600 Jahre alte Bibliothek in Wien: Eine der schönsten weltweit

Die Nationalbibliothek in Wien gilt zu Recht als Schatzkammer Österreichs. Zwischen Gold und Marmor ragen meterhohe Holzregale auf, die Wissen, Tausende Geschichten und das Erbe einer großen Herrscherfamilie Europas bewahren.
Herzstück der Bibliothek: Der Prunksaal
Der Prunksaal ist das Herzstück der Nationalbibliothek.Foto: Österreichische Nationalbibliothek/Hloch
Von 20. Januar 2024

Wunderschön, erhaben, überwältigend – so lässt sich der Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien am besten beschreiben. Es verwundert daher nicht, dass die Nationalbibliothek als eine der weltweit schönsten Bibliotheken gilt.

Doch die Nationalbibliothek ist heute weit mehr als eine Bibliothek. Neben den rund vier Millionen Büchern beherbergt sie zudem eine Kartensammlung mit angeschlossenem Globenmuseum, eine Papyrussammlung mit zugehörigem Papyrusmuseum, eine Musiksammlung mit Werken großer Komponisten wie Anton Bruckner oder Richard Strauss sowie weitere Ausstellungen und Präsentationen.

Die Bibliothek in Wien von außen

Die Österreichische Nationalbibliothek kann unter anderem vom Heldenplatz aus betreten werden. Foto: Österreichische Nationalbibliothek/Pichler

Wissen ist Macht

Ein Blick in die Geschichte Europas offenbart auch, wieso sich solch eine beeindruckende Bibliothek mitten in Wien befindet. So war die österreichische Hauptstadt einst das Zentrum einer großen und einflussreichen Herrscherfamilie: der Habsburger.

Da Wissen Macht bedeutet, errichteten die Habsburger in ihrem Palast diese große Bibliothek. Hier sammelten sie Wissen, schufen ein kulturelles Gedächtnis und verwahrten Urkunden und Herrschaftsansprüche, um ihre Macht zu sichern.

Doch keine Dynastie währt ewig. Als der Einfluss der Habsburger schwand und sich das Kaisertum in eine Republik verwandelte, wurde die Österreichische Nationalbibliothek zu dem, was sie heute ist. Dennoch hat sie viel von der Pracht der Kaiser bewahrt, von denen man einst glaubte, sie seien von Gott selbst eingesetzt worden.

Das Reiterdenkmal von Erzherzog Karl auf dem Heldenplatz mit der Nationalbibliothek im Hintergrund. Foto: iStock

So alt wie ihre Geschichten

Auftraggeber der Bibliothek war Karl VI. (1685–1740), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Ab 1723 erschufen die Erbauer, die Familie Fischer von Erlach, ein barockes Gesamtkunstwerk, indem sie die Bildhauerei, Architektur und Freskenmalerei auf eine einzigartige und harmonische Weise verbanden.

Von allen Wundern, die die Bibliothek zu bieten hat, ist jedoch der Prunksaal besonders hervorzuheben. Auch hier vereint das Herzstück der Bibliothek die Künste der Malerei, Architektur und Literatur miteinander und erscheint dem Besucher märchenhaft oder göttlich – als stamme er nicht von dieser Welt.

An den Wänden des Saales thronen meterhohe Regale aus Nussbaumholz, die zusammen 200.000 Bücher beherbergen. Die Bücher selbst sind von großem Wert und stammen aus den Jahren 1501 bis 1850. Sie dürfen jedoch nicht mehr durchgeblättert werden, weil ihre Seiten mittlerweile brüchig geworden sind. Vielmehr ruhen die Werke nun dort als historische Artefakte und Besucher können ihre prächtigen Einbände aus der Ferne bewundern.

Bücherregale der Bibliothek Wien

Die meterhohen Bücherregale der Bibliothek bestehen aus Nussbaumholz. Foto: iStock

Götter im prunkvollen Herz der Bibliothek

Der Prunksaal selbst besitzt einen ovalen Grundriss und ist mit seinen 77,7 Metern Länge gerade einmal 14,2 Meter breit. Abgeschlossen wird er in 19,6 Metern Höhe mit einer reich verzierten ovalen Kuppel. Geschmückt wird der Saal von Säulen, farbigem Marmor und Blattgold.

In der Mitte des Saals steht eine überlebensgroße Marmorstatue, die auf den ersten Blick den Helden Herkules zeigt. Weil er ein mutiger Krieger ist, auch die schwersten Aufgaben meistert, aber dennoch tugendhaft handelt, soll er laut der griechischen Mythologie in den Olymp aufgenommen worden sein. Auf den zweiten Blick wird jedoch deutlich, dass die Statue nicht Herkules, sondern Kaiser Karl VI. darstellt.

Marmorstatue von Kaiser Karl VI. im Prunksaal der Bibliothek

In der Mitte des Saales steht die Marmorstatue von Kaiser Karl VI. Foto: Österreichische Nationalbibliothek/Hloch

Genau über der Statue ziert zudem ein großes Fresko die Kuppel und zeigt die „Vergöttlichung“ von Karl VI. Dabei sind Herkules und Apollon – Gott des Lichts, der Weissagung und der Künste – dargestellt, wie sie das Bildnis von Karl VI. halten. Ergänzt wird das Hauptfresko von unzähligen weiteren Personen, die symbolisch für die Habsburger-Dynastie stehen, und Szenen, die den Bau des Gebäudes darstellen.

Deckenfresko des Prunksaals

Die Mittelkuppel ziert ein riesiges Deckenfresko, das die Vergöttlichung von Kaiser Karl VI. darstellt. Foto: Gemeinfrei

Links und rechts schließen sich weitere Gebäudeflügel an, die sich zwei gegensätzlichen Themen widmen: Krieg und Frieden – ergänzt durch die passenden Fresken und Motive. Auch die Bücher in diesen Flügeln sind entsprechend thematisch geordnet.

Seitenflügel des Prunksaals

Der Prunksaal hat zwei Seitenflügel, die sich den Themen Krieg und Frieden widmen. Foto: Österreichische Nationalbibliothek/Hloch

Schatzkammer voller Juwelen

Jeder Besucher von Wien wird die Nationalbibliothek bereits auf Reiseplakaten und in Broschüren gesehen haben. Dort wird sie mit ihrer schmucken Fassade, den Statuen und der göttlichen Freskenmalerei im Inneren des Prunksaals als eines der prächtigsten Juwelen Wiens gepriesen.

Jahrhunderte vor dem Prunksaal gab es bereits die Hofbibliothek. Im Mittelalter diente sie gleichzeitig als Schatzkammer für Herzog Albrecht III. und war bis zum Ende des 13. Jahrhunderts in einer Kapelle in der Burg des Herzogs untergebracht.

„In den Schatzkammern der weltlichen Regenten lagen neben Juwelen, Kleinodien und allerlei Kuriositäten auch wertvollste Bücher, die man ererbt oder eigens in Auftrag gegeben hatte“, heißt es auf der Website der Österreichischen Nationalbibliothek. „Diese Kostbarkeiten besaßen nicht nur einen hohen materiellen, sondern vor allem einen symbolischen und sakralen Wert.“

Augustinerlesesaal in der Bibliothek von Wien

Blick in den reich verzierten Augustinerlesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Foto: Österreichische Nationalbibliothek/Hloch

Darunter befindet sich auch das älteste Buch der heutigen Bibliothek: ein von Johannes von Troppau 1368 verfasstes Evangelienbuch. Es ist ganz in Gold geschrieben, mit aufwendigem Bildschmuck versehen und besitzt an seinen Ecken die Wappen von vier Häusern: Österreich, Steiermark, Tirol und Kärnten.

Diese Schätze wechselten im Laufe der Jahrhunderte mehrfach ihre Besitzer – worunter auch römisch-deutsche Kaiser waren – und die Bibliothek wurde durch Ankäufe, Fusionen und wissenschaftliche Recherchen um weitere Sammlungen erweitert.

Papyrus, Noten und Globen in einer Bibliothek

Zu Beginn der Hochrenaissance konzentrierte sich die Sammlung der Bibliothek vor allem auf die Wissenschaften, die Geschichte und die Genealogie, um das kaiserliche Erbe zu legitimieren und zu schützen. Im Laufe des 18. Jahrhunderts kritisierten Gelehrte jedoch die bloße Repräsentation einer Familie und stellten das Streben nach Wissen in den Mittelpunkt der Bibliothek.

Die Bibliothek und ihre Schätze wurden im Laufe ihrer Geschichte mehrmals verlegt: im 16. Jahrhundert aus dem Schloss des Herzogs in das Schloss Friedrichs III. in der Wiener Neustadt, 1623 in das Haus Harrach und schließlich nach Fertigstellung des Prunksaals im Jahr 1726 in die Hofburg der Habsburger.

Neben ihrem Kronjuwel – dem Prunksaal – hat die Bibliothek zudem verschiedenste Sammlungen zu bieten und ist ein Gedächtnisspeicher für das Altertum. So beherbergt die Bibliothek insgesamt rund vier Millionen Werke, zu denen die große Papyrussammlung mit ihren rund 19.500 Papyri gehört. Besonders eindrucksvoll ist auch die Musiksammlung, die unter anderem Originalhandschriften von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart oder Ludwig van Beethoven ihr Eigen nennen darf.

Außerdem gibt es ein Globenmuseum mit über 250 Ausstellungsstücken: Erd- und Himmelsgloben sowie Mond- und Planetengloben bis hin zu unterschiedlichen astronomischen Instrumenten.

Globenmueseum der Bibliothek Wien

Das Goldkabinett im Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek. Foto: Österreichische Nationalbibliothek/Pichler

Was einst das Erbe eines Reiches bewahrte, ist heute eine geschichtliche Schatzkammer und ein Wunderwerk der Menschheitsgeschichte, das man unbedingt gesehen haben muss, wenn man Wien besucht.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „One of the World’s Most Beautiful Libraries From Medieval Age Over 600 Years Ago Will Stun You“ (redaktionelle Bearbeitung kms)



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