Frühjahrsgutachten: Ampelstreit schlecht für die Wirtschaft – Wachstum 2024 nur noch minimal

In ihrem Frühjahrsgutachten gehen Deutschlands führende Ökonomen von einem minimalen Wachstum in Höhe von 0,1 Prozent für das laufende Jahr aus. Sie bescheinigen der Ampel einen wesentlichen Anteil an der Verunsicherung und Lähmung in der Wirtschaft.
Führende Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre neue Konjunkturprognose vorgestellt (Symbolbild).
Führende Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre neue Konjunkturprognose vorgestellt (Symbolbild).Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Von 28. März 2024

Keine Dynamik, bestenfalls ein minimales Wirtschaftswachstum und wenig Vertrauen in die Regierung – so skizzieren Deutschlands führende Ökonomen den Zustand der deutschen Wirtschaft im Jahr 2024. Am Mittwoch, 27. März, legten sie ihr Frühjahrsgutachten vor, und dabei sparten sie auch nicht mit Kritik an der Ampel. Deren Uneinigkeit trage noch zusätzlich zur Verunsicherung bei.

Die Gemeinschaftsdiagnose – so der offizielle Name für das Papier – ist eine gemeinschaftliche Analyse und Prognose bezüglich der Wirtschaftsentwicklung. Das Bundeswirtschaftsministerium gibt sie in Auftrag. Jährlich erscheinen zwei Gutachten – eines im Frühjahr und eines im Herbst. Erstmals erschien das Papier 1950. Derzeit sind die Institute DIW, ifo, IfW, IWH und RWI mit der Erstellung betraut.

Wachstumsprognose im Frühjahrsgutachten deutlich nach unten korrigiert

Deutlich nach unten korrigiert haben die Forscher ihre eigene Wachstumsprognose vom vergangenen Herbst. Anstelle von 1,3 geht man im Frühjahrsgutachten für 2024 nur noch von 0,1 Prozent mehr Wirtschaftsleistung aus. Die Bundesregierung rechnet mit 0,2 Prozent, im Herbst des Vorjahres war ein Minus von 0,3 Prozent zu verzeichnen.

Dabei machen die Unternehmen immer noch Gewinne, erläutert die „Tagesschau“ – allerdings im Ausland. Dort investieren sie auch immer häufiger. Das Frühjahrsgutachten weist insbesondere auf die hohen Energiepreise als die Entwicklung begünstigenden Faktor hin und auf die Chemieindustrie. Diese habe besonders häufig Produktionen ins Ausland verlagert.

Dass die Börsen dennoch Höchststände erreichen, sei ein Anlass zur Hoffnung – immerhin drückten diese auch Hoffnungen auf bessere Zeiten aus. Und einige Hoffnungsschimmer gebe es auch: Die Inflation sei rückläufig, die Löhne stiegen. Zusammen mit möglichen Zinssenkungen könnte das den Konsum ankurbeln. Immerhin hatte erst vor knapp einer Woche die Schweizerische Nationalbank den Leitzins gesenkt.

„Erkennbar höhere“ Unsicherheit als in anderen Ländern“

Aus Sicht der Ökonomen könnte diese wirtschaftliche Erholung allerdings erst frühestens im nächsten Jahr Platz greifen. Für 2025 geht das Frühjahrsgutachten von einem Wachstumsplus von 1,4 Prozent aus. Auch der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, rechnet mit einem Zuwachs zwischen 1,0 und 1,5 Prozent.

An der Ampelregierung und ihrem eigenen Auftraggeber, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, lassen die Wirtschaftsforscher hingegen kaum ein gutes Haar. Sie attestieren den Beteiligten, durch ihre Uneinigkeit in zentralen Fragen für die Zukunft des Standortes zu einer „erkennbar höheren“ Unsicherheit beizutragen, als dies bei Regierungen in anderen Ländern der Fall sei. Dies betonte Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) anlässlich der Präsentation.

Der fehlende Konsens über Fragen wie die Schuldenbremse oder die Finanzierung des geplanten „Wirtschaftswende“-Pakets habe zum Einbruch der Investitionen beigetragen. Zudem mache sich ein erhöhter Krankenstand in den Unternehmen bemerkbar. Dieser schlage auch in einem Produktivitätsrückgang zu Buche.

Frühjahrsgutachten mahnt Klarheit in der Rentenpolitik an

Torsten Schmidt vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung übte deutliche Kritik am Leitmotiv der Wirtschaftspolitik von Minister Habeck. Dieser setze auf Subventionen in Milliardenhöhe für einzelne Unternehmen – etwa Thyssen-Krupp. Gleichzeitig lasse er Lösungen vermissen, wenn es um die Rahmenbedingungen für Wachstum oder Fragen zur künftigen Energieversorgung gehe.

Timo Wollmershäuser vom ifo sieht auch das politische Schweigen zu entscheidenden Zukunftsfragen, die die Bürger beschäftigen, als Faktor zur Schwächung des Wirtschaftsstandortes. So lasse die Regierung insbesondere mit Blick auf die Rente nicht erkennen, wie sie diese künftig sichern wolle.

Man schenke den Bürgern keinen reinen Wein ein, wenn es um Notwendigkeiten wie die Verlängerung der Lebensarbeitszeit gehe. Anlässlich der Präsentation des „Rentenpakets II“ vor wenigen Wochen wies die Bundesregierung dieses Ansinnen kategorisch zurück. Beim ifo sieht man auch die erforderliche private Altersvorsorge der Bürger als Faktor für ausbleibenden Konsum.

Habeck sieht Signal für „allmähliche Erholung“

Bezüglich der Schuldenbremse bleiben die Wirtschaftsforscher uneinheitlich. Zwar zeigten sie sich bei der Vorstellung des Frühjahrsgutachtens bezüglich einer „behutsamen Reform“ aufgeschlossen. Diese könne beispielsweise in längeren Übergangsfristen zurück zur strikten Haushaltsdisziplin bestehen.

Allerdings warnte Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) auch vor falschen Schlussfolgerungen. So gebe es keine belastbaren Hinweise dafür, dass die Schuldenbremse die Konjunktur lähme. Stattdessen erfülle sie ihre Aufgabe einer Stabilisierung der Staatsfinanzen.

Bundeswirtschaftsminister Habeck sieht trotz der Kritik im Frühjahrsgutachten einen Beweis dafür, dass die Regierung auf dem richtigen Weg sei. Das Gutachten mache Hoffnung auf eine „allmähliche Erholung“. Energiepreise und Inflation hätten sich „beruhigt“. Weiter erklärt er:

„Intensiv arbeiten wir am Bürokratieabbau, die Türen für Fachkräfte haben wir weiter geöffnet, die Energiewende kommt solide und planmäßig voran.“



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