Mitarbeiter von AfD-Spitzenkandidat Krah festgenommen: Hat Jian G. für China spioniert?

Mitarbeiter des Landeskriminalamts Sachsen haben in Dresden einen engen Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah verhaftet. Der chinesischstämmige Referent steht im Verdacht, für die Regierung seiner Heimat spioniert zu haben. Krah zeigt sich überrascht.
Der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl: Maximilian Krah.
Das Archivfoto zeigt den AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl Maximilian Krah. Einer seiner Mitarbeiter soll für China Ausspähdienste erledigt haben.Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Von 23. April 2024

Dr. Maximilian Krah, der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl, muss womöglich erst mal auf seinen Referenten Jian G. verzichten: Dem deutschen Generalbundesanwalt (GBA) zufolge wurde G. am 22. April 2024 in Dresden von Beamten des Landeskriminalamts Sachsen festgenommen. Den Auftrag dazu soll der GBA Jens Rommel gegeben haben. Zuvor soll es nach Darstellung der „Zeit“ einen „Hinweis“ vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gegeben haben.

Der 43-jährige G. steht im Verdacht, im Auftrag des chinesischen Geheimdienstes spioniert zu haben. Im Raum stehe der Vorwurf einer „geheimdienstliche[n] Agententätigkeit in einem besonders schweren Fall“. Nun ermittele das Bundeskriminalamt. Zunächst aber soll G. nach Karlsruhe verbracht werden: Ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs soll im Laufe des Tages entscheiden, ob der Tatverdächtige die Untersuchungshaft antreten müsse.

Krah kündigte an, dass er seinen Mitarbeiter unverzüglich entlassen werde, falls sich das Anschuldigen als wahr erweisen sollten. Ihm lägen auch nur jene Informationen vor, die er aus der Presse erfahren habe, schrieb der EU-Abgeordnete auf seinem X-Kanal.

Spähdienste für China?

Nach Angaben der „Tagesschau“ geht die Generalbundesanwaltschaft (GBA) davon aus, dass G. Informationen über oppositionelle Exilchinesen, die in Deutschland leben, ausgespäht und an das chinesische Ministerium für Staatssicherheit (MSS) weitergeleitet habe. Außerdem soll G. das MSS mit Hintergrundinformationen aus dem EU-Parlament versorgt haben – über Kontakte zu einer „Art Führungsoffizier“, wie die „Zeit“ schreibt. Nach Informationen des „Spiegel“ wirft der GBA dem Tatverdächtigen vor, „seit Januar“ entsprechende Informantendienste ausgeübt zu haben. Womöglich aber sei er schon deutlich länger „für einen chinesischen Geheimdienst“ unterwegs. Die kommunistische Regierung Chinas hatte die Anschuldigungen laut „Zeit“ bereits zurückgewiesen.

Unterschiedliche Stimmen aus der AfD

Ein Sprecher der AfD reagierte bereits kurz nach Bekanntwerden des Sachverhalts mit einer kurzen Stellungnahme:

„Die Meldungen über die Verhaftung eines Mitarbeiters von Herrn Krah wegen Spionageverdachts sind sehr beunruhigend. Da uns derzeit noch keine weiteren Informationen zu dem Fall vorliegen, müssen wir die weiteren Ermittlungen des Generalbundesanwalts abwarten. Die Partei wird alles unternehmen, um die Aufklärung zu unterstützen.“

Innerhalb der Partei scheinen die Einschätzungen gespalten. Die EU-Abgeordnete Dr. Sylvia Limmer (AfD) äußerte via X ihre Kritik an Krah: Der sei „bereits die letzten 5 Jahre für die Delegation mit seiner abseitigen Haltung zu China, #Russland, den #USA, #Israel, #Frauen und vielem mehr“ ein „Problem“ gewesen. Seine Kandidatur verdanke Krah wohl der Fürsprache der beiden AfD-Bundessprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla: Sie sei für ihre China-Jahre bekannt, er für seine „zumindest verbale Nähe zu Russland“.

Gelassener gab sich nach Angaben der „Zeit“ Bernd Baumann, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Bundestag: „Wir gucken mal, was für Belege da jetzt wieder sein sollen und dann sehen wir weiter.“ Es sei schließlich Wahlkampf und der Verfassungsschutz versuche schon lange, der AfD zu schaden.

Mal pro, mal kontra KPC – doppeltes Spiel?

Bei G. handelt es sich laut „Tagesschau“ um einen deutschen Staatsbürger chinesischer Herkunft. Er sei „seit vielen Jahren“ selbst als Kritiker der chinesischen kommunistischen Partei (KPC) „im Ausland“ aktiv und unterhalte dementsprechende Kontakte in die Dissidentenszene.

Nach Informationen der „Zeit“ soll G. dabei eine Doppelrolle spielen: Einerseits soll er sich „in mehreren exilchinesischen Gruppen“ engagiert haben, zum Teil sogar als „Generalsekretär“. Dabei soll er etwa versucht haben, die Namen von Anhängern der anonymen „Weiße Blatt“-Aktivisten herauszubekommen. Andererseits sei G. auch als „glühender Anhänger des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping“ und als Befürworter eines Anschlusses Taiwans an China aufgetreten.

Vor über zehn Jahren soll G. zudem „deutschen Sicherheitsbehörden“ vorgeschlagen haben, für sie als „Informant“ zu arbeiten. Doch nach Angaben der „Tagesschau“ hätten die Behörden darauf verzichtet, weil sie G. im Verdacht gehabt hätten, nicht nur „unzuverlässig“, sondern auch ein Doppelagent Chinas zu sein.

Krah stellte G. 2019 nach jahrelanger Bekanntschaft ein

G. war nach Informationen der „Tagesschau“ 2002 als Student nach Deutschland eingereist, um in Dresden zu studieren. Später habe er als Geschäftsmann gearbeitet – nach „Spiegel“-Recherchen für die „Dependance eines chinesischen Solarunternehmens in Dresden“ und für eine „LED-Handelsfirma“. Der LED-Händler habe auch „transkulturelle Kommunikation zwischen Deutschland und China“ angeboten.

Bei einer Unternehmensgründung habe G. seinen aktuellen Vorgesetzten Krah in dessen damaliger Funktion als Rechtsanwalt kennengelernt, so die „Tagesschau“. Wie die „Zeit“ berichtet, soll das vor über zehn Jahren geschehen sein. Seinerzeit solle G. noch ein SPD-Parteibuch besessen haben. G.s Mitgliedschaft in der SPD sei allerdings „mittlerweile“ beendet. Er gehöre nun wohl der AfD an. Gegenüber der Presse habe es G. bislang stets abgelehnt, Fragen zu seinem Privatleben zu beantworten.

Krah habe G. als Assistenten für sein Brüsseler Büro eingestellt, nachdem er selbst 2019 für die AfD in das EU-Parlament eingezogen war. Der Dresdner AfD-Politiker soll G.s Qualitäten als „ausgewiesener Außenhandelsfachmann“ geschätzt haben. G. sollte ihm „beim Kontakt zum chinesischen Handelsattaché in Brüssel“ behilflich sein, wie die „Zeit“ berichtet. Nach Recherchen des „Spiegel“ soll Krah in der Partei für einen „chinafreundlichen Kurs“ eintreten.

Nach Angaben der „Zeit“ sollen Krah und G. schon kurz nach dessen Einstellung eine China-Reise unternommen haben. Der „Spiegel“ berichtet von einem Besuch Pekings und des Telekommunikationsriesen Huawei im November 2019. Danach solle Krah sich gegenüber der AfD-Bundestagsfraktion dafür starkgemacht haben, die „harte Haltung gegenüber Huawei“ aufzugeben.

Die in Berlin lebende chinesische Exiljournalistin Su Yutong postete auf X: G. sei immer aktiv im Kreis der chinesischen Demokratie-Aktivisten in Deutschland gewesen. Er stehe auch eng mit tibetischen Organisationen in Verbindung und habe den Dalai Lama in seinem Sitz in Dharamsala besucht.

Krah: Kontakte zu China, Russland und den USA

Der 47-jährige Maximilian Krah hatte schon zu Studienzeiten Kontakte nach China und in die USA aufgebaut. Der AfD war der achtfache Vater und Katholik nach Jahren der CDU-Mitgliedschaft laut Partei erst 2016 beigetreten. Bald habe er sich als stellvertretender Vorsitzender des AfD-Landesverbands Sachsen engagiert, 2022 sei er Mitglied im Bundesvorstand geworden.

Im Herbst 2019 ging Krah als EU-Abgeordneter nach Brüssel. Seinem Abgeordnetenporträt zufolge ist Krah derzeit Mitglied in vier EU-Parlamentsausschüssen, darunter in jenen für die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und für internationalen Handel. In Letzterem geht es auch um das China-Geschäft der Europäischen Union. Außerdem bekleidet Krah Ämter als stellvertretender Leiter in fünf Ausschüssen. Nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) arbeitet Krah auch als Vize-Vorsitzender der „informelle[n] Vereinigung“ „EU-China Friendship Group“. Er soll zudem enge Kontakte nach Russland unterhalten.

Trotz aller Kritik an seinen Beziehungen zu Russland, China, den USA und trotz seiner für viele angreifbaren Einstellungen war Krah Ende Juli 2023 in Magdeburg zum Spitzenkandidaten der AfD für die EU-Parlamentswahl 2024 gewählt worden. Die AfD setzt sich für einen neuen europäischen Bund anstelle der EU ein, für ein „Europa der Vaterländer“.

Bundesverfassungsschutz hatte die AfD im März 2021 als „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ eingestuft. Das Kölner Verwaltungsgericht hatte die Einstufung im März 2022 bestätigt. Die AfD legte Berufung ein. Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ist bisher nicht abgeschlossen.

Erst vor wenigen Tagen hatte Krah für ein Kuriosum gesorgt: Ganze sechseinhalb Stunden lang hatte der nach eigenen Worten „rechte“ Politiker sich den Fragen der beiden Journalisten Tilo Jung („Jung & Naiv“) und Hans Jessen gestellt. Danach räumten auch viele AfD-Gegner in den Kommentarspalten der sozialen Netzwerke ein, Krah zuvor falsch eingeschätzt zu haben. Mittlerweile haben mehr als 570.000 Menschen das Interview angeklickt (Video auf YouTube).

Der Fall Bystron

Zuletzt war mit Petr Bystron vor wenigen Wochen ein weiterer AfD-Politiker in die Schlagzeilen geraten, der auf der EU-Kandidatenliste der Partei direkt nach Spitzenkandidat Krah erscheint. Der 51-jährige gebürtige Tscheche hatte nach gemeinsamen Recherchen des „Spiegels“ und eines tschechischen Redaktionsnetzwerks im Verdacht gestanden, Bestechungsgelder aus russischen Quellen angenommen zu haben. Beweise für die Anschuldigungen konnten die Redaktionen allerdings noch nicht vorlegen.

Im Gegenteil räumte Ladislav Šticha, ein Sprecher des tschechischen Geheimdienstes BIS, nach Informationen des Journalisten Alexander Wallasch Mitte April 2024 ein, dass der Name Bystron in Tonbandaufnahmen des Geheimdienstes niemals genannt worden sei. Zuvor hatte auch der Chef des deutschen Geheimdienstes im Innenausschuss ausgesagt, dass er keine Tonbänder kenne, in denen von Bystron die Rede sei. Auf derartige Mitschnitte aber hatten sich die Rechercheure des „Spiegel“ berufen.

Die bislang haltlosen Anschuldigungen gegen Bystron waren am 11. April 2024 Gegenstand einer Aktuellen Stunde im Bundestag gewesen. Bystron sprach danach von einer „Diffamierungskampagne“.

Zwischen dem 6. und 9. Juni 2024 wird das neue EU-Parlament gewählt. In Deutschland öffnen die Wahllokale erst am Sonntag, 9. Juni.



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