Höchstleistung für Minigehalt – Union will Hungerlohn für Medizinstudenten abschaffen

Wertschätzung sieht anders aus. In Zeiten von Fachkräftemangel werden angehende Ärztinnen und Ärzte nur selten angemessen in ihrem Praktischen Jahr entlohnt. Die Union will das ändern.
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Der Freude auf das Praktische Jahr im Medizinstudium folgt oft die Ernüchterung.Foto: iStock
Von 14. April 2024

Trotz Überstunden, Nachtschichten und Wochenenddiensten werden die Medizinstudenten in ihrem Praktischen Jahr von Unikliniken nicht selten mit einer Aufwandsentschädigung abgefunden, die unterhalb des gesetzlichen Mindestlohnes liegt.

Daher fordert die Union eine einheitlich geregelte Aufwandsentschädigung für Medizinstudenten, wie aus dem Antrag der Fraktion von CDU/CSU vom 9. April 2024 hervorgeht.

„Eine exzellente Gesundheitsversorgung steht und fällt mit der Qualität der Ausbildung junger angehender Ärztinnen und Ärzte“, mahnt die Union in ihrem Antrag. Die Aufwandsentschädigung bedürfe einer einheitlichen Regelung auf Landes- oder Bundesebene, damit Studenten sich nicht primär wegen der Höhe der Vergütung, sondern aufgrund der Lehrqualität und des -angebots ihren Klinikort aussuchen.

Das praktische Jahr – auch als PJ bekannt –ist der letzte Abschnitt des Medizinstudiums, den Studenten zwölf Monate lang in einer Universitätsklinik oder einer von der Universität anerkannten Klinik vollbringen. Ziel ist es, die Medizinstudenten auf die selbstständige ärztliche Tätigkeit vorzubereiten und ihr Wissen zu vertiefen.

Elf Prozent der PJ-Studenten ohne Entschädigung

Ein PJ-Ranking aus September 2023 zeigte die bestbezahlenden Kliniken in Deutschland. Demnach lag die höchste Aufwandsentschädigung für das praktische Jahr bei 861 Euro monatlich, die Studenten bei der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach und der Rheinhessen-Fachklinik Alzey erhielten.

Im zweitplatzierten DRK-Krankenhaus Mölln-Ratzeburg gab es immerhin noch 800 Euro pro Monat, während in Bayern angehende Studenten am Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim (Platz 3) 784 Euro monatlich bekamen.

Im November 2023 berichtete das „Ärzteblatt“, dass die Unimedizin Rostock seinen PJlern künftig 60 Prozent mehr zahlen werde. Doch der Schein trügt. Denn der Betrag lag lediglich bei 150 Euro monatlich, sodass die Medizinstudenten sich in Rostock seit November über immerhin 400 Euro monatlich freuen können.

Eine Umfrage unter rund 1.700 angehenden Medizinern sowie Ärzten, deren praktisches Jahr nicht länger als drei Jahre zurücklag, zeigte im Rahmen des „PJ-Barometers 2023“, dass ein Großteil der Befragten (78 Prozent) auf elterliche Zuwendungen angewiesen ist. 52 Prozent finanzieren sich ihren Lebensunterhalt aus einer Kombination von Aufwandsentschädigung und familiärer Unterstützung.

Knapp 17 Prozent erhielten nur bis zu 300 Euro Aufwandsentschädigung im Praktischen Jahr; elf Prozent bekamen keinerlei Geld- oder Sachleistungen der Ausbildungsstätte.

Das kommt selbst bei renommierten Kliniken wie der Charité vor, berichtete kürzlich die „Berliner Zeitung“. Begründet wurde dies mit aktuell fehlenden finanziellen Mittel. Auch in besseren Zeiten hätten die PJ-Studenten keinerlei Vergütung bekommen, wissen Betroffene zu berichten. Nichts zu zahlen sei Tradition an der Charité, wenn auch eine schlechte.

Ausbildungsziel verfehlt

Während ihres Praktischen Jahres sollen Medizinstudenten Erfahrungen am Patienten sammeln, doch dies gelingt nicht überall. So berichtet ein angehender Chirurg aus Berlin im Portal „PJ-Ranking“ von seinem Praktikum: „Man darf praktisch nie etwas selber machen im OP. Deshalb verbringt man den Alltag zum größten Teil auf Station. Die Chirurgen haben keine eigene, die Patienten liegen überall verteilt, man läuft also den ganzen Tag hin und her.“

Dass Studenten im Praktischen Jahr zu Routinetätigkeiten wie Blutabnahmen, Botengänge und Dokumentationen eingesetzt werden, um den überlasteten Stationsalltag am Laufen zu halten, ist kein Geheimnis.

„Angesichts der schwierigen Personalsituation sind PJler überall dort im Einsatz, wo sie gerade in der Versorgung gebraucht werden“, heißt es im PJ-Barometer.

Dabei sind die Lehrkrankenhäuser und Unikliniken zu einer guten praktischen Ausbildung gesetzlich verpflichtet, kommentierte Pauline Graichen, Vorsitzende des Sprecherrates der Medizinstudenten im Marburger Bund, die Ergebnisse der Befragung. Es gehe nicht im Praktischen Jahr doch nicht darum, die angehenden Ärzte als „Lückenbüßer zu missbrauchen“.

 



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