33 Studien belegen: Luftfilter verhindern keine Infektionen

Die deutsche Bundesregierung förderte mit mehreren Hundert Millionen Euro den Einbau von Luftfiltern in öffentlichen Gebäuden, Kitas und Schulen. Laut einem Medizinprofessor könnten diese Ausgaben umsonst gewesen sein und sich der medizinische Nutzen in Luft auflösen.
32 Studien belegen: Luftfilter verhindern keine Infektionen
Wie viel bringen Luftfilter wirklich?Foto: iStock
Von 13. Dezember 2023

Vor allem im Zuge der Corona-Krise riefen immer mehr Menschen dazu auf, die Luftqualität in Innenräumen zu verbessern, um das Risiko einer Ausbreitung des Virus zu verringern. Allerdings fehlten reale Beweise, die diese Annahme mit Belegen untermauerten. Mögliche Studien, die sich während der Pandemie mit der Wirksamkeit der Luftfilter beschäftigten, wurden bislang nicht veröffentlicht.

Also haben meine Kollegen und ich die Erkenntnisse über den Nutzen der Technik von vor COVID-19 geprüft und festgestellt, dass eine Luftreinigung die Zahl der Erkrankungen durch Atemwegsinfektionen nicht verringert.

Erstes Ergebnis: Starke Verzerrung in Publikationen

Es gibt grundsätzlich zwei Typen von Luftbehandlungsgeräten, nämlich Filter und Desinfektionsgeräte. Luftfilter entfernen Partikel aus der Luft, die infektiöse Viren enthalten können, während Luftdesinfektionsgeräte UV-Strahlung oder Ozon verwenden, um Viren in der Luft unschädlich zu machen.

Im Rahmen unserer Metastudie untersuchten wir 32 Beobachtungs- und Versuchsstudien zu diesem Thema, die zwischen 1970 und 2022 durchgeführt wurden. Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Technologien weder die Häufigkeit noch den Schweregrad von Infektionskrankheiten verringern.

Betrachtet man allein die im Labor bestätigten Influenza- oder Norovirus-Fälle, so zeigt sich zwar ein Trend zu weniger Infektionen, allerdings gab es Anzeichen für eine starke Publikationsverzerrung. Das heißt, Studien mit deutlich positiven Ergebnissen wurden mit größerer Wahrscheinlichkeit veröffentlicht als solche mit negativen. Eine derartige Verzerrung lässt schließlich die vermeintliche Wirkung der Filter stärker erscheinen, vor allem wenn die „negativen Studien“ nicht veröffentlicht werden.

32 alte und eine neue Studie zeigen keinen Nutzen

Insgesamt zeigte sich, dass es keine stichhaltigen Beweise dafür gibt, dass Luftbehandlungstechnologien das Risiko von Atemwegserkrankungen senken. Forschungsergebnisse, die sich speziell mit COVID-19 beschäftigten, konnten in unsere Studie nicht mit einbezogen werden, da bis dato keine veröffentlicht wurden.

Erst eine im Nachhinein veröffentlichte Studie deutscher Forscher untersucht die Wirkung von hocheffizienten Partikelfiltern (kurz „HEPA“) auf die Verbreitung von COVID-19 in Kindergärten. In der Arbeit von Juli 2023 verglichen Dr. Timo Falkenberg und seine Kollegen die Erkrankungsraten in Einrichtungen mit Filtern und jenen ohne diese Technik.

Auch ihr Ergebnis lautet: Es gab keinen signifikanten Unterschied, der die Wirksamkeit der Luftfilter bestätigt. Vielmehr waren die Infektionsraten bei den Kindern, in deren Einrichtungen die Filter installiert waren, leicht erhöht.

Luftfilter halten Teilchen, einschließlich eingeschlossener Krankheitskeime, zurück, macht sie aber nicht unschädlich. Im Gegensatz dazu zerstört eine UV-Desinfektion diese Keime, die Reste verbleiben aber in der Luft.

Luftfilter halten Teilchen einschließlich eingeschlossener Krankheitskeime zurück, macht sie aber nicht unschädlich. Im Gegensatz dazu zerstört eine UV-Desinfektion diese Keime, die Reste verbleiben aber in der Luft. Foto: iStock

Hilft es, Fenster zu öffnen?

Ein Faktor, der in der deutschen Studie unberücksichtigt blieb, ist die mögliche Auswirkung von natürlicher Belüftung, also regelmäßigem Öffnen der Fenster, auf das Krankheitsrisiko. Ein generelles Problem bei Studien zur Luftbehandlung besteht darin, dass die Lüftung durch Fenster möglicherweise reduziert wurde, wodurch sich das Risiko sogar erhöht.

Ebenfalls 2023 führten britische Wissenschaftler eine Studie über die Auswirkung von Belüftungen auf COVID-19-Infektionen durch. Obwohl es etwas mehr Belege für eine Verringerung der Infektionen durch Belüftung gab, waren die Studien alle von schlechter oder sehr schlechter Qualität. Daher kamen die Forscher zu dem Schluss, dass der „Grad des Vertrauens in diese Schlussfolgerung gering“ ist.

Für uns war es daher unwahrscheinlich, dass Unterschiede in der natürlichen Belüftung die negativen Ergebnisse der Studien zur Luftbehandlung erklären.

Warum können Luftfilter das Krankheitsrisiko nicht verringern?

Ich würde behaupten, dass es mehrere Gründe dafür gibt, wieso Luftbehandlungstechnologien nie das Allheilmittel sein werden, wie manche behaupten.

Erstens: Das Risiko einer Übertragung von Atemwegsviren hängt davon ab, wie nah man einer infizierten Person steht. Zu Beginn der Pandemie wies eine Gruppe von Wissenschaftlern nach, dass das Infektionsrisiko erheblich abnimmt, je weiter man sich von einer infizierten Person entfernt.

Jemand, der nur einen Meter von einer infektiösen Person entfernt war, hatte ein etwa fünfmal höheres Risiko als jemand, der mehr als einen Meter entfernt war. Es ist daher zweifelhaft, dass Luftfilter eine so enge Übertragung von Mensch zu Mensch beeinflussen würden.

Zweitens: Selbst wenn die Luftbehandlung eine Infektion in einem bestimmten Innenraum wirksam verhindern würde, bewegen sich die Menschen regelmäßig zwischen den Räumen. Die Luftreinigung in der Schule oder am Arbeitsplatz schützt Menschen nicht, wenn diese öffentliche Verkehrsmittel benutzen oder sich in anderen Umgebungen aufhalten.

Infektionskrankheit ist nicht gleich Infektionskrankheit

Schließlich stellt sich die Frage nach der epidemischen Dynamik von Infektionen, die nur eine kurze Immunitätsdauer haben:

Wie ich bereits vor über zwei Jahren erörtert habe, verhalten sich Infektionen mit relativ kurzer Immunitätsdauer wie COVID-19 anders, als es die Standard-Epidemiemodelle vorhersagen. Menschen können im Laufe ihres Lebens viele Male neu infiziert werden.

Infektionen wie COVID-19 lassen sich besser mit dem SEIRS-Modell (Susceptible/anfällig, Exposed/ausgesetzt, Infected/infiziert, Recovered/genesen, Susceptible/anfällig) abbilden. In diesem Modell werden Maßnahmen wie Luftfilter oder Maskentragen weniger wirksam, da viele Infektionen zu Wiederinfektionen werden. Ausschlaggebend für die Erkrankungsrate ist dann die Geschwindigkeit, mit der ein Mensch seine Immunität verliert.

In der Praxis zeigt sich also, dass Luftbehandlungstechnologien das Risiko, an einer Atemwegsinfektion wie COVID-19 zu erkranken, nicht verringern. Es gibt etwas mehr Beweise dafür, dass eine verstärkte natürliche Belüftung dieses Risiko verringern kann. – Aber die Beweise sind alles andere als überzeugend.

Zum Autor:

Paul Hunter ist Medizinprofessor an der Universität von East Anglia in Norwich (Großbritannien) mit den Schwerpunkten Mikrobiologie und Virologie. Sein Forschungsinteresse gilt der Epidemiologie und der Ausbreitung neu auftretender Infektionskrankheiten sowie deren Übertragung. Er untersucht seit zwei Jahrzehnten Ausbrüche von Infektionskrankheiten im Vereinigten Königreich, in Europa und in den Entwicklungsländern, darunter SARS, Cholera, Vogelgrippe, Dengue-Fieber, Ebola, Zikavirus und COVID-19.

Außerdem ist er als Berater für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) tätig und erhält finanzielle Unterstützung vom britischen National Institute for Health Research, der WHO und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).

Dieser Artikel erschien im Original auf theconversation.com unter dem Titel: „No compelling evidence that air purifiers prevent respiratory infections – new study“, Übersetzung mit freundlicher Genehmigung (redaktionelle Bearbeitung ts).

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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