Wenn Reisen mit einer Geige illegal wird

Für einige Musiker könnten Reisen mit einem Streichinstrument bald zu unangenehmen Fragen bei der Zollkontrolle führen.
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Braucht der Musiker für seinen Streichbogen demnächst eine amtliche Bescheinigung?Foto: iStock
Von 3. September 2022

Brasilien hat im Juni vorgeschlagen, Fernambukholz in die Listung der akut gefährdeten Tier- und Pflanzenarten aufzunehmen – in den sogenannten CITES-Anhang I. Damit würde der Handel mit dem Holz des brasilianischen Nationalbaums stark eingeschränkt oder ganz verboten. Bei der CITES-Konferenz vom 14. bis 25. November 2022 wird über diesen Vorschlag entschieden.

Das Problem daran ist: Fernambukholz ist seit dem 18. Jahrhundert weltweit das wichtigste Holz für Bogenbauer – Bögen für Geigen, Celli, Kontrabass und Co. sind nicht nur auf Pferdehaare, sondern auch auf dieses Holz angewiesen.

Aufgrund seiner physikalisch-mechanischen Eigenschaften gebe es kaum eine Alternative, die dem Fernambuk gleich kommt, erklärt Klaus Grünke, Bogenbauer und erster Vorsitzender der Internationalen Initiative zur Erhaltung des Fernambukbaumes in Deutschland (IPCI).

Weiden und Zuckerrohr verdrängen die Bäume

Der für Bogenbauer kostbare Fernambukbaum wächst ausschließlich in Brasilien und ausschließlich in der Mata Atlantica. Nach jahrhundertelangem Abholzen des Tropenwaldes – unter anderem zugunsten der Weidelandschaft und Zuckerrohrplantagen – hat sich der Bestand des Fernambuk massiv verringert.

Im Jahr 2007 wurden Fernambukbäume im Rahmen des „Abkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen“ (kurz CITES) auf den Artenschutzindex Anhang II gesetzt. 

Seitdem müssen Bogenbauer auf Holz aus Altbeständen zurückgreifen. Handeln mit neu geschlagenem Holz ist verboten. Der internationale Handel mit fertigen Streichbögen ist bisher weiterhin erlaubt.

Das könnte sich ändern, wenn der Vorschlag Brasiliens im November von den CITES-Unterzeichnerstaaten angenommen wird. Für Bogenbauer würde dies ein Verbot des Handels mit allen Produkten aus Fernambukholz, die nach 2007 hergestellt wurden, bedeuten. Für Musiker könnten Reisen mit einem Bogen aus Fernambuk zu einem bürokratischen Unterfangen werden: Sie müssten sich für jeden einzelnen ihrer Bögen eine Musikinstrumentenbescheinigung beim Bundesamt für Naturschutz (BfN) erstellen lassen.

Brasilianische Industrie verwendet verbotenes Fernambuk

Das erklärte Ziel Brasiliens sei, die illegale Ausfuhr und Einfuhr von Fernambuk-Bögen zu unterbinden. Untersuchungen unterschiedlicher brasilianischer Institutionen und der Bundespolizei hätten gezeigt, „dass die brasilianische Industrie verbotenes einheimisches Holz verwendet, um den wachsenden internationalen Markt für Bögen für Musikinstrumente in den USA, Europa und Asien zu beliefern“, heißt es in dem Antrag.

Für den internationalen Markt würden außerdem hauptsächlich professionelle Bögen gesucht, die eine hohe Qualität des Holzes voraussetzten.

Bogenbauer sind alarmiert. In einer europaweiten Initiative wollen sie nun darauf aufmerksam machen, dass der Verbrauch von Fernambukholz durch den handwerklichen Sektor nur gering sei – im Vergleich zur industriellen Produktion.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 60, vom 03. September 2022.



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