Watschn für Müller, Kater für die Bayern

Dem Champions-League-Rausch folgt der Liga-Kater. Wieder muss der FC Bayern mit Frust aufs Oktoberfest. Ein Satz von Trainer Kovac birgt Sprengkraft. Der degradierte Co-Kapitän schweigt lieber.
Titelbild
Bayerns Thomas Müller ärgert sich nach einer vergebenen Torchance.Foto: Matthias Balk/dpa/dpa
Epoch Times6. Oktober 2019

Einen kräftigen Kater mussten die Bayern-Stars um den abgewatschten Thomas Müller schon vor der Oktoberfest-Maß verarbeiten.

Zwar durften die Münchner in feiner Tracht noch als Spitzenreiter ins Festzelt, doch beim traditionellen Prosit des Fußball-Rekordmeisters auf der Wiesn war im Familienkreis Frustbewältigung angesagt. „Wir sind es ja schon gewohnt“, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic mit einer Prise Galgenhumor.

Vor einem Jahr ging es nach einem krachenden 0:3 gegen Gladbach aufs größte Volksfest der Welt. Jetzt bedeutete das 1:2 gegen Hoffenheim die erste Liga-Heimschlappe der Münchner seit exakt zwölf Monaten.

Im Herbst 2018 durchlebte Niko Kovac nach einer Sieglos-Serie eine schwere Krise. Jetzt ist die nach der tollen Tottenham-Toreshow gezeichnete schöne, neue Bayern-Welt nach einem unerklärlichen Leistungsabfall rasch wieder Vergangenheit. An einem persönlichen Stimmungstief hat auch Kovac gewichtigen Anteil, denn der Coach degradierte Co-Kapitän Müller schon vor dem Anpfiff völlig unnötig zum Notnagel. „Wenn Not am Mann sein sollte, wird er mit Sicherheit auch seine Minuten bekommen“, hatte Kovac am Sky-Mikrofon gesagt. Ob sich der Trainer der Wirkung dieser Worte bewusst war?

Zwar ist der Ex-Weltmeister auch für Kovac „nicht irgendjemand“, aber der ungeschickte Satz war kein Geistesblitz. Zumal der 47-Jährige die Wirkung auch bei der Pressekonferenz nach dem Spiel nicht entschärfen konnte. „Sie müssen jetzt nicht irgendwas daraus zaubern. Wenn jemand nicht spielt, und wir ihn brauchen, kommt er. Und Thomas ist gekommen und hat nochmal Schwung reingebracht“, sagte Kovac. Damit blieb viel Raum für Interpretationen.

Müller verließ nur eine gute Viertelstunde nach dem Schlusspfiff fluchtartig die Arena. „Nothing to say, wie der Engländer sagt“, sagte er nur kurz. Wie zuletzt vor der „Müller-spielt-immer“-Ära vor über zehn Jahren war für Müller zum fünften Mal nacheinander kein Platz in der Startformation. „Wir kümmern uns um alle und behandeln alle gleich und wir werden alle brauchen in dieser Saison, da bin ich mir sicher“, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic, der sich eifrig bemühte, Brisanz aus der „Not“-Lage zu nehmen.

Nicht nur Müller schwieg zur trägen Vorstellung des in der Champions League so espritvollen Bayern-Ensembles. Präsident Uli Hoeneß wünschte einen „schönen Abend“, Tottenham-Torheld Serge Gnabry mochte „heute nicht“ sprechen. Kapitän Manuel Neuer bewertete das 1:2 gleich nach dem Schlusspfiff als „Warnhinweis“ für die nach der Königsklassen-Gala vielleicht doch zu hoch gelobte Mannschaft. Was Harry Kane und dem kriselnden Tottenham nicht glückte, schaffte das bislang schwächelnde Hoffenheim um Doppeltorschütze Sargis Adamyan.

„Nach der Kür die Pflicht – und die Pflicht haben wir heute nicht erfüllt“, kritisierte der zerknirschte Kovac. „Abhaken. Wir sind anscheinend noch nicht so weit, dieses gute Spiel alle drei, vier Tage zu bringen.“ Salihamidzic bemängelte die Einstellung der Stars. „Man sieht, dass man eben auch in der Bundesliga Samstag für Samstag und nicht nur in der Champions League 100 oder 110 Prozent geben muss“, kritisierte der Sportdirektor. „Das ist uns eine Lehre.“

Die Münchner haben mit 14 Zählern immerhin einen Punkt mehr auf der Haben-Seite als im ersten Kovac-Jahr. Eine gefestigte Pole-Position wurde gegen ebenfalls fehlerhafte Konkurrenten jedoch vergeben. „Wir haben die Bundesliga spannend gelassen“, sagte Salihamidzic.

Wie in London vertändelte wieder Corentin Tolisso vor dem 0:1 den Ball. Wenigstens Robert Lewandowski hinterließ nicht nur wegen seines elften Saisontreffers zum 1:1-Zwischenstand den gewohnt guten Eindruck. „Das tut weh, wenn du nach einem Sieg in der Champions League vier Tage später in der Bundesliga verlierst“, monierte er.

„Der letzte Eindruck ist immer der, der haften bleibt. Wir können uns nichts dafür kaufen, was in London war“, bemängelte Kovac zum Start der Länderspielpause. „Jetzt haben wir zwei Wochen Zeit in einer kleinen Gruppe.“ Eine Gruppe, in der auch Frusterlebnisse wie von Müller oder des traurigen Dauer-Reservisten Javi Martínez vom rigoroser gewordenen Cheftrainer moderiert werden müssen. (dpa)



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