Deutsche Bahn: Zwei Drittel der Fernzüge fahren am Montag – Zugbindung bis 16. Mai aufgehoben

Der Warnstreiks der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft ist abgesagt. Es fahren morgen etwa zwei Drittel der Fernverkehrszüge. Ab Dienstag werden alle ICE- und IC-Züge wie geplant unterwegs sein. Um was geht es bei dem dahinterliegende Tarifstreit?
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Die Zugbindung ist bei zum 16. Mai 2023 aufgehoben. Maja Hitij/Getty Images
Epoch Times14. Mai 2023

Nach Absage des Warnstreiks der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sollen bei der Deutschen Bahn (DB) am Montag wieder zwei Drittel der geplanten Fernverkehrszüge fahren. Ab Dienstag sollen dann alle ICE- und IC-Züge wieder wie geplant unterwegs sein, wie die Bahn am Sonntag mitteilte. Die EVG hatte den 50-stündigen Ausstand nach einem vor Gericht erzielten Vergleich mit dem Konzern „vorerst ausgesetzt“.

Einsatzpläne kompliziert

Der Warnstreik sollte eigentlich am Sonntagabend beginnen. Die Bahn begann nach der Absage am Samstagabend damit, die Rückkehr zum Normalangebot zu organisieren. „Erstmals musste der Bahnbetrieb innerhalb von 24 Stunden von Runterfahren auf Hochfahren umorganisiert werden“, erklärte der Konzern.

Dazu würden bundesweit rund 50.000 Zugfahrten allein im Fern- und Nahverkehr sowie die dazugehörigen Schicht- und Einsatzpläne wieder neu geplant. Fahrzeuge müssten neu disponiert und teilweise an neue Abfahrtsorte gebracht werden.

Am Sonntagabend könne es daher zu „vereinzelten“ Zugausfällen kommen, erklärte der Konzern. Am Montag werde es auch im Regionalverkehr der Bahn regional noch Einschränkungen und Zugausfälle geben. Mit Einschränkungen im Güterverkehr rechnet der Konzern bis einschließlich Dienstag.

Zugbindung temporär aufgehoben

Für Fahrten im Personenfernverkehr zwischen Sonntag und Dienstag hob die DB die Zugbindung auf. Bis 11. Mai gebuchte Fahrkarten für die Reisetage 14. bis 16. Mai können sich Kundinnen und Kunden auch erstatten lassen.

Die Himmelfahrtswoche zählt in jedem Jahr zu den reisestärksten Wochen des Jahres, wie die DB betonte. „Wir empfehlen weiterhin dringend, am Mittwoch oder Donnerstag nur Zugfahrten anzutreten, für die noch Sitzplatzreservierungen verfügbar sind.“

Die Bahn hatte gegen den für 50 Stunden geplanten Warnstreik einen Eilantrag beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main gestellt. Dort erzielten die Tarifparteien am Samstag „auf Anraten des Gerichts“ den Vergleich, wie die EVG mitteilte.

Tarifkonflikt: 650 Euro mehr im Monat

Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar. Es ist der dritte bundesweite Warnstreik, zu dem die EVG seither aufruft. Im März legte sie gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi große Teile des öffentlichen Verkehrs inklusive der meisten Flughäfen für einen Tag lahm. Der zweite Ausstand beschränkte sich im April auf einen Zeitraum von acht Stunden, sorgte aber ebenfalls für viele Ausfälle vor allem im Fernverkehr. Auf den Autobahnen blieben befürchtete zusätzliche Staus jedoch aus.

Die Gewerkschaft betonte, allein die Androhung des Warnstreiks habe Erfolg gehabt. „Der Arbeitgeber hat heute vor Gericht unmissverständlich erklärt, dass er unsere Forderungen zum Mindestlohn erfüllt.“ DB-Personalvorstand Martin Seiler erklärte, das Thema Mindestlohn sei „Bestandteil des Vergleichs und von beiden Parteien als Lösung anerkannt“.

In dem Tarifkonflikt ist es eine zentrale Forderung der EVG, dass der gesetzliche Mindestlohn von zwölf Euro im Tarifvertrag als Basis festgeschrieben wird, auf dem die Forderungen aufsetzen. Rund 2.000 Beschäftigte, die direkt von der Mindestlohnerhöhung profitieren, würden andernfalls darüber hinaus kaum von Gehaltserhöhungen profitieren. Die Gewerkschaft verhandelt für insgesamt rund 180.000 DB-Beschäftigte.

DB-Personalvorstand Seiler erklärte, die Bahn wolle nun „zügig und konstruktiv“ verhandeln. Ziel sei ein baldiger Abschluss. Die nächste regulär geplante Runde der Verhandlungen steht am 23. und 24. Mai in Fulda an.

Die Gewerkschaft will bei den Verhandlungen mindestens 650 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten herausholen oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Deutsche Bahn will sich hingegen am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der Ende April erzielt wurde.

Was fordert die Gewerkschaft?

Daran angelehnt hat der bundeseigene Konzern zunächst einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 2.850 Euro vorgeschlagen. Darüber hinaus sollen Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise erhöht werden – um insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie um acht Prozent für die oberen Lohngruppen. Bei der DB arbeiten 180.000 der 230.000 Beschäftigten, für die die EVG aktuell verhandelt.

Ein entscheidender Knackpunkt bei den Verhandlungen war zuletzt der gesetzliche Mindestlohn: Rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell bei der DB nur über Zulagen. Die EVG will vor den Verhandlungen über Tariferhöhungen zunächst den Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankern. Etwaige Verhandlungsergebnisse würden dann auf diese zwölf Euro angerechnet. Einen Vorschlag der Bahn, mit dem die 12 Euro rückwirkend zum März dieses Jahres in die Tabellen aufgenommen werden sollten, wies die Gewerkschaft diese Woche zurück.

Sie kritisiert vor allem, dass die Bahn in den Tarifverhandlungen keinen gesetzlichen Mindestlohn ohne Einschränkungen zusagt, auf dem die dann erzielten Verhandlungsergebnisse aufbauen würden. Stattdessen würde die Bahn in den unteren Lohngruppen einen Deckel von 13 Euro ansetzen.

Kritik der Bahn

Die Bahn wies diese Darstellung zurück. Das Unternehmen habe erst am Dienstag diese „zentrale Forderung der Gewerkschaft zum Mindestlohn erfüllt“ und „mitnichten“ einen Deckel von 13 Euro vorgeschlagen, erklärte Seiler. Auf dem Tisch lägen außerdem bereits zehn Prozent Lohnerhöhung sowie die volle Inflationsausgleichsprämie.

„Wir haben die Türen sperrangelweit aufgemacht, aber die EVG bleibt vor der Türe stehen“, erklärte Seiler. „Sie will partout nicht verhandeln und stattdessen ein Tarifdiktat durchsetzen.“

Die Deutsche Bahn hatte den von der Gewerkschaft EVG ausgerufenen umfangreichen Streik scharf kritisiert. „Dieser irrsinnige Streik ist völlig grundlos und restlos überzogen“, erklärte Personalvorstand Martin Seiler am Donnerstag. Statt Kompromisse zu suchen, wolle die EVG das Land „unglaubliche 50 Stunden lahmlegen“. Das wäre ein Vollstreik ohne Urabstimmung und Millionen Reisende seien davon betroffen. (afp)



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