Die Mistel – ein sanfter Schmarotzer

Von 21. November 2013

Die immergrüne bei uns heimische Weiße Mistel wird erst im Winter, wenn die Bäume ihr Laub verlieren, sichtbar. Auf den Ästen der Bäume oder Sträucher sitzend zeigt sie sich jetzt in ihrer kugelig verzweigten Form, verziert mit dekorativen weißen Beeren, wie geschaffen für die Weihnachtszeit.

Die Weiße Mistel  ist ein sogenannter Halbparasit, der auf seiner Wirtspflanze wachsend sich von dieser ernährt. Durch besondere Saugorgane, den Haustorien, zapft sie die Leitungsbahnen ihrer Wirtspflanze an und entzieht ihr Wasser und Nährstoffe. Da sie jedoch über grüne Blätter verfügt, können Misteln die für Pflanzen lebensnotwendige Photosynthese selber ausführen und somit hält sich der Schaden, den sie der Wirtspflanze zufügen kann, in Grenzen. Misteln wachsen sehr langsam, ein Zweig wächst in einem Jahr nur ungefähr einen Zentimeter.  Erst im zweiten Jahr entwickelt  sich der erste verzweigte Spross mit den typisch festen, ledrigen Laubblättern. Bis die Pflanze ihre kugelige Form erreicht, vergehen allerdings viele Jahre. Möglicherweise sind die auf dem Weihnachtsmarkt angebotenen Mistelsträucher schon einige Jahre alt.

Schlau in der Verbreitung: Fortpflanzungsmethoden der Mistel

Die Mistel ist eine zweihäusige Pflanze. Ihre männlichen und weiblichen Blüten wachsen auf getrennten Pflanzen. Die Blüten entwickeln sich ab Februar. Um eine Fortpflanzung zu sichern, hat sich die Natur eine ganz besondere Verbreitungsmethode ausgedacht. Die weißen Beerenfrüchte dienen den Vögeln im Winter als Futter. Das Mistelbeereninnere besteht aus Samen und einer klebrigen Masse. Die klebrige Substanz bleibt am Schnabel der Vögel haften. Um das eklig klebrige Zeug wieder loszuwerden, wetzen die Tiere ihre Schnäbel an Ästen. So wird der Mistelsamen auf die umliegenden Bäume verteilt und kann sich entwickeln. Eine ausgesprochen praktische Methode. Zudem sind die Mistelsamen noch von einer unverdaulichen Schale umgeben, sie werden mit dem Vogelkot ausgeschieden. Auch diese Methode hilft bei der Verbreitung.

Die Mistel ist leicht giftig und zwar in allen ihren Teilen. Da die weißen Beeren besonders verlockend aussehen, sollten die an Weihnachten aufgehängten Mistelzweige unerreichbar für Kinder und auch für Haustiere sein.

Heilende Kräfte eines Schmarotzers

Schon  400 vor Chr. setzte Hippokrates gegen Fall- und Milzsucht Misteln ein und im Mittelalter war es die Mystikerin und Gelehrte Hildegard von Bingen, die die Mistel gegen Lebererkrankungen nutzte. Auch heilende Wirkung gegen Schwindel, Bluthochdruck, Migräne, Unfruchtbarkeit, Gicht und Ruhr wurde den immergrünen Parasiten im Laufe der Jahrhunderte zugeschrieben. Pfarrer Kneipp benutzte Mistelextrakte und noch heute wird das magische Kraut gegen allerlei Beschwerden in der Naturheilkunde  eingesetzt.

Der Begründer der Anthroposophie Rudolf Steiner erwähnte die Mistel das erste Mal als Therapeutikum gegen Krebs. Zusammen mit der Ärztin Ita Wegmann entwickelte er 1917 ein Mistelpräparat gegen diese schwer heilbare Krankheit, die Wirkung des Präparats ist jedoch noch immer nicht wissenschaftlich anerkannt.  Dennoch wird die Misteltherapie heute  in der anthroposophischen  und  der alternativen Medizin zur Behandlung bei Krebserkrankungen  eingesetzt.

Zaubertrank, Glücksbringer und Heilpflanze

Hexenbesen, Hexennest, Hexenkraut, Donarbesen, Bocksfutter, Geißkraut,  Wintergrün, heiliges Kreuzholz, Vogelkraut, Immergrün, Wintersamen, Druidenfuß,  … die Mistel hat viele, viele geheimnisvolle Namen. Im Altertum gab es keine Erklärung über die Herkunft, Entstehung und Wachstum der Mistel. „Wurde sie uns von den Göttern gesandt? Sicherlich hat sie Zauberkräfte. Sie beschützt und heilt uns“, so dachten und handelten die Menschen  früherer Zeiten. In der Zeit der Kelten wurde die faszinierende Mistel von den Druiden (Zauberer, Magier, Priester) als mystische, heilige Pflanze verehrt. Der goldene Zweig der Druiden war ein Mistelzweig. Ein Zaubertrank aus Misteln wurde gebraut, der Mut und Kraft verleihen und  unbesiegbar machen sollte.

Küssen unter dem Mistelzweig erlaubt

Das Küssen unter dem Mistelzweig ist in England, Skandinavien und Nordamerika noch heute ein beliebter Weihnachtsbrauch. Junge Leute küssen sich unter einem Mistelzweig,  der über einer Haustüre oder in der Wohnung aufgehängt wird. Es heißt, wer sich unter dem Mistelzweig küsst, hat Glück in der Liebe oder führt eine glückliche Ehe. Sieben Jahre soll dieses Glück anhalten.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion