Kein Sommermärchen 2.0: Schwarz-Rot-Gold bei Polizei zur EM auch in MV untersagt

Nach Berlin stellt nun auch das Innenministerium in Schwerin klar: Es ist der Polizei untersagt, im Dienst Autos oder Uniformen mit Schwarz-Rot-Gold zu schmücken oder sich in den Farben zu schminken. Dies verstoße gegen das Neutralitätsgebot. Die Debatte sorgt für Irritationen.
Soll auch dieses Jahr möglich werden: Tausende Zuschauer verfolgen auf der Fanmeile am Brandenburger Tor in Berlin ein WM-Fußballspiel von Deutschland.
Soll auch dieses Jahr möglich werden: Tausende Zuschauer verfolgen auf der Fanmeile am Brandenburger Tor in Berlin ein WM-Fußballspiel von Deutschland.Foto: Marcel Mettelsiefen/dpa
Von 17. März 2024

Für Unmut in Teilen der Politik, in der Gewerkschaft und in der Bevölkerung sorgt eine Ansage der Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik.

Sie hatte in einem Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ in der Vorwoche geäußert, dass schwarz-rot-gold an Streifenwagen der Polizei während der EM 2024 untersagt seien. In gleicher Weise hat sich jüngst auch das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern geäußert.

Schwarz-rot-gold und Regenbogenflagge: „Quod licet Iovi … ?!“

Gegenüber der „Ostsee-Zeitung“ bestätigte ein Sprecher der Behörde in Schwerin, dass es keine Schwarz-Rot-Gold-Fahnen an Polizeiautos geben werde. Dies sei mit der im Dienst geltenden Neutralitätspflicht für die Beamten nicht vereinbar. Auf die gleiche Weise hatte auch Slowik das entsprechende Verbot in der Bundeshauptstadt gerechtfertigt.

Nicht nur bei Fußballfans stößt diese Förmlichkeit auf ein gewisses Erstaunen. Nicht zuletzt in sozialen Medien bringen viele das „Sommermärchen“-Jahr 2006 ins Spiel. Im Jahr der FIFA-Weltmeisterschaft unter dem Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ war Schwarz-Rot-Gold im öffentlichen Raum allgegenwärtig.

Viele Zeitzeugen wollen sich erinnern können, auch bei Polizeibeamten in den Nationalfarben geschminkte Wangen und Fähnchen an Einsatzwagen gesehen zu haben. 2006 war das Jahr, an dem kleine Fähnchen, die an die Seitenfenster von Pkw gesteckt wurden, ihren Durchbruch erlebt hatten.

Andere brachten sogar fotografisch dokumentierte schwarz-rot-goldene Fahnen ins Spiel, die eine Polizeieskorte beim Empfang des Weltmeisterteams 2014 mit sich führte.

2006 offiziell untersagt – Anordnung möglicherweise vielfach ignoriert

Viele sehen in der nunmehrigen Verkündung eines Verbots von Schwarz-Rot-Gold zur EM aufgrund der Neutralitätspflicht einen weiteren Beweis dafür, wie sehr sich das Land seit dem Sommermärchenjahr verändert habe. Dies umso mehr, als die Neutralitätspflicht offenbar keine Rolle spielte, als zu mehreren Anlässen Regenbogenflaggen vor Polizeigebäuden gehisst wurden und sogar an Polizeiautos zu sehen waren.

Zumindest was Berlin anbelangt, ist diese Einschätzung nicht ganz präzise. Bereits 2006 hatte der damalige Polizeipräsident Dieter Glietsch Deutschlandfahnen für Einsatzkräfte verboten. Er begründet dies damals mit der Aussage:

„Polizeibeamte im Dienst sind auch während der WM nicht in ihrer Eigenschaft als deutsche Fußballfans unterwegs.“

Möglich ist allerdings, dass die entsprechende Anweisung an einzelnen Beamten vorbeigegangen oder schlicht ignoriert worden sein könnte. In vielen Fällen hätte dann wohl der Grundsatz „Wo kein Kläger, da kein Richter“ gegolten. Soziale Medien, in denen Auftritte von Beamten im Dienst mit Schwarz-Rot-Gold dokumentiert hätten werden können, spielten damals noch kaum eine Rolle.

Dregger: Verbot von Schwarz-Rot-Gold im Dienst „vertane Chance“

CDU-Innenexperte Burkard Dregger äußerte gegenüber „Bild“, die Entscheidung Slowiks sei „rechtlich nicht zu beanstanden“. Es werde jedoch „politisch eine Chance vertan“. Auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner erklärte, die Polizei müsse neutral bleiben. Er selbst freue sich jedoch „über jeden, der unsere Nationalmannschaft unterstützt und dies auch offen zeigt“.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verstehe die Aussage Slowiks, weil sie gängiger Praxis entspreche. Man fordere jedoch unterdessen eine kreative Lösung, deutet Landeschef Stephan Weh im „Tagesspiegel“ an.

Man solle einen Weg finden, „der in Sachen Polizeiarbeit nicht an der Neutralität zweifeln lässt und dennoch symbolisiert, dass wir stolz auf unsere Nationalmannschaft sind“.

Auch der Berliner Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Bodo Pfalzgraf, erklärt, er nehme „die Neutralitätspflicht der Polizei sehr ernst“. Dennoch sei davon auszugehen, dass Fans anderer Mannschaften wüssten, dass in Berlin die deutsche Polizei amtshandele.

Zudem sei Schwarz-Rot-Gold auch „als Hoheitssymbol in Form einer Kokarde an jeder Dienstmütze“ Teil der Uniform. Pfalzgraf betont: „Unseren Einsatzkräften de facto bei Verwendung der Nationalflagge Parteilichkeit zu unterstellen, ist weit hergeholt.“

„Unabhängige“ für Einzelanweisungen im Bedarfsfall

Das Verbot des Schminkens in den Nationalfarben wurde einst damit begründet, dass die Beamten nicht mit Fans verwechselt werden dürften – vor allem nicht im Fall von heiklen Einsätzen wie bei Zusammenstößen von Fangruppen.

Der Berufsverband der „Unabhängigen“ äußert, dass es durchaus angemessen sei, im Einzelfall Anweisung auf Fahnenverzicht zu geben. Dies vor allem dann, wenn Einheiten bei deutschen Spielen im Stadion im Einsatz seien. „Aber ein generelles Verbot ufert aus“, äußert Sprecher Jörn Badendick.



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