Islamisten-Demo: Faeser will hart durchgreifen, Buschmann schlägt Auswanderung vor

Die Gruppierung „Muslim Interaktiv“, die der in Deutschland 2003 mit einem Betätigungsverbot versehenen Vereinigung „Hizb ut-Tahrir“ nahesteht, sonnt sich in republikweiter Aufmerksamkeit. Rufe nach einem Verbot werden laut. Die CDU klagt über die Ablehnung eines von ihr eingebrachten Antrags.
Im Hamburger Stadtteil St. Georg protestierten am Samstag mehr als 1000 Menschen gegen eine angeblich islamfeindliche Politik und Medienkampagne in Deutschland.
Im Hamburger Stadtteil St. Georg protestierten am 27. April 2024 mehr als 1.000 Menschen gegen eine angeblich islamfeindliche Politik und Medienkampagne in Deutschland.Foto: Axel Heimken/dpa
Von 30. April 2024

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Der Aufmarsch der extremistischen Dschihadisten-Gruppierung „Muslim Interaktiv“ am Samstag in Hamburg beschäftigt mittlerweile die Politik in Deutschland. Etwa 1.100 Personen hatten sich dort versammelt, um die Errichtung eines „Kalifats“ zu fordern und gegen eine deutsche „Wertediktatur“ zu protestieren. Die Gruppierung gilt als eine Art inoffizielles Nachfolgeprojekt zur 2003 verbotenen Dschihadistensekte „Hizb ut-Tahrir“. Zu den Schwerpunkten der Vereinigung gehört aggressive und delegitimierende Agitation gegen den Staat Israel.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser nannte Kundgebungen wie jene vom Samstag „schwer erträglich“. Sie lobte jedoch die Polizei in der Hansestadt dafür, dass diese „mit einem Großaufgebot Straftaten entgegengewirkt“ habe. In einem Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ äußerte sie, es müsse ein „sofortiges, hartes Einschreiten bei Demonstrationen geben“, sobald es zu Straftaten wie Terrorpropaganda für die terroristische Hamas komme.

Statements von Faeser und Scholz

Faeser stellte der Gruppierung Konsequenzen in Aussicht. Sie verwies darauf, dass Deutschland Terrororganisationen wie die Hamas oder gewaltbereite Extremisten wie die Gruppe „Samidoun“ verboten habe. Das bedeute:

Jedwede Betätigung ist untersagt und eine Straftat, dazu gehören auch Propagandareden.“

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich am Montag in Berlin zu der Dschihadisten-Kundgebung zu Wort gemeldet. Er betonte:

„Eins muss klar sein: Alle Straftaten, überall dort, wo gegen Gesetze der Bundesrepublik Deutschland verstoßen worden ist, müssen verfolgt werden.“

Gegen Umtriebe dieser Art müsse „mit den Möglichkeiten und Handlungsoptionen unseres Rechtsstaates vorgegangen werden“. Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann meldete sich zu Wort und äußerte auf X:

Wem ein Kalifat lieber sein sollte als der Staat des Grundgesetzes, dem steht es frei auszuwandern.“

Antrag der CDU in der Bürgerschaft abgelehnt

Die CDU in Hamburg hat unterdessen angekündigt, den Aufmarsch von „Muslim Interaktiv“ unter dem Motto „Das Kalifat ist die Lösung“ zum Thema im Innenausschuss der Bürgerschaft zu machen. Fraktionschef Dennis Thering forderte Bundesministerin Faeser zu zügigem Handeln auf.

Es reiche nicht aus, so Thering am Montag, dass diese den Aufmarsch „schwer erträglich“ finde, sie müsse „jetzt handeln und ein Verbotsverfahren“ gegen „Muslim Interaktiv“ veranlassen.

Thering übte in diesem Zusammenhang Kritik an SPD und Grünen dafür, dass diese in der Vorwoche in der Hamburger Bürgerschaft einen Antrag der CDU auf ein Verbot der Gruppe abgelehnt hatten. Diese müssten sich nun „fragen lassen, warum diese Hetze auf Hamburgs Straßen ungestört zugelassen wird“.

Hamburgs Innensenator Andy Grote sprach im Zusammenhang mit der Kundgebung von einem „Schaulaufen von Islamisten“. Dieses „ist unerträglich und widert mich an“, ergänzte er. Der innenpolitische Sprecher der SPD, Sören Schuhmacher, sieht es als Aufgabe der Sicherheitsbehörden an, die Voraussetzungen für ein mögliches Verbot von „Muslim Interaktiv“ zu prüfen.

„Dazu bedarf es keiner Anträge der CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft.“

Dies umso mehr, als, wie Grünen-Politikerin Sina Imhof erläutert, der Bund für ein solches Verfahren zuständig sei. Hamburg könne allerdings die Präventionsarbeit gegen Umtriebe dieser Art ausbauen.

„Muslim Interaktiv“ meidet offizielle Strukturen

Ein Verbot von „Muslim Interaktiv“ setzt eine umfangreiche Sammlung von Material voraus, zumal die Vereinigung offenbar nicht als Verein, sondern als Netzwerk ohne feste Strukturen organisiert ist. Dem Hamburger Verfassungsschutz ist die Gruppierung seit 2020 bekannt. Ähnlich wie die Zusammenschlüsse „Generation Islam“ und „Realität Islam“, die ebenfalls Hizb ut-Tahrir nahestehen, setzt sie vorwiegend auf Propaganda in sozialen Medien.

Inoffizieller Anführer der Gruppe ist der 25-jährige Lehramtsstudent Joe Adade „Raheem“ Boateng. Innerhalb der muslimischen Community in Deutschland sind Boateng und „Muslim Interaktiv“ isoliert – selbst unter sehr konservativen Muslimen. Dies liegt unter anderem daran, dass er den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Videos scharf kritisiert.

Bei nicht in ihren Communitys eingebundenen Jugendlichen scheint „Muslim Interaktiv“ jedoch eine gewisse Reichweite entfalten zu können. Das hat damit zu tun, dass die Vereinigung geschickt die sozialen Netzwerke nutzt. Während die Gruppe auf Facebook lediglich 525 Likes hat und der letzte Eintrag vom Oktober datiert, sind es auf YouTube 16.300 und auf TikTok 21.400 Abonnenten, die den Kanal verfolgen. Instagram scheint den offiziellen Kanal geschlossen zu haben, allerdings hatte die Vereinigung offenbar bereits Ersatz vorbereitet.

Neben dem Verbreiten von Hassrede gegen Israel greift die Gruppierung vor allem Alltagsthemen und Probleme wie Islamophobie oder Diskriminierung auf. Dies sichert ihr vor allem in sozialen Medien eine hohe Reichweite.

Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate: „Unglaublich, inakzeptabel und unverständlich“

Ein Verbot der Kundgebung sei am Wochenende nicht infrage gekommen, äußerte Hamburgs Polizeipräsident Falk Schnabel gegenüber dem NDR. Das Versammlungsrecht knüpfe nicht an Inhalte an, sondern an eine Gefahrenprognose bezüglich Straftaten. „Muslim Interaktiv“ habe aber in einem Programmpapier den Geltungsanspruch des Grundgesetzes zumindest verbal anerkannt und sei bisher nicht durch Gewalt in Erscheinung getreten.

Der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate in Deutschland, Ahmed Alattar, übte unterdessen scharfe Kritik an der Kundgebung. Auf X schrieb er, es sei „unglaublich, inakzeptabel und unverständlich“, wie sich Menschen, die in Deutschland eine Heimat gefunden hätten, gegen das Land wendeten.

 



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