Pro-Atom-Verein: Für deutsches „Atom-An“ brauchen wir eine neue Regierung

Eine Studie aus den USA offenbart: Deutschland könnte mindestens acht Kernkraftwerke wieder einschalten – und damit mehrere Probleme lösen. Der Verein Nuklearia erklärt, welche Grundlagen für ein „Atom-An“ nötig sind und was das für unsere Stromversorgung bedeuten könnte.
Nuklearia: „Früher oder später“ kommt das deutsche „Atom-An“
Mehrere Kühltürme eines Kernkraftwerks. Symbolbild.Foto: iStock
Von 27. Juli 2023

Seit dem Atom-Aus ist Deutschland zum Nettostromimporteur geworden. Auch die Industrie hat darunter gelitten. Viele Unternehmen sind bereits in die USA oder in andere Länder ausgewandert.

Mindestens zwei Drittel der Menschen würden einen Wiedereinstieg in die Atomenergie befürworten. Zudem ist dies laut der Radiant Energy Group finanzierbar und machbar – und würde für die Menschen und Unternehmen im Land die Strompreise wieder senken.

Das Energieunternehmen aus den USA veröffentlichte vor Kurzem eine Studie, wonach Deutschland mindestens acht seiner stillgelegten Kernkraftwerke wieder in Betrieb nehmen könnte.

Auch der deutsche Verein Nuklearia e.V. befürwortet eine Rückkehr zur Kernenergie und hält diese für eine wesentliche Säule der Energieversorgung. Epoch Times sprach mit Rainer Klute, Vorsitzender von Nuklearia, über ein mögliches „Atom-An“.

Jüngst demonstrierte der Verein am 15. Juli in München für den Erhalt der bayrischen Kernkraftwerke Isar und Gundremmingen. „In Bayern sehen wir am ehesten den politischen Willen, Kernkraftwerke weiterzubetreiben“, sagte Klute. „Wenn es die Regierung des Freistaats schafft, das Erteilen der Rückbaugenehmigungen bis zur Bundestagswahl zu verzögern, also die Anträge sehr genau zu prüfen, wäre viel erreicht.“

Kam die Studie bei der Regierung an?

Ob die Bundesregierung die Studie der Radiant Energy Group erhielt, ist unklar. Doch selbst wenn sie in Berlin ankam, werden die Politiker diese ignorieren, schätzt Klute. „Die Regierung wird mit dem, was sie Energie- und Klimapolitik nennt, so lange wie möglich weitermachen. Ganz nach dem Motto ‚Augen zu und durch!‘“ Der Vereinsvorsitzende fuhr fort:

Die strukturellen Schwächen dieser Politik kann man eine Zeit lang mit Geld zuschütten, aber irgendwann geht das nicht mehr. Mit dem Atomausstieg hat sich die Bundesregierung vom Klimaschutz verabschiedet.“

Nun sei das Land zwingend auf Kohlekraftwerke angewiesen, um wenigstens die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Das bedeute weiterhin hohe CO₂-Emissionen. „Die Klimapolitik dieser Bundesregierung ist längst gescheitert“, so Klute.

Kommt das Atom-An zwangsläufig?

Die Pro-Atom-Organisationen in verschiedenen Ländern sind lose vernetzt, unterstützen sich und lernen voneinander. Besonderes Augenmerk liegt auf den USA und Deutschland. „In den USA haben es unsere Mitstreiter geschafft, Kernkraftwerke zu retten – in einem Fall wenige Stunden vor der geplanten Schließung“, berichtet Klute. In Deutschland ist das noch nicht gelungen. „Aber hier haben wir die Stimmung in der Bevölkerung gedreht. Zwei Drittel pro Kernkraft – das wäre vor zehn Jahren undenkbar gewesen.“

Im weiteren Verlauf will Nuklearia „das Interesse an der Kernenergie wachhalten“ und „erklären, warum Versorgungssicherheit und Klimaschutz in einem Industrieland wie Deutschland ohne Kernkraft nicht möglich sind.“ Deutschland werde deshalb früher oder später wieder in die Kernenergie einsteigen, „wenn nicht aus Einsicht, dann aus purer Notwendigkeit“.

Nuklearia will so schnell wie möglich, dass die Kernkraftwerke wieder in Betrieb gehen und die Zerstörung dieser verhindern. „Jedes bestehende Kernkraftwerk, dass wir retten können, hilft uns dabei, nicht wieder ganz bei null anfangen zu müssen“, so Klute.

Der Verein bezweifelt allerdings, dass die derzeitige Regierung ihren Kurs ändert. Klute hält fest:

Die Ampel wird das nicht machen. Wir brauchen neue Mehrheiten. Noch wichtiger ist eine breite Unterstützung der Kernkraft durch die Gesellschaft. Dass die große Mehrheit der Bevölkerung mittlerweile die Kernenergie befürwortet, muss die Politik über Parteigrenzen hinweg noch nachvollziehen.“

Reaktivierung braucht Genehmigungen

Der Anschluss mehrerer Kernkraftwerke würde laut dem Vereinsvorsitzenden für das deutsche Stromnetz eine höhere Stabilität bedeuten. Ebenso wäre es die Chance, Kohlekraftwerke loszuwerden.

Damit die Kernreaktoren ihren Betrieb wieder aufnehmen können, braucht es zunächst die entsprechenden Genehmigungen. „Da ist der Bundestag gefragt. Er muss das Atomgesetz ändern und den Leistungsbetrieb von Kernkraftwerken wieder zulassen. Anlagen, die ihre Betriebsgenehmigung noch haben, wie zum Beispiel Isar 2, dürfen dann sofort wieder Strom produzieren“, erklärt Klute. Hierbei ist wichtig zu wissen: Die Betriebsgenehmigung ist etwas anderes als die Berechtigung zum Leistungsbetrieb.

„Schwieriger ist es bei den Anlagen, die ihre Betriebsgenehmigung verloren haben. Hier müsste der Bundestag genehmigungsrechtliche Grundlagen schaffen, damit auch diese Kernkraftwerke eine neue Betriebsgenehmigung erhalten können.“

Welche technischen Schritte sind für ein Atom-An nötig?

Hierfür ist laut Klute eine ausführliche Bestandsaufnahme und Gap-Analyse mit einer Detailtiefe nötig, wie sie die Studie der Radiant Energy Group nicht leisten konnte. „Dabei wird sich vermutlich die eine oder andere Annahme der Studie als zu optimistisch hinsichtlich der Zeiträume und Voraussetzungen erweisen.“

Es müsse überprüft werden, welche Komponenten bei den Kernkraftwerken bereits abgebaut wurden und somit zu ersetzen wären – und der Zeitumfang.

„Zuerst sollten die Anlagen wieder ans Netz gebracht werden, bei denen am wenigsten zu tun ist. Das ist ganz sicher Isar 2 und vermutlich auch Emsland. Und natürlich müssen wir ausbilden, um wieder Fachpersonal zu bekommen. Auch fehlende Kernkraftwerkssimulatoren müssen ersetzt werden.“

Mehr Autarkie und Energiesicherheit

Deutschland ist im April vom Stromexportland zum Stromimportland geworden. Klute ist fest davon überzeugt, dass ein Wiedereinschalten mehrerer Kernkraftwerke dies wieder rückgängig machen kann. „Jedes laufende Kernkraftwerk liefert Strom, der nicht importiert werden muss, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht.“

Im besten Fall könnten die Kernkraftwerke nach Einschätzung der Radiant Energy Group frühestens in neun Monaten, also im Frühling 2024, ans Netz gehen.

Zuletzt fragte die Epoch Times den Pro-Atom-Verein, wie sicher wohl die deutsche Stromversorgung für den kommenden Winter ist. Erstmalig seit über 60 Jahren ist es der erste ohne einen aktiven Kernreaktor. Klute antwortete daraufhin:

Wenn wir – um mit Robert Habeck zu sprechen – ‚ein bisschen Glück mit dem Wetter‘ haben, kommen wir mit Kohle, Gas und Stromimporten über die Runden. Bei einem strengen Winter könnte es aber eng und teuer werden.“

In jedem Fall aber ist Deutschland laut dem Verein noch sehr lange Zeit auf die Kohle angewiesen. „Auch mit acht reaktivierten Kernkraftwerken wäre ein Kohleausstieg illusorisch. Um die Kohle loszuwerden, brauchen wir auch neue Kernkraftwerke.“



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