Kiesewetter zum Ukraine-Krieg: Im Hintergrund gibt es noch ganz andere Ziele

Der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter ist offenbar nicht nur an einem Sieg der Ukraine gegen Russland interessiert, sondern erhofft sich auch den Zugang zu Rohstoffen, die im Boden der Ostukraine lagern. Das ließ Kiesewetter im ARD-Interview durchblicken.
Besonders im Osten der Ukraine halten die Gefechte weiter an.
Ukrainische Soldaten.Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa
Von 21. Dezember 2023

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Steckt noch etwas ganz anderes hinter der deutschen Unterstützung für die Ukraine als nur Solidarität für ein angegriffenes Land und die Angst davor, selbst überrollt zu werden? Das lässt eine Aussage des CDU-Bundestagsabgeordneten und Ex-Offiziers Roderich Kiesewetter vermuten.

Der Außen- und Verteidigungsexperte hatte am 17. Dezember in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin extra“ im Gespräch mit Moderator Matthias Deiß eingeräumt, dass es „im Hintergrund“ noch ganz andere Ziele gebe:

Wenn Europa die Energiewende vollziehen will, braucht sie [sic] eigene Lithium-Vorkommen. Die größten Lithium-Vorkommen in Europa liegen im Donezk-Lugansk-Gebiet.“

Kämpfen für die „Energiewende“?

Die Lithium-Vorkommen seien auch der Grund dafür, dass Russland das Gebiet eingenommen habe, meinte Kiesewetter. Auf diese Weise würden „wir“ abhängig gemacht, was den Bau von Elektromotoren für die „Energiewende“ angehe. „Eine mögliche Kompromisslinie würde Geländeverzicht bedeuten. Und das wär‘ für Putin der Sieg“, erklärte Kiesewetter. Putin schaffe dann ein „Rollenmodell für Vučić, für Serbien, den Kosovo oder in Bosnien“.

Der Oppositionspolitiker machte sich deshalb erneut für ein noch stärkeres Engagement der Bundesrepublik vor Ort stark: „Es ist noch nicht zu spät“, so Kiesewetter. „Aber es bedarf der Lieferung von Taurus – als Symbol, aber eben auch einer klaren Aussage, dass die Ukraine eine Zukunft in der NATO hat, dass also Russland kein Mitspracherecht hat in der NATO.“

Dass die EU grünes Licht für Beitrittsverhandlungen gegeben habe, sei „gut“. Die Ukraine führe immerhin einen „Stellvertreterkrieg“, um weitere Angriffskriege Russlands „gegen das Baltikum und Moldau“ zu verhindern. Die Ukraine dürfe nun nicht „einem Scheinkompromiss geopfert“ werden. Das hätte zudem eine „Massenflucht“ der Ukrainer und „Racheakte“ der Russen zur Folge: „Wenn die Ukraine zerfällt, sind die Folgekosten viel größer, als wenn wir jetzt viel stärker reingehen“, argumentierte der frühere Oberst (Video ab ca. 8:30 Min. auf „YouTube“).

Kritik an der Bundesregierung

Kiesewetter bedauerte, dass sich die Bundesregierung bislang zu sehr zurückgehalten habe: Noch immer sei Deutschland „nicht an der Kampfjetkoalition beteiligt“. Schon die Auslieferung von Kampf- und Schützenpanzern sei „viel zu spät“ erfolgt, und auch die deutsche Rüstungsindustrie habe nicht die entsprechenden Aufträge und Finanzierungszusagen für die Geschossproduktion erhalten. Zudem habe die Regierung in der Frage der Taurus-Marschflugkörper „falsche Signale“ an Briten, Franzosen und Ukrainer gesendet, indem sie „von einer Frage der Zeit“ gesprochen habe. Überhaupt liege derzeit vieles im Argen:

Im Moment sieht es so aus, dass wir nicht mal das Minimalziel des Kanzlers, dass die Ukraine nicht verlieren darf, erreichen.“ (Roderich Kiesewetter)

Dass der Kanzler zuletzt erkannt habe, dass „wir mehr tun müssen“, sei „spät genug“ erfolgt, kritisierte der Militärexperte. Bislang sei „viel zu wenig geliefert“ worden. Bis dato sei es Deutschland auch „nicht gelungen, eine Kampfpanzerkoalition zu schmieden“. Polen und Spanien seien zu lange „hingehalten“ worden. Auch bei Produktion und Arbeitszeiten seien der Rüstungsindustrie nicht die nötigen Freiräume gewährt worden.

Scholz macht mindestens 14 Milliarden frei

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte der Ukraine am 13. Dezember öffentlich gleich zweimal versichert, auf Deutschland bauen zu können – bei der Kurzpräsentation des Haushaltskompromisses am Mittag (Video auf „YouTube“) und in seiner anschließenden Regierungserklärung (Video in der „ARD-Mediathek“). Scholz hatte betont, dass die Bundesrepublik zusammen mit Polen die Ukraine „beim Wiederaufbau, in Fragen der Sicherheit und Verteidigung und auf dem Weg in die Europäische Union“ unterstützen werde.

Trotz einer 17-Milliarden-Finanzierungslücke im Bundeshaushalt hatten sich Scholz und sein Kabinett zuvor darauf verständigt, im Jahr 2024 „acht Milliarden Euro für Waffenlieferungen […] und voraussichtlich über sechs Milliarden Euro zur Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge hier in Deutschland“ auszugeben. Daneben werde es zusätzliche „Finanzhilfen für den ukrainischen Haushalt, direkt oder über die Europäische Union“ geben, versprach Scholz. Und er kündigte noch mehr an:

Sollte sich die Situation durch Russlands Krieg gegen die Ukraine verschärfen, etwa weil die Lage an der Front sich verschlechtert, weil andere Unterstützer ihre Ukrainehilfe zurückfahren, weil die Bedrohung für Deutschland und Europa weiter zunimmt, dann werden wir darauf reagieren müssen.“

Scholz hatte damit auf die Option angespielt, per „Überschreitensbeschluss“ eine „Notsituation“ gemäß Artikel 115 GG feststellen zu lassen, um gegebenenfalls noch mehr Geld für die Ukraine locker machen zu können. Die „Schuldenbremse“ wäre dann für den Bundeshaushalt abermals ausgehebelt – zugunsten der Ukraine. Und zulasten künftiger Generationen in Deutschland.

Begeisterung in den USA gedämpft

Die Entschlossenheit, der Ukraine unbedingt zum Sieg verhelfen zu wollen, hatte in den Vereinigten Staaten während der vergangenen Monate immer mehr nachgelassen. Am 19. Dezember war wenig überraschend gemeldet worden, dass der US-Kongress bis Ende des Jahres 2023 keine neuen Militärhilfen beschließen wird.

Erst wenige Tage zuvor war der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj persönlich nach Washington gereist, um neue Hilfen zu erbitten. In Rede stehen von amerikanischer Seite Hilfsleistungen im Wert von rund 61 Milliarden US-Dollar (knapp 56 Milliarden Euro), für die sich US-Präsident Joe Biden seit Oktober starkmacht. Ohne das Okay des Kongresses dürfen allerdings keine Gelder freigegeben werden.

Militärexperte und Transatlantiker: Roderich Kiesewetter

Der gelernte Diplom-Kaufmann und frühere Oberst Roderich Kiesewetter, Jahrgang 1963, hatte offenbar schon als junger Mann ein Fable fürs Militär. Laut seiner Bundestagsbiografie engagierte er sich jahrzehntelang unter anderem bei der Bundeswehr, im Verteidigungsministerium und in der NATO – auch im Ausland. Zwischen 2011 und 2016 war er Präsident des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr.

2009 zog Kiesewetter über den Wahlkreis Aalen-Heidenheim in den Bundestag ein. Dort ist er seitdem für die Unionsfraktion in zahlreichen Gruppierungen vertreten – unter anderem im Auswärtigen Ausschuss, in der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) und als Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Nachrichtendienste des Bundes. Auch die Unterausschüsse für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung und für internationale Klima- und Energiepolitik gehören zu seinen Wirkungsstätten.

Eigenen Angaben zufolge arbeitet der zweifache Familienvater ehrenamtlich als Sprecher des 9. Beirats der Bundesakademie für Sicherheitspolitik und als Mitglied im Vorstand der Deutsch-Atlantischen Gesellschaft. Er gehört außerdem Denkfabriken wie der Atlantik-Brücke, der trilateralen Kommission, dem „European Council on Foreign Relations“ (ECFR), dem Lions-Club, dem Bundeswehr-Sozialwerk, der Clausewitz-Gesellschaft und dem Sozialverband VdK an.

Nach Angaben von „Wikipedia“ gehört Kiesewetter „zu den regelmäßigen Teilnehmern des seit 2013 von den Abgeordneten Jens Spahn und Omid Nouripour koordinierten Gesprächskreises von Bundestagsabgeordneten aus CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen, der sogenannten Pizza-Connection“.

Stichwort Lithium

Beim Leichtmetall Lithium handelt es sich wie bei Kobalt oder Nickel um ein chemisches Element. Diese begehrten Rohstoffe spielen derzeit noch eine große Rolle bei der Herstellung von Lithium-Ionen-Akkus, die man beispielsweise für Elektromotoren in E-Autos benötigt:

Für ein durchschnittliches E-Auto wie den Renault Zoé mit seiner Batterie von etwa 50 kWh braucht es etwa sechs bis neun Kilogramm Lithium. Bei entsprechenden Oberklassemodellen mit höherer Reichweite kann es leicht doppelt so viel sein.“ (Quelle: „Technik-Einkauf.de“)

„Eines der größten Lithium-Vorkommen Europas“ liegt in der „Oblast Donezk“ in der Ostukraine. „Laut Ukrainian Geological Survey verfügt die Ukraine über Reserven im Wert von rund 6,7 Milliarden Euro“ an „Lithium, Kobalt, Titan und Seltene[n] Erden“, meldete bereits Anfang September 2023 das ZDF. „Allein das Lithium-Vorkommen der Ukraine wird auf etwa 500.000 Tonnen geschätzt“. Ein Vorteil sei, dass die ukrainischen Ressourcen in „Magmagestein“ vorlägen, was die Extraktion „bei Weitem umweltfreundlicher“ macht als in vielen anderen Regionen. Insgesamt beherberge die Ukraine „22 der 30 Rohstoffe, die von der EU als kritische Rohstoffe eingestuft“ seien, so das ZDF.

Die EU habe bereits im Juli 2021 „mit der Ukraine ein strategisches Abkommen zur Gewinnung und Verarbeitung von kritischen Rohstoffen beschlossen“: Für die Politikwissenschaftlerin Olivia Lazard seien diese „für Europa entscheidend“, und zwar als „Rückgrat der Energiewende“. Bis zum „Sommer 2022“ hätten „die Hälfte der ukrainischen Rohstoffförderer“ allerdings „ihre Arbeit eingestellt“, bestätigte das ZDF.

Das australische Unternehmen „European Lithium“ mit seiner Europazentrale in Kärnten habe sich schon im Jahr 2021 Lagerstätten vor Ort „gesichert“, wie „Technik-Einkauf.de“ gemeldet hatte. Russland kontrolliere „große Teile der Lagerstätten in den Gebieten Donezk und Luhansk“ bereits seit 2014.

Über die mit 21 Millionen Tonnen weltweit größten Lithiumreserven verfügte nach Informationen des Magazins „GEO“ Bolivien. Das südamerikanische Land gehöre aber nicht zu den größten Förderern.

Nach Angaben des „Bundesamts für Statistik“ wurden 2022 weltweit 26 Millionen Tonnen Lithium gewonnen. Der Löwenanteil stammte mit 9,3 Millionen Tonnen aus Chile. Nennenswerte Mengen wurden auch in Australien (6,2 Mio. t), Argentinien (2,7 Mio. t), China (2,0 Mio. t), den USA (1,0 Mio. t) und Kanada (0,93 Mio. t) abgebaut. In Europa war Portugal mit 60.000 Tonnen Förderland Nummer eins. Weitere Lithium-Vorkommen existieren nach Informationen des Portals „Technik-Einkauf.de“ in Tschechien, Frankreich und Deutschland.



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