Investoren haben wenig Interesse an Windkraft – Fachmann: „Projekte sind unprofitabel geworden“

Aus Sicht der Bundesnetzagentur gibt es derzeit zu wenig Investoren für große Windkraftprojekte. Dieser Umstand macht das derzeitige Ausschreibungsmodell ineffektiv. Was bedeutet das jetzt für die Ziele der Energiewende?
Wo sind die Investoren? Kaum Interesse an Windkraft
Scheitert die deutsche Energiewende an einem Mangel an Investoren für Windkraftanlagen?Foto: iStock
Von 24. April 2024

Die Bundesnetzagentur hat erkannt, dass es derzeit deutlich weniger Investoren für große Windkraftanlagen an Land in Deutschland gibt, wie ursprünglich erhofft. Dies hat Konsequenzen. Es könnte dazu führen, dass die Branche und die Politik ihre selbst gesteckten Ziele der Energiewende nicht erreichen.

Das mangelnde Interesse hat die Bundesnetzagentur dazu veranlasst, das Ausschreibungsvolumen für Fördergelder zu kürzen, wie die „Welt“ berichtete.

Am 1. Mai 2024 steht die nächste Auktion an. Zu diesem Termin läuft die Frist für die Abgabe von Geboten für eine Ausschreibung ab. Ursprünglich waren bis zu diesem Termin Beihilfen im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für knapp 4,1 Gigawatt (GW) Windkraftleistung ausgeschrieben. Da sich allerdings abzeichnete, dass für dieses Bauvolumen zu wenig Investoren bereitstehen, reduzierte die Bundesnetzagentur das Ausschreibungsvolumen auf nur noch knapp 2,8 GW.

Wie funktioniert das Ausschreibungsmodell?

Um den stockenden Windkraftausbau zu beschleunigen, müssen Windparks seit 2017 ihre Fördergelder in der Regel bei Auktionen – auch Ausschreibungen genannt – ersteigern. Es gewinnt derjenige, der die geringste Fördersumme pro Kilowattstunde fordert, erklärt das „Science Media Center“. Das soll letztlich die Förderkosten für Windkraft für den Staat – und somit Steuerzahler – minimieren.

Die Ausschreibungen für Onshore-Windkraftanlagen finden alle drei Monate statt – Februar, Mai, August und November. Die Bundesnetzagentur bietet jeweils eine maximale Leistungssumme an, auf die die Investoren Angebote abgeben können. Seit diesem Jahr beträgt die jährliche gesetzliche Ausschreibungsmenge 10 GW.

Allerdings funktioniert dieses Modell nur dann, wenn es mehr Investoren als verfügbare Zuschüsse gibt. Ansonsten „ist der Sinn von Ausschreibungen natürlich ad absurdum geführt“.

Das teilt der Diplom-Kaufmann und Bundespressesprecher der windkraftkritischen Bundesinitiative Vernunftkraft Christoph Canne der Epoch Times mit. Die Nachfrage muss also höher sein als das Angebot. Nur durch Konkurrenz unter den Interessenten gibt es Unterbietungen. Wer den geringsten Bedarf an Subventionen einreicht, bekommt grünes Licht für den Bau der Anlage.

Derzeit gibt es allerdings zu wenig Bieter, sprich: Die Auktion ist unterzeichnet. „Die Bieter können dann relativ gefahrlos einen Betrag an der Höchstgrenze [von derzeit 7,35 Cent pro Kilowattstunde] anbieten, ohne wie bei einer überzeichneten Auktion Gefahr zu laufen, dann keinen Zuschlag zu erhalten“, erklärte Canne.

Canne: Projekte sind unprofitabel geworden

Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbandes WindEnergie (BWE), weist darauf hin, dass sich seit dem Jahr 2021 Windkraftprojekte mit einer Gesamtkapazität von 5,5 GW angesammelt haben. Obwohl diese schon eine Baugenehmigung hätten, haben sie noch nicht an der Auktion der Fördergelder teilgenommen.

Angesichts dieser Tatsache hält Canne das Nachfragedefizit für „höchst erstaunlich“, da diese aufgestaute Kapazität größer ist als der ursprünglich veranschlagte Auktionsrahmen von knapp 4,1 GW.

Nach Ansicht des Diplom-Kaufmanns geht die Bundesnetzagentur aufgrund der Reduzierung des Ausschreibungsvolumens auf knapp 2,8 GW davon aus, dass höchstens die Hälfte der genehmigten Projekte tatsächlich realisiert wird.

Hier macht sich bemerkbar, dass sich die Rahmenbedingungen für neue Windkraftanlagen seit einigen Jahren deutlich verschlechtern. Die Rohstoffkosten sind im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit angestiegen, die Finanzierungskosten sind durch die Zinserhöhungen der EZB gestiegen und die Pachtkosten für Windkraftanlagen sind eskaliert.“

Dies führe laut Canne dazu, dass Projekte, für die zwar eine Genehmigung vorliegt, nicht mehr realisiert würden, da sie schlicht unprofitabel geworden sind. „Das Problem lässt sich kurzfristig nur so lösen, dass man die Auktionshöchstbeträge und damit die späteren Mindestvergütungen für die installierten Windkraftanlagen weiter nach oben setzt.“ Diese habe Habeck schon im Dezember 2022 um 25 Prozent erhöht.

Weiter sagt Canne: „Gleichzeitig garantieren Regionalzuschläge bis zu 55 Prozent Mindestvergütungen von 11,3 Cent pro Kilowattstunde, wie sie nun etwa beim geplanten Windpark im Hofoldinger Forst realisiert werden.“ Diese Erhöhungen der Vergütung führe jedoch zu dem Problem, „dass die EEG-Vergütungen immer tiefere Löcher in den Bundeshaushalt reißen“.

Diese werden über den Klima- und Transformationsfonds (KTF) bezahlt. Canne merkt dabei an, dass dieser in diesem Jahr bereits deutlich gegenüber dem ursprünglich geplanten Kostenrahmen von 10,6 Milliarden Euro überzogen werde. Hinzu komme, dass neue Windräder bereits heute in dem aktuell gültigen EEG-Förderrahmen Kosten von bis zu 600.000 Euro pro Jahr verursachen – auf 20 Jahre garantiert.

Wenig Interesse schon im Februar

Bereits in der ersten Ausschreibungsrunde in diesem Jahr gab es schon deutlich weniger Interessenten als Zuschüsse. Die bezuschlagte Menge lag bei knapp 1,8 GW, demgegenüber standen Fördergelder für eine maximale Leistung von 2,5 GW. Somit gab es praktisch keine Unterbietungen.

„Wir hätten uns mit Blick auf die große Menge möglicher Gebote mehr Mut gewünscht“, bedauert Heidebroek die Entwicklung. „Die Kürzung sendet ein falsches Signal an die Branche und die Öffentlichkeit“, sagt sie gegenüber der „Welt“.

Langfristige Ziele in Gefahr?

Die Zielvorgaben für 2024 sind inzwischen in starken Rückstand geraten. Nach Angaben von „Blackout News“ fehlen aktuell noch 7,46 GW. Um im Plan für das gesteckte Ziel von 10 GW bis zum Jahresende zu erreichen, dürften jetzt allerdings nur rund 6,8 GW fehlen. Die derzeitige Entwicklung lässt es unwahrscheinlich erscheinen, dass dieser Rückstand noch aufzuholen ist. Gleichzeitig sind auch langfristige Ziele bis 2030 in Gefahr, falls das mangelnde Interesse seitens der Investoren weiter anhält.

Trotz des staatlichen Engagements für die Windkraft im Rahmen der sogenannten Energiewende haben die von Canne erwähnten Branchenprobleme sowie Inflation und Lieferschwierigkeiten der Sparte schwer zugesetzt. Besonders deutsche Hersteller schwächeln. Insbesondere die finanzielle Situation beschreibt der BWE als „angespannt“. Die Zubauzahlen steigen zwar, aber langsam.

Der Bundesverband motivierte indes seine Mitglieder, größeres aktives Interesse an den künftigen Ausschreibungen zu zeigen. Erst ein Zuwachs der Investitionen könne die benötigte Dynamik erzeugen, um die politischen und wirtschaftlichen Ziele der Windenergie – und somit der Energiewende – zu erreichen.

Für Canne ist der Fall aufgrund der aufgeführten Mehrkosten jedoch ein „Dilemma“:

Es werden wesentlich höhere Summen für die Energiewende benötigt. Und dies gilt nicht nur für neue Windkraftanlagen, sondern auch für Netzausbaukosten, Netzeingriffkosten und Backup-Kraftwerke. Diesen immer größer werdenden Belastungen steht jedoch seit dem Verfassungsgerichtsurteil eine mehr als unklare Finanzierung gegenüber.“



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