EU-Rat gibt grünes Licht für Gebäuderichtlinie – Klimagruppen enttäuscht, Handwerk zufrieden

Am Freitag beschloss der EU-Rat bei zwei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen die viel diskutierte Gebäuderichtlinie. Lobbyverbände freuen sich auf Umsätze für ihre Zielgruppen, Klimagruppen geht sie zu wenig weit und Skeptiker begrüßen, dass es keine individuellen Sanierungszwänge gibt.
Sanierungszwang Eigenheim Häuser Sachsen-Anhalt Bernburg
Der individuelle Sanierungszwang für Wohngebäude ist gemäß der Endfassung der Gebäuderichtlinie der EU vom Tisch.Foto: privat
Von 16. April 2024

Gegen die Stimmen von Ungarn und Italien hat der EU-Rat am Freitag, 12. April, die viel diskutierte Gebäuderichtlinie (EPBD) beschlossen. Der Stimme enthalten hatten sich die Vertreter von Kroatien, Tschechien, Schweden, Slowenien und Polen. Das EU-Parlament hatte dem Entwurf bereits einen Monat zuvor mit am Ende deutlicher Mehrheit zugestimmt.

Bis 2026 sollen Mitgliedstaaten ihre Konzepte zur Umsetzung präsentieren

Die Richtlinie soll zur Optimierung der Energieeffizienz von Gebäuden beitragen. Dafür sollen konkrete Einsparungsziele bezüglich der Treibhausgas-Emissionen im Gebäudebestand umgesetzt werden. Wie dies konkret geschehen soll, müssen die Mitgliedstaaten nun individuell umsetzen.

Ziel der Gebäuderichtlinie ist es, in Etappen das Netto-Null-Ziel bis zum Jahr 2050 zu verwirklichen. Dies soll auf dem Wege der Sanierung und Renovierung von Gebäuden mit schlechter Energieeffizienz geschehen. Bis 2026 sollen die Mitgliedstaaten ihre Konzepte ausarbeiten, um die Etappenziele zu erfüllen.

Bis 2035 soll der Energieverbrauch von Wohngebäuden demnach um 20 bis 22 Prozent sinken. Als Detailvorgabe nennt die Gebäuderichtlinie dabei, dass 55 Prozent der Einsparungen durch Sanierungsmaßnahmen bei jenen 43 Prozent des Bestandes erreicht werden sollen, deren Energieeffizienz am geringsten sei.

Gebäuderichtlinie sieht „freiwilligen“ Ausstieg aus Öl- und Gasheizung schon 2040 vor

Bei öffentlichen Gebäuden und Büros müssen sogar schon bis 2030 die 16 Prozent Gebäude mit der schlechtesten Energiebilanz renoviert sein, bis 2033 die am schlechtesten ausgestatteten 26 Prozent. Neue Gebäude sollen ab 2030 nur noch energieeffizient und mit Anschluss an eine saubere Wärmequelle errichtet werden dürfen.

Sofern dies wirtschaftlich vertretbar erscheine, sollen neu gebaute oder renovierte Häuser auch verpflichtend mit Solaranlagen ausgestattet werden. Ab 2025 soll es zudem keine Subventionen mehr für Heizungen geben, die mithilfe fossiler Energieträger betrieben werden. Unverbindlich einigten sich die Mitgliedstaaten in der Richtlinie auch darauf, bis 2040 vollständig aus dem Heizen mit Öl und Gas auszusteigen.

Dies hatte in Deutschland für Irritationen gesorgt. Die Bundesregierung steht auf dem Standpunkt, die Vorgaben der Gebäuderichtlinie bereits durch das im Vorjahr beschlossene Heizungsgesetz zu erfüllen. Dort ist jedoch ein Aus für Öl- und Gasheizungen erst 2045 vorgesehen. In Berlin pocht man nun jedoch auf die Unverbindlichkeit der Vereinbarung. Außerdem sei angedacht, den eigenen Zeitplan mithilfe von Übergangsbestimmungen abzusichern.

Baubranche und Handwerk hoffen auf Aufträge

Gegenüber der „Deutschen Handwerks-Zeitung“ zeigte sich der Generalsekretär des Handwerksverbandes ZDH, Holger Schwannecke, mit der Gebäuderichtlinie im Ergebnis zufrieden. Dies liege vor allem an einem Aspekt, den auch bereits Bundesbauministerin Klara Geywitz hervorgehoben hatte:

„Eine Sanierungspflicht, die sich auf einzelne Bestandsgebäude bezogen hätte, ist vom Tisch.“

Gegen eine solche hatten 16 von 27 Mitgliedstaaten Vorbehalte angemeldet. Schwannecke betonte zwar, die Ansprüche an Hauseigentümer und Bauunternehmer blieben hoch. Es sei jedoch richtig, es den Mitgliedstaaten zu überlassen, auf welchem Weg diese ihre Klimaziele erreichen wollten.

Felix Pakleppa vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe begrüßte, dass die Richtlinie die Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden stärke. So solle die gesamte in den Gebäuden gebundene Energie bilanziert werden:

„Allerdings ist die Lebenszyklusbetrachtung enorm komplex und die Stimmung im Markt ist unruhig. Deswegen sollte die Bundesregierung eine umfassende Fachdebatte für die Umsetzung der Richtlinie anstoßen.“

Gebäuderichtlinie bleibt hinter anfänglichen Maximalforderungen zurück

Gegenüber „Euractiv“ äußerte die Präsidentin des Industrieverbandes EuroACE, Julie Kjestrup, die Energieeffizienzbranche sei „bereit, die Anforderungen zu erfüllen und effiziente Gebäude zu Europas nächster industrieller Erfolgsgeschichte zu machen“. Auch für die Baubranche verspreche die Umsetzung der Richtlinie Impulse durch neue Aufträge.

Auch Lobbygruppen wie „Energy Cities“ begrüßen die Einigung. Demgegenüber nennt die European Alliance to Save Energy die Entschärfung der Gebäuderichtlinie gegenüber Erstentwürfen einen Rückschritt. Auch Eva Brardinelli von der Klima-NGO CAN Europe beklagt den erfolgreichen Widerstand der Mitgliedstaaten gegen anfängliche Maximalforderungen:

„Es liegt nun in den Händen der Regierungen und der nationalen Akteure, die in der Richtlinie festgelegten niedrigen Standards zu übertreffen und sich dafür einzusetzen, ein besseres Leben zu ermöglichen.“



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