Vermisste Starjournalistin Föderl-Schmid lebend gefunden – genauere Umstände unbekannt

Die seit Donnerstag als vermisst gemeldete stellvertretende Chefredakteurin der „Süddeutschen Zeitung“, Alexandra Föderl-Schmid, ist am Freitag lebend gefunden worden. Nach dem Auffinden eines Abschiedsbriefs waren Sicherheitsbehörden vom Schlimmsten ausgegangen.
Titelbild
Verlagsgebäude der Süddeutschen Zeitung in München.Foto: Screenshot / YouTube / SZ
Von 10. Februar 2024

Die Suchaktion nach der seit Donnerstagvormittag, 8. Febuar, vermissten Journalistin Alexandra Föderl-Schmid ist zu Ende. Medienberichten zufolge haben Einsatzkräfte der Polizei die frühere „Standard“-Chefredakteurin und stellvertretende Chefredakteurin der „Süddeutschen Zeitung“ im österreichisch-deutschen Grenzgebiet aufgefunden. Laut „Passauer Neue Presse“ haben Angaben des Polizeipräsidiums München zufolge Beamte die stark unterkühlte Frau auf österreichischer Seite unter einer Innbrücke gefunden.

Redaktion sprach zuerst von „rechtem Verleumdungsstück“

Zuvor waren die Sicherheitsbehörden vom Schlimmsten ausgegangen, nachdem Beamte den Berichten zufolge das Auto der Journalistin und einen „Abschiedsbrief“ gefunden hatten. Über die genauen Umstände des Verschwindens und Auffindens von Föderl-Schmid ist noch nichts Näheres bekannt. Spekulationen gehen von einem Zusammenhang mit jüngsten Vorwürfen gegen die Journalistin aus, die unter anderem ein selbsternannter „Plagiatsjäger“ erhoben hatte.

Föderl-Schmid hatte am Montag ihre operative Tätigkeit als stellvertretende Chefredakteurin vorübergehend ruhend gestellt. Im Dezember 2023 hatte der „Medieninsider“ ihr einen unangemessenen Umgang mit Quellen vorgeworfen. So soll die Journalistin weitgehend identische Ausführungen aus anderen Publikationen in eigene Beiträge übernommen haben, ohne die Quellen zu kennzeichnen.

Die Vorwürfe waren Gegenstand einer internen Redaktionskonferenz – und aus dieser wurden offenbar Details an den „Medieninsider“ durchgestochen. Die „Süddeutsche“ veranlasste daraufhin eine umfangreiche Suche nach dem möglichen „Maulwurf“. Die Rede war von einem „rechten Verleumdungsstück“. Damit trug sie jedoch dazu bei, dass die Angelegenheit in der öffentlichen Debatte blieb.

Untersuchung attestiert Föderl-Schmid „längere Plagiatsfragmente“

In weiterer Folge gestand Föderl-Schmid Fehler ein. Der vermeintliche „Maulwurf“ konnte offenbar nicht ausgemacht werden. Die Affäre schien mehr oder minder erledigt zu sein, bis das Onlinemedium „Nius“ Anfang Februar die Dissertation der Journalistin aus dem Jahr 1996 zum Thema machte.

Das Medium berief sich auf den selbsternannten österreichischen „Plagiatsjäger“ Stefan Weber. Der frühere Kommilitone von Föderl-Schmid hatte deren Dissertation zum Thema „Vom Monopol zum Markt: zehn Jahre duales Rundfunksystem in Deutschland“ untersucht. Dabei habe er eine zweistellige Anzahl an „längeren Plagiatsfragmenten“ aufgetan – und damit einen „schwerwiegenden Plagiatsverdacht“. Den Auftrag zu dem Gutachten soll „Nius“ selbst gegeben haben.

Wie der „Falter“ berichtet, hat Weber seiner Analyse eine „Befangenheitserklärung“ angefügt. Darin führt dieser aus, dass in der damaligen Situation am Institut für Publizistik an der Universität Salzburg massive Unzulänglichkeiten im Umgang eines zuständigen Gutachters mit Computern zu beklagen gewesen seien. Dies sei nicht ohne Konsequenzen geblieben, „sowohl, [sic] was die Themenwahl der Diplomarbeit als auch, [sic] was die Qualität der Dissertation anbelangt“. Deshalb müsse man die „Diplomarbeit und die Dissertation der Prüfperson in diesem historischen Kontext lesen“.

„Süddeutsche“ nach gescheiterten Kampagnen gegen missliebige Politiker in der Kritik

Die Berichterstattung durch „Nius“ hatte jedoch massive Angriffe auf Föderl-Schmid in sozialen Medien zur Folge. Diese nährten sich zum einen aus dem selbst gesetzten Anspruch der „Süddeutschen“, ein erstrangiges „Qualitätsmedium“ zu sein. Zum anderen hatte das Blatt zuletzt gleich in zwei Fällen großangelegte journalistische Kampagnen gefahren, die sich am Ende als Eigentore erwiesen hatten.

Eine davon war die Enthüllungsberichterstattung über den stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger. Die „Süddeutsche“ hatte dem Chef der Freien Wähler den Besitz rechtsextremer Flugblätter im Jahr 1987 vorgeworfen. Die Kampagne war im Vorfeld der bayerischen Landtagswahlen platziert – augenscheinlich, um deren Ausgang zu beeinflussen. Am Ende reagierten Bayerns Wähler mit Trotz: Die Freien Wähler erzielten ein Rekordergebnis und verfügen über einen Ministerposten mehr in der Staatsregierung.

Im Dezember des Vorjahres berichtete die „Süddeutsche“ zudem über Plagiatsvorwürfe gegen die AfD-Bundessprecherin Alice Weidel. Im Januar entschied sich das zuständige Prüfungsgremium der Universität Bayreuth jedoch dazu, keine Untersuchung ihrer Dissertation zu veranlassen. Es war die Rede von einzelnen Zitierfehlern. Diese reichten jedoch „nach Umfang und Bedeutung nicht aus, um ein schuldhaftes – also grob fahrlässiges oder vorsätzliches – wissenschaftliches Fehlverhalten zu belegen“.

Inwieweit Föderl-Schmid selbst Entscheidungen im Kontext der Berichterstattung ihres Blattes in Sachen Aiwanger und Weidel getroffen hat, ist ungewiss. Anhänger der Rechten nahmen jedenfalls die Vorwürfe gegen die stellvertretende Chefredakteurin zum Anlass, der „Süddeutschen“ ihre Berichterstattung in Form eines Shitstorms gegen Föderl-Schmid heimzuzahlen.

Gleichzeitig wurde Kritikern dieses Umgangs mit der Thematik jedoch vorgeworfen, dass im Fall einer möglichen Verzweiflungstat von Angehörigen der politischen Rechten ähnliche Reaktionen von links zu erwarten wären.

Föderl-Schmid selbst und die „Süddeutsche“ haben mittlerweile von sich aus unabhängige Untersuchungen der Dissertation beziehungsweise der Artikel in Auftrag gegeben. Dies meldet der BR.



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