und digitalen Raum der EU“ beizutreten.

Selenskyj sagte zur „Bild-Zeitung“:

Ich möchte die Ukraine auf einer Entwicklungsstufe sehen, auf der uns die EU-Länder als gleichwertiges Mitglied der Union betrachten. Und wir werden alles dafür unternehmen, dieses Ziel zu erreichen.“

Merkel vor Nord Stream 2 und fordert Rückgabe der Krim

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Vorfeld seines heutigen Berlin-Besuchs vor den Auswirkungen der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 gewarnt.

„Wir sehen auch Bedrohungen im Energiesektor aufgrund von Nord Stream 2, das die Energiesicherheit der Ukraine und Europas beschädigen wird“, sagte Selenskyj der „Bild-Zeitung“. Man werde auch „bei den tiefgreifenden Strukturreformen, die wir ins Leben rufen, Unterstützung benötigen“.

Merkel habe eine „starke Persönlichkeit, eine unbestrittene Glaubwürdigkeit und enorme Erfahrungen. Die Ukrainer hoffen, dass Angela Merkel, als mächtige Europäerin und jemand, der über globalen Einfluss verfügt, meinem Land bei den Herausforderungen helfen wird, denen wir gegenüberstehen“, so der ukrainische Präsident weiter.

Man sei davon überzeugt, „dass die Sanktionen beibehalten werden müssen, bis die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine wiederhergestellt sind“, sagte Selenskyj der „Bild-Zeitung“.

Selenski fordert Rückgabe der Krim an die Ukraine

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Rückgabe des Donbas und der Krim an die Ukraine gefordert. „Fangen wir mit dem Punkt an, dass der Donbas und die Krim zur Ukraine gehören“, sagte Selenskyj der „Bild-Zeitung“ auf die Frage, was er Russlands Präsident Wladimir Putin beim ersten Treffen sagen wolle. Die Krim gehöre zur Ukraine.

Und wir hoffen, dass sie bald zurückgegeben wird. Ich liebe die Krim sehr. Ich war dort viele, viele Male. Sie ist mit ihrer Natur und Geschichte ein einzigartiger Ort in der Ukraine. Für mich war die Krim immer ein Teil der Ukraine, und das ist sie immer noch.“

Zur Frage eines möglichen Friedens im Osten des Landes sagte er:

Mein Ziel lautet, der Ukraine mit diplomatischen Mitteln Frieden zu bringen – nicht durch Populismus. Lassen Sie mich noch einmal betonen, dass weder die Souveränität, noch das Territorium, noch das Schicksal des ukrainischen Volkes bei einem Friedensabkommen zur Verhandlung stehen.“

Er werde sein „Bestes tun“ und sich um „die Unterstützung meiner Mitbürger und internationalen Partner bei dieser schwierigen Aufgabe bemühen. Bis jetzt vertrauen wir dem Minsk-Prozess“, sagte Selenskyj der „Bild-Zeitung“. Man hoffe, dass er eine Lösung darstellt.

Wir setzen ihn neu an, um einen Waffenstillstand und die Freilassung von Gefangenen zu verhandeln. Aber wir können nicht weitere fünf Jahre warten, denn jeden Tag sterben Ukrainer. Wenn wir dazu gezwungen sind, werden wir jede andere Verhandlungsmöglichkeit in Betracht zu ziehen, entweder im Normandie-Format oder einem anderen Format.“

(dts/nh/dpa/afp)

„]



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion