Ökonomen: Deutscher Lebensstandard erlebt stärksten Einbruch seit 1950

Hohe Energiepreise, stark gesunkene Reallöhne, Rückgang des BIP. Die Energiekrise und die Reaktion der Bundesregierung darauf haben eine Wirtschaftskrise in Deutschland ausgelöst, so zwei Ökonomen in einer neuen Studie. Der gesunkene Lebensstandard habe zudem den Aufstieg der AfD befördert.
Studie: Deutscher Lebensstandard erlebt stärksten Einbruch seit 1950
Die Energiekrise hat negative Auswirkungen auf den Lebensstandard der Deutschen.Foto: iStock
Von 27. März 2024

Die Energiekrise in Deutschland dauert seit nunmehr rund drei Jahren an.

Während Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sie jüngst für beendet erklärt hat, widersprechen Vertreter der Industrie entschieden dem Vizekanzler.

Hohe Kosten für Energie haben zu dem bis heute größten Einbruch des Lebensstandards in Deutschland seit dem Jahr 1950 beigetragen. Zudem ist es zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung gekommen, der mit der Finanzkrise aus dem Jahr 2008 vergleichbar ist.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue Studie mit dem Titel „Can Price Controls be Optimal? The Economics of the Energy Shock in Germany“ (Können Preiskontrollen optimiert werden? Die wirtschaftlichen Folgen der Energiekrise in Deutschland). Die Autoren der Studie, die am 18. März erschien, sind zwei führenden deutschen Wirtschaftswissenschaftler, Prof. Tom Krebs von der Universität Mannheim und Prof. Isabella Weber von der University of Massachusetts in den USA.

Langfristige wirtschaftliche Schäden

In der Arbeit analysieren die beiden ehemaligen Wirtschaftsberater der Bundesregierung unter anderem die Entwicklung der Reallöhne in Deutschland. Diese seien im Jahr 2022 so stark gesunken wie in keinem anderen Jahr seit Beginn der Datenerfassung im Jahr 1950. Das Minus betrug in jenem Jahr rund vier Prozent. Hinzu kommen die hohen Inflationsraten der vergangenen Jahre.

Lebensstandard

Entwicklung der Reallöhne in Deutschland von 1950 bis 2022. Foto: mf/Epoch Times, Daten: Forum New Economy Working Papers

Am härtesten habe die Krise Arbeitnehmer mit geringem und mittlerem Einkommen getroffen, schreiben die Autoren. Ebenso habe das verarbeitende Gewerbe deutliche Einbußen erlebt. Hierfür errechneten die Autoren einen Produktionsverlust von sechs Prozent für die Industrieproduktion vom zweiten Quartal 2022 bis zum ersten Quartal 2023.

Die beiden Volkswirte fanden deutliche Anzeichen dafür, dass die Energiekrise auf lange Sicht wirtschaftliche Schäden in Deutschland verursache.

Insgesamt habe lag die gesamtwirtschaftliche Produktion Anfang 2024 rund sieben Prozent unter der Vor-Corona-Zeit gelegen. Gleichzeitig waren die Reallöhne zehn Prozent niedriger als noch vor der Pandemie.

Weber und Krebs sind überzeugt, dass die deutsche Regierung zu Beginn der Energiekrise diese gut gemeistert habe. Im späteren Verlauf wäre sie aber zu zögerlich mit der Einführung einer Energiepreisbremse gewesen. Die Ampel habe es versäumt, entschlossen auf die gestiegene wirtschaftliche Unsicherheit zu reagieren.

Die Autoren der Studie warnten zudem davor, dass die 2020er-Jahre ein „verlorenes Jahrzehnt für Deutschland und für Europa“ werden könnte. Deutschland müsse es schaffen, seine Industrie vor den Folgen des Energiepreisanstiegs zu schützen. Die hohen Energiepreise stellten eine besonders hohe Belastung für die energieintensive Industrie dar. Diese sei bereits 2022 in eine „tiefe Rezession“ abgerutscht.

Das einstmals wirtschaftsstärkste Land Europas sei nun das am langsamsten wachsende aller Euro-Staaten. Das Bruttoinlandsprodukt fiel im letzten Jahr um 0,3 Prozent im Vergleich zum Jahr zuvor. Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) war dies das erste Mal seit dem Corona-Krisen-Jahr 2020, dass Deutschland ein Minus verzeichnete.

Dafür stiegen die Lebenshaltungskosten stärker an als die durchschnittliche Preissteigerung, was auch die Studie darstellt. Am stärksten seien aber die Preise für Energie gestiegen.

Aufstieg der AfD als Konsequenz

Bei einer Wirtschaftskrise und dem spürbaren Rückgang der Lebensstandards der unteren und mittleren Schichten entstand Frust in der Gesellschaft und Unzufriedenheit mit der Regierung. Das spiegelte sich in den Umfragewerten wider. Anfang Januar ergab eine Erhebung des ARD „DeutschlandTrends“, dass 82 Prozent der Befragten unzufrieden oder sehr unzufrieden mit der Bundesregierung seien.

Die Umfragewerte der AfD hingegen sind seit dem Energiekrisenjahr 2022 deutlich angestiegen und liegen indessen oft bei rund 20 Prozent. Die Autoren füllt das mit Sorge. Weber und Krebs schrieben: „Die Zustimmungswerte für die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) korrelieren deutlich mit den politischen Entscheidungen der deutschen Regierung, die die wirtschaftliche Unsicherheit erhöht haben, beziehungsweise einen starken Anstieg der wirtschaftlichen Unsicherheit nicht ausreichend reduziert haben.“ In anderen Worten, mit einem Einbruch des Lebensstandards in Deutschland steige dazu die Popularität der zweitgrößten Oppositionspartei.

Weber war früher wissenschaftlicher Beirat des Wirtschaftsministeriums. Dieser erhielt von der deutschen Regierung den Auftrag, eine Energiepreisbremse für Unternehmen und Haushalte im Jahr 2022 zu entwerfen. Mitautor Krebs war damals ein leitender Berater im Finanzministerium unter dem derzeitigen Bundeskanzler Olaf Scholz.



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