Neue Debatte um Vier-Tage-Woche: Griechenland legt noch zwei Tage drauf

Während viele Länder über eine Vier-Tage-Woche bei gleicher Bezahlung diskutieren, führt Griechenland eine Sechs-Tage-Woche ein.
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Wer möchte, kann ab Juli in Griechenland noch mehr arbeiten.Foto: iStock
Von 27. April 2024

Vier Tage arbeiten, drei Tage frei. Was sich für viele verlockend anhört, ist für manche schon Realität. Für andere platzte der Traum von einer Vier-Tage-Woche, wie Trigema jetzt verlauten ließ. In Griechenland rückte der Wunsch, weniger zu arbeiten, sogar noch weiter in die Ferne.

Bei Trigema im baden-württembergischen Burladingen wird es die Vier-Tage-Woche jedenfalls nicht geben, wie Geschäftsführerin Bonita Grupp in dieser Woche verlauten ließ. Sie erteilte der Vier-Tage-Woche eine klare Absage. „Wenn wir in der Fabrik heute auf die Vier-Tage-Woche gehen, dann fehlt uns am fünften Tag jemand an den Maschinen“, sagte die Tochter des ehemaligen Gesellschafters Wolfgang Grupp der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS).

Seit 1. Januar führt Bonita Grupp die Geschäfte zusammen mit ihrem Bruder Wolfgang Grupp junior, der auch wie zuvor sein Vater persönlich haftet. „Unsere Generation darf Arbeit nicht immer nur negativ sehen“, sagte Wolfgang Grupp gegenüber der FAS. „Wir müssen zeigen, dass Arbeit auch positive Seiten hat. Wenn man nur eine Nummer in einem riesigen Unternehmen ist, hat man natürlich keine Lust zu arbeiten. Mitarbeiter müssen das Gefühl haben, dass sie gebraucht werden.“

Griechenland geht anderen Weg

Die auch politisch geführte Diskussion um die Vier-Tage-Woche bei gleicher Bezahlung könnte nun neuen Auftrieb bekommen. Denn in Griechenland geht man einen entgegengesetzten Weg. Ab dem 1. Juli ist dort eine Sechs-Tage-Woche für den privaten und öffentlich kontrollierten Sektor gesetzlich verankert, wenn auch nicht verpflichtend. Für Beamte gilt diese Regelung jedoch nicht.

Wie der „Focus“ berichtete, steht es den Arbeitnehmern in Griechenland zukünftig frei, ob sie fünf oder sechs Tage arbeiten. Klar geregelt ist, dass Arbeitnehmer maximal acht Stunden zusätzlich arbeiten dürfen. Für eine Sechs-Tage-Woche erhalten sie einen Zuschlag von 40 Prozent des Tageslohns. Fällt der sechste Arbeitstag auf einen Sonn- oder Feiertag, gibt es einen Zuschlag von weiteren 75 Prozent.

Auch Arbeitnehmer, die in ihrer Fünf-Tage-Woche verbleiben, profitieren von der neuen Regelung. Sie erhalten einen Zuschlag von 30 Prozent, wenn einer der Arbeitstage ins Wochenende fällt.

Arbeitsgesetz trotz Protest verabschiedet

Das neue Arbeitsgesetz in Griechenland wurde bereits im September 2023 trotz Protesten von Oppositionsparteien und Gewerkschaften verabschiedet. Das Ergebnis war denkbar knapp, berichtet das Netzwerk „Greek Reporter“. Lediglich 158 der 300 Abgeordneten unterstützten die Reform, allesamt von der Regierungspartei Nea Dimokratia. Der Rest stimmte dagegen.

Von der Sechs-Tage-Woche erhofft sich die Regierung, Schwarzarbeit zu bekämpfen. Damit zählt der Staat zu den Gewinnern, denn durch weniger Schwarzarbeit und mehr geleisteter Arbeit erhöhen sich nicht nur die Sozialabgaben, sondern auch die Steuern. Aufgrund des neuen Gesetzes darf nun sogar ein Vollzeitbeschäftigter offiziell einen Teilzeit-Zweitjob ausüben und täglich bis zu 13 Stunden arbeiten. Tatsächlich würden viele Griechen zwei oder mehr Jobs benötigen, um sich über Wasser zu halten, berichtete der „Focus“.

„Der neue Gesetzentwurf sieht 13 Stunden Arbeit pro Tag und 78 Stunden pro Woche vor“, kritisierte die Gewerkschaft der Handelsmarine ein. „Er schafft Pausen am Arbeitsplatz und am Wochenende ab.“

Große Gewerkschaften sehen in dem neuen Gesetz eine Untergrabung der Rechte und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer – zumal das neue Gesetz Geldstrafen für diejenigen vorsieht, die Beschäftigte während eines Streiks von der Arbeit abhalten.

EU-Kommission behält sich Maßnahmen vor

Auch bei der EU war die Sechs-Tage-Woche in Griechenland Thema. Im Oktober 2023 forderte der EU-Abgeordnete Ernest Urtasun von der EU-Kommission eine Stellungnahme zu den neuen Regelungen. Er fragte gezielt, ob diese Regelungen im Widerspruch zu dem von der EU geförderten sozialen und integrativen Europa stehe. Die Kommission stellte in ihrer Antwort im November 2023 in Aussicht, eine umfassende Bewertung der gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmen. Insoweit sah sich die EU-Kommission „in ihrer Rolle als Hüterin der Verträge“ und würde alle Maßnahmen ergreifen, die sie für erforderlich halte.

Auch Griechen wünschen sich Vier-Tage-Woche

Eine Umfrage des griechischen Jobportals Kariera zeigte, dass die Landsleute dort überwiegend einen anderen Weg gehen möchten. Wie der „Focus“ berichtete, wünschen sie sich eher eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich, wie sie etwa in Deutschland diskutiert wird.

Betrachtet man die geleistete Wochenarbeitszeit, führen die Griechen die Spitze innerhalb der EU an. Laut Statistischem Bundesamt lag ihre normalerweise geleistete Wochenarbeitszeit im Jahr 2022 bei 41 Stunden, während für Deutschland nur 34,7 Stunden ermittelt wurden. Damit liegt Deutschland an drittletzter Stelle vor Dänemark (34,1 Stunden) und den Niederlanden (31,3 Stunden).

Auch eine OECD-Studie bescheinigt den Deutschen alles andere als Fleiß bei der Arbeit. Der Studie zufolge rechnet man bei den Deutschen 1.363 Stunden pro Jahr, während es die Griechen auf 1.956 Stunden im Jahr bringen.

Dies nahm die staatliche griechische Rundfunkanstalt ERT zum Anlass, das Modell der Vier-Tage-Woche, über das in Deutschland diskutiert wird, im September 2023 ins Lächerliche zu ziehen. Der Sender titelte „Deutschland: Sie arbeiten am wenigsten Stunden pro Jahr und fordern 4-Tage-Arbeit ohne Lohnkürzung“. Kritisiert wurde, dass sich Deutschland in einer Wirtschaftskrise befinde und mit Fachkräftemangel konfrontiert sei, aber trotzdem ein Pilotprogramm zur Einführung der Vier-Tage-Woche beschreite.

(Mit Material von den Agenturen)



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