Flut oder Erdbeben? Rätsel um das Schicksal der versunkenen Stadt Pavlopetri

Könnte die Stätte von Pavlopetri die Inspiration für Platons Geschichten über das versunkene Atlantis sein? Das Rätsel um eine längst vergangene Zivilisation.
Titelbild
Die genaue Ursache für das Versinken der Stadt Pavlopetri bleibt ein Rätsel.Foto: iStock
Von 26. April 2023

Nur wenige Meter unter der Meeresoberfläche vor der Küste Lakoniens, Griechenland, liegt sie: die versunkene Stadt Pavlopetri. Ursprünglich glaubte man, dass die Ruinen aus der mykenischen Bronzezeit (1650–1180 vor Christus) stammen. Heute werden sie für viel älter gehalten – und reichen sogar bis in die Jungsteinzeit.

Manche gehen davon aus, dass die Stätte von Pavlopetri als Grundlage für die Geschichten des griechischen Philosophen Platon über das versunkene Atlantis gedient haben könnte. Die Bewohner von Atlantis sollen einst eine große Seemacht gewesen und vor 11.000 Jahren innerhalb eines Tages durch eine Naturkatastrophe ausgelöscht worden sein.

Die erste bekannte Erwähnung von Pavlopetri stammt indes aus dem Jahr 1904. Der Geologe Fokion Negri gab die Entdeckung einer versunkenen Stadt bekannt, welche sich zwischen der Pounta-Küste in Süd-Lakonien und der Insel Elafonisos befindet.

Erst im Jahr 1967 entdeckte der Ozeanograf Nicholas Flemming die Stadt erneut und führte daraufhin eine umfangreiche Untersuchung durch. Mit einfachen Maßbändern und Schnorcheln kartierten sie ein Gebiet von 300 mal 150 Metern und identifizierten 15 verschiedene Gebäude, Höfe, Straßen und Gräber. In den Ruinen wurden auch Artefakte gefunden, wie Obsidian- und Feuersteinklingen, Keramik und eine Knochenfigur.

Archäologen vermessen die Ruinen von Pavlopetri. Foto: Universität Nottingham, U.K.

Eine virtuelle Erkundungstour

Vierzig Jahre später, im Jahr 2009, kehrten Wissenschaftler mit hoch entwickelter Sonartechnologie zurück, um Pavlopetri digital und dreidimensional zu kartieren. Dabei wurden weitere 9.000 Quadratmeter neuer Gebäude entdeckt.

Bis 2011 ermöglichten technologische Fortschritte weitere Untersuchungen. Der britische Archäologe Jon Henderson von der University of Nottingham, führte in Zusammenarbeit mit griechischen Forschern eine fünfjährige Studie durch. Dabei erstellten sie ein fotorealistisches, dreidimensionales Modell der Stadt, das ihnen erlaubte, die Ruinen virtuell zu erkunden.

„Wir haben es geschafft, mit CGI-Filmprofis [Computer Generated Imagery] zusammenzuarbeiten, das sind Menschen, die normalerweise an Filmen wie ‚Star Wars‘ arbeiten“, erzählte Henderson kurz nach der Expedition. „Der Grund, warum die neue Technik so gut ist, liegt darin, dass sie fotorealistisch ist. Die Leute können sie sofort betrachten und sagen: ‚Oh wow, das ist eine versunkene Stadt!’“

Das Team nutzte eine Methode, die Stereophotogrammetrie heißt, um Bilder zu sammeln und diese mit den bereits vorhandenen dreidimensionalen Schalldaten zu kombinieren. So entstand ein realistisches Bild. Sie benutzten spezielle Messgeräte mit Lasern, wie sie auch in der Stadtplanung und beim Bau von Autobahnen eingesetzt werden. All dies ermöglichte es ihnen, die Genauigkeit ihrer 3D-Konstruktion zu überprüfen.

Historische Erkenntnisse und zukünftige Forschungen

Aus ihren Forschungen zogen die Wissenschaftler neue historische Schlüsse über die Stadt Pavlopetri. Während die Gebäude und einige der Keramikscherben aus der mykenischen Zeit stammen (dem zeitlich jüngsten Abschnitt der Bronzezeit), legen neu entdeckte Artefakte nahe, dass die Stadt bereits viel älter ist. So wurden unter den Ruinen Tonscherben entdeckt, die aufgrund ihrer Machart in die ältere Bronzezeit (um 2800 v. Chr.) beziehungsweise in die Jungsteinzeit (um 3500 v. Chr.) datieren.

Unter den Artefakten aus der Bronze- und Kupferzeit sind nicht nur mykenische, sondern auch minoische Tongefäße. Dies legt nahe, dass die Bewohner von Pavlopetri einst mit den Minoern auf Kreta gehandelt haben könnten. Die Untersuchungen enthüllten auch neue Strukturen innerhalb der Stadt, darunter ein großes rechteckiges Gebäude, steingefasste Gräber und ein Pithos-Begräbnis.

Theoretisch könnten zukünftige Untersuchungen organisches Material wie Seile, Körbe und sogar Lebensmittel hervorbringen, da die sauerstoffarme Unterwasserumgebung den Verfall verlangsamt.

Ein einzigartiges Erbe

Die genaue Ursache für das Versinken der Stadt bleibt jedoch Gegenstand von Spekulationen. Einige Wissenschaftler vermuten, dass tektonische Aktivitäten wie eine Reihe von Erdbeben zum Untergang von Pavlopetri geführt hat, der zwischen 1.000 und 375 v. Chr. stattgefunden haben könnte.

Mit ihrem möglichen Untergang durch eine Naturkatastrophe und ihrer Gründung vor dem Jahr 3000 v. Chr. passt Pavlopetri zeitlich gut zu Platons Fabel von Atlantis. Dies unterstützt die These, dass Pavlopetri die Vorlage für den Epos Atlantis gewesen sein könnte. Eine weitere Parallele bilden die massiven Gebäude und der große Hafen – städtische Strukturen, die auf einen ausgedehnten Handelsplatz hinweisen.

„In Pavlopetri gab es Kaufleute und weitreichende Schifffahrtsaktivitäten, Menschen, die an den Docks mit Ausrüstung hantierten, und Schiffe, die von einem Handelszentrum zum anderen segelten – wahrscheinlich bis nach Ägypten, zur Levanteküste oder nach Sizilien“, erklärt Nicholas C. Flemming, britischer Meeresarchäologe.

Laut den Forschern gilt Pavlopetri heute als die älteste versunkene Stadt der Welt. Ihr kulturelles Erbe geht nicht nur auf Platon, sondern auch auf den berühmten griechischen Dichter Homer und seine legendären Helden zurück. Trotz ihrer historischen Bedeutung bleibt Pavlopetri ein Ort voller Geheimnisse und Mythen wie nur wenige andere auf der Erde.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: Divers Digitally Map World’s Oldest Sunken City Predating the Bronze Age—Here’s Why It Sank (redaktionelle Bearbeitung dl)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion