„Die Bundesregierung hat diesen Protesttag provoziert“ – Apotheken bleiben am 14. Juni dicht

Zu wenig Anerkennung, zu viel Bürokratie. Schon lange fühlen sich die Apotheker von der Politik nicht mehr ernst genommen. Mit einem bundesweiten Protesttag machen sie ihrem Ärger Luft.
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Am 14. Juni bleiben die Apotheken in Deutschland bis auf die Notversorgung geschlossen. SymbolbildFoto: iStock
Von 11. Juni 2023

Wer am 14. Juni zur Apotheke geht, wird vielerorts auf verschlossene Türen stoßen. Grund dafür ist ein bundesweiter Protesttag. Die Arzneimittelversorgung wird an diesem Tag lediglich über Notdienstapotheken aufrechterhalten. Mit ihrer Aktion reagiert die Apothekerschaft auf die gesundheitspolitischen Entscheidungen der Bundesregierung.

„Für unseren Berufsstand steht fest: Die Bundesregierung hat diesen Protesttag provoziert“, erklärte die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Gabriele Regina Overwiening. „Lieferengpässe, Personalnot und eine seit Jahren bestehende Unterfinanzierung. Weil die Bundesregierung in ihren Gesetzesvorhaben immer wieder die Probleme der öffentlichen Apotheken übergeht, destabilisiert sie die Arzneimittelversorgung in Deutschland.“

Seit Monaten würden die Apotheker in persönlichen Gesprächen, Interviews und PR-Kampagnen auf die prekäre Lage hinweisen. Neben den Lieferengpässen und der kräftezehrenden Ersatzbeschaffung gibt es aber noch einen anderen Aspekt, der die Fachkräfte umtreibt: Immer mehr Apotheken schließen.

Anzahl der Apotheken im Sinkflug

Aus einer Statistik der ABDA geht hervor, dass die Anzahl der Apotheken in Deutschland von 19.898 im Jahr 1990 auf 18.068 im vergangenen Jahr gesunken ist. Allein in den Corona-Jahren 2020 bis 2022 mussten insgesamt 1.232 Apotheken schließen (2020: 402; 2021: 369; 2022: 461). In derselben Zeit wurden aber nur 230 Apotheken neu eröffnet.

Wie Epoch Times berichtete, sank die Anzahl der Apotheken in diesem Jahr weiter auf unter 18.000 und liegt damit auf dem niedrigsten Stand seit 40 Jahren.

„Hochschulabsolventinnen und -absolventen unseres Faches können sich immer seltener den Gang in die Selbständigkeit vorstellen, vor allem, weil die wirtschaftliche Perspektive fehlt“, so ABDA-Präsidentin Overwiening.

Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), fügte hinzu: „Trotz steigender Kosten und der Inflationsentwicklung haben die Apotheken in den vergangenen zehn Jahren keine Honoraranpassung erhalten. So kann es nicht weitergehen.“

Mehr Handlungsfreiheit, weniger Bürokratie

Mit ihrem Protesttag wollen die Apotheker sowohl Einwohner als auch Politiker dringend auf ihre brisante Lage und den Zehn-Punkte-Forderungskatalog der ABDA hinweisen. Darin geht es vor allem um finanzielle Aspekte, aber auch um die notwendige Handlungsfreiheit.

„Wegen der vielen Lieferengpässe brauchen die Apothekenteams bei ihrer Arbeit möglichst viel Flexibilität, um die Patientinnen und Patienten schnell versorgen zu können. Das Versorgungssystem ist aber voller Bürokratie und drohender Strafzahlungen an die Krankenkassen“, kritisieren die Apotheker.

Die Arbeit, für die es viel Fachwissen und Verständnis für die Hilfe suchenden Kunden braucht, sei durch die Arzneimittel-Lieferengpässe noch komplizierter geworden und koste viel Kraft und Zeit. „Eine finanzielle Anerkennung für diese Mehrarbeit wird den Apotheken jedoch versagt“, heißt es weiter vom ABDA.

Kritik gibt es auch für den Umstand, dass das Honorar der Apotheken zum wesentlichen Anteil aus einem Festbetrag besteht, der die laufenden Kosten abdecken soll. Dieser wurde aber seit zehn Jahren nicht mehr angepasst, während die Kosten immer mehr steigen. Andere Versorgungseinrichtungen wie bestimmte Arztpraxen und Krankenhäuser hingegen würden dafür gesonderte Zahlungen erhalten.

Die Apotheker verlangen von der Politik eine Erhöhung der Gebühren um knapp 50 Prozent. „Heute werden wir mit 8,35 Euro je Medikament honoriert, seit 20 Jahren ohne relevante Anpassung. Angesichts der Kostenentwicklung brauchen wir 12 Euro, sonst rechnet es sich nicht“, sagte Overwiening. Daran führe kein Weg vorbei. Im Gegensatz dazu seien in den vergangenen 20 Jahren die Tariflöhne um 52 Prozent und die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung um 105 Prozent gestiegen.



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