Wegen Masken-Entscheidung zugunsten von Kindern: Weimarer Richter des Amtes enthoben

Vorläufiges Berufsverbot nach Urteil des Richterdienstgerichts, doch ein Einspruch vor der nächsthöheren Instanz ist möglich. Noch kein Termin für Verfahren wegen des Vorwurfs der Rechtsbeugung.
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Weil er das Tragen von Masken als Kindeswohlgefährdung ansah, ist ein Richter nun des Amtes enthoben worden.Foto: iStocks/Drazen Zigic
Von 26. Januar 2023

Weil ein Weimarer Amtsrichter am 8. April 2021 entschieden hatte, dass Schüler zweier Schulen keine Corona-Masken tragen müssen, darf er vorerst nicht mehr in seinem Beruf arbeiten. Das bestätigte das Richterdienstgericht am Landgericht Meiningen. Der Richter kann nun Beschwerde beim Dienstgerichtshof für Richter am Thüringer Oberlandesgericht einlegen.

Oberlandesgericht hob Beschluss wieder auf

Der Richter hatte seinerzeit entschieden, dass die Kinder an den beiden Schulen keine Masken tragen müssen. Damit hatte er bundesweit kontroverse Diskussionen ausgelöst, berichtet der „Mitteldeutsche Rundfunk“ (MDR). Das Bildungsministerium reichte daraufhin eine Beschwerde ein. Letztlich hob das Oberlandesgericht den Beschluss des Richters rund drei Wochen später wieder auf.

Gegen den Mann ist derzeit auch noch ein Strafverfahren vor dem Landgericht Erfurt wegen Rechtsbeugung anhängig. Die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass der Familienrichter für die von ihm gefällte Entscheidung nicht zuständig war. Er habe sich bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt.

Ihm sei es darum gegangen, die angebliche Unwirksamkeit und Schädlichkeit staatlicher Regeln zur Bekämpfung der Corona-Pandemie öffentlich wirksam darzustellen. Ein Termin für die Verhandlung steht noch nicht fest.

Drei umfangreiche Gutachten lagen vor

Was der MDR und andere Medien nicht schreiben, ist die Grundlage für das Urteil des Richters. So lagen ihm drei umfangreiche Gutachten vor, die in den Maßnahmen (Masken tragen, Tests, Abstand halten) eine mögliche Kindeswohlgefährdung sahen. Kurze Zeit nach seiner Entscheidung geriet der Richter ins Visier der Ermittlungen und sah sich unter anderem dem Vorwurf der Rechtsbeugung ausgesetzt.

Ende April 2021 hatte das Verwaltungsgericht Weimar die Maskenpflicht im Unterricht an Thüringer Schulen für rechtmäßig erklärt (Az 8 E 416/21). Die Richter wiesen in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass sie das Urteil des Weimarer Richters als „offensichtlich rechtswidrig“ ansehen.

Familiengerichte seien nicht befugt, Anordnungen gegenüber Behörden zu treffen. Dafür fehle es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage.

Staatsanwaltschaft sieht Zuständigkeit bei Verwaltungsgericht

Auch die Staatsanwaltschaft sieht nun „Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte willkürlich seine Zuständigkeit angenommen hat, obwohl es sich um eine verwaltungsrechtliche Angelegenheit handelte, für die ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist“.

Damit bestehe ein Anfangsverdacht, dass er sich bei dieser Entscheidung einer Rechtsbeugung schuldig gemacht habe, „indem er sich bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt hat, seine Entscheidung also von den gesetzlichen Vorschriften nicht mehr getragen wird, so dass sie willkürlich erscheint“.

Zwei Hausdurchsuchungen

Am 16. Juni 2021 hatte das Bundesverwaltungsgericht Leipzig in einem anderen Verfahren jedoch entschieden, dass die Zuständigkeit für Verfahren zu Kindeswohlgefährdungen bei Familienrichtern wie dem in Weimar liege und eben nicht bei Verwaltungsgerichten. Diese Entscheidung ist für alle Gerichte richtungsweisend.

Aber die Behörden ließen nicht locker. Am 29. Juni 2021 rückten die Beamten bei dem Richter zum zweiten Mal zur Durchsuchung an. Das erste Mal waren sie am 26. April, knapp drei Wochen nach dem Urteil, bei ihm.

Aber auch bei weiteren Personen klingelten Ermittler. Hausdurchsuchungen fanden auch bei der Rechtsanwältin der antragstellenden Kinder, der Gutachterin Prof. Dr. Ulrike Kämmerer statt.

Justizausschussvorsitzender bestätigte Amtsrichter

Ende April 2021 hatte der Vorsitzende des Justizausschusses im Thüringer Landtag, der Rechtsanwalt Stefan Möller (AfD), den Weimarer Richter in seiner Entscheidung bestätigt: „So ein Richter hat von Amts wegen zu entscheiden, ob die Kindeswohlgefährdung vorliegt, und in diesen Verfahren ist es durchaus auch möglich, beispielsweise staatliche Treiber/Einrichtungen auch zum Gegenstand von Anordnungen zu machen, und insofern kann man da in keiner Weise den Vorwurf der Rechtsbeugung daran knüpfen.“

Es sei zudem „keine vorsätzliche Fehlentscheidung“, was der Richter entschieden habe, es sei alles vertretbar. Es spreche sogar einiges dafür, dass er genauso entscheiden musste. Insofern sei die Anzeige wegen Rechtsbeugung durch eine Abgeordnete des rot-grünen Lagers in Thüringen nichts anderes als der Versuch, anderen, mit ähnlichen Sachen befassten Richtern vor Augen zu führen, wohin es führe, „wenn man seinen eigenen rechtlichen Überzeugungen folgt, anstelle den Opportunitätserwägungen der herrschenden Politik“, so Möller.

Das Netzwerk Kritischer Richter und Staatsanwälte (KRiSta) zeigte sich nach der ersten Hausdurchsuchung entsetzt über den „krassen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit“ und nannte die Aktion „Einschüchterung und Abschreckung“.

 

 

 



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