Immer weniger Menschen: Das Rätsel um Chinas Einwohnerzahl

Im vergangenen Jahr hat Indien China in Puncto Einwohnerzahl überholt. Das wird sich nach Ansicht eines Demografie-Experten auch nicht mehr ändern. Chinas Bevölkerungszahl wird künftig massiv schrumpfen.
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Chinesische Frauen haben im Schnitt nur noch ein Kind. Das lässt die Einwohnerzahl kontinuierlich schrumpfen.Foto: epa Zhou Chao/FEATURECHINA/dpa
Von 24. Januar 2024

China galt lange Zeit als das bevölkerungsreichste Land der Welt. Im vergangenen Jahr gab das Land der Mitte diesen Titel an Indien ab. Doch es ist schwer zu sagen, wo die genauen Zahlen liegen, da die restliche Welt auf die Daten der chinesischen Statistikbehörde angewiesen ist.

Der China-Experte und Professor an der University of Technology Sydney, Feng Chongyi, sagte bereits vor gut einem Jahr: „Jeder weiß, dass Peking lügt.“ Viele Fachleute nehmen daher an, dass die tatsächliche Einwohnerzahl ganz anders ist, als offiziell angegeben.

Die offiziellen Zahlen

Die chinesische nationale Statistikbehörde verkündete am 17. Januar, dass die Einwohnerzahl des Landes Ende vergangenen Jahres bei knapp 1,41 Milliarden Menschen gelegen hätte. Das waren mehr als zwei Millionen weniger als Ende 2022. Damit bestätigte das von der Kommunistischen Partei regierte Land, dass Chinas Bevölkerung 2023 das zweite Jahr in Folge geschrumpft ist.

Gleichzeitig hat sich der Rückgang der Einwohnerzahl beschleunigt. Der Bevölkerungsrückgang war mehr als doppelt so groß wie im Vorjahr. 2022, als China das erste Mal seit dem Anfang der 1960er-Jahre ein Schrumpfen seiner Bevölkerung registrierte, war die Einwohnerzahl um rund 850.000 Menschen zurückgegangen.

Ein Hintergrund des aktuellen Rückgangs sind die sinkenden Geburtenzahlen. Peking prognostizierte im Jahr 2016 laut der „Welt“ für 2023 noch 15,5 Millionen Geburten und eine Fruchtbarkeitsrate von 1,75. Das erklärte Yi Fuxian, Demografie-Experte an der University of Wisconsin-Madison in den USA. Doch diese Prognose war gewaltig „überschätzt“.

Nach den aktuellen „offiziellen“ Zahlen registrierten die Behörden im vergangenen Jahr insgesamt nur 9,02 Millionen Geburten in China. Auch die Geburtenrate ist mit nur noch 1,0 Geburten pro Frau weitaus niedriger. Zudem gebe es kein Anzeichen, dass China dem Trend gegensteuern könnte. Die Geburtenrate könnte weiter sinken.

Aber auch wenn Peking einen Weg fände, seine Geburtenrate bei 1,0 zu halten, schätzt Yi Fuxian Chinas Bevölkerung im Jahr 2050 auf 1,06 Milliarden. Weitere 50 Jahre später liege die Einwohnerzahl Chinas dann bei nur noch 390 Millionen. Sinkt die Geburtenrate unter 1,0 ist die Einwohnerzahl in der Zukunft noch niedriger.

Was steht dahinter?

Einige Experten führen den Rückgang auf steigende Lebenshaltungskosten und die Tatsache zurück, dass mehr Frauen eine Anstellung annehmen und ein Studium anfangen. Die Familiengründung hat somit weniger Priorität.

Weitere Schlüsselfaktoren brachten die vergangenen Jahre mit sich, die durch die in China ausgebrochene COVID-19-Pandemie geprägt waren. Der teilweise monatelange, durch die kommunistische Regierung angeordnete Lockdown hat laut der „Welt“ etlichen Menschen die Aussicht auf eine positive Zukunft geraubt. Auch droht in China eine Immobilienblase zu platzen.

China hatte 2016 die in den 1980er-Jahren angesichts von Befürchtungen vor einer Überbevölkerung eingeführte „Ein-Kind-Politik“ abgeschafft und jede Familie durfte zwei Kinder haben. Seit 2021 dürfen Paare drei Kinder bekommen. Inzwischen versuchen die chinesischen Behörden, die Geburtenrate mit staatlichen Unterstützungen und öffentlichen Kampagnen nach oben zu treiben.

Wie viel Menschenleben hat COVID gefordert?

Einige Einschätzungen der vergangenen Jahre gehen davon aus, dass keine 1,4 Milliarden Menschen mehr in China leben, sondern nur noch rund eine Milliarde. So hat unter anderem ein chinesischer Hacker im Sommer 2022 eine Datenbank der Polizei in Shanghai geknackt und die Daten von rund einer Milliarde Chinesen zum Verkauf angeboten, inklusive Polizeidaten. Eine Analyse des Falls durch die chinesischsprachige Epoch Times kam zu dem Schluss: „Das heißt, die nationale Bevölkerung beträgt laut der Polizei etwa eine Milliarde.“

Es stellte sich also die Frage: „Wohin sind diese 400 Millionen Menschen gegangen?“ Der Autor vermutete, dass nur ein „großflächiger epidemischer Tod eine vernünftige Erklärung“ sei. Die in China ausgebrochene Corona-Pandemie hätte somit dort wohl weitaus verheerendere Folgen gehabt als in anderen Ländern.

Ebenso erklärte der in den USA im Exil lebende Falun-Gong-Gründer, Herr Li Hongzhi, im Januar 2023, dass die Kommunistische Partei Chinas (KPC) das wirkliche Ausmaß der Epidemie vertuscht hätte. Seinen Angaben nach seien in China über 400 Millionen Menschen an COVID-19 gestorben.

Der ehemalige Hongkonger Unternehmer Elmer Yuen, der wegen seiner Unterstützung für die dortige Demokratiebewegung im US-Exil lebt, sprach in einem Interview auf „Mr. Wu in Europe“, dem YouTube-Kanal eines China-Experten in Deutschland, über seine Einschätzung dieser Zahl: „Es gibt aktuell drei Informationsquellen für die Zahlen der Pandemie. Eine davon ist die der Kommunistischen Partei Chinas, die generell keine wahren Zahlen herausgibt. […] Eine andere Quelle sind die Zahlen von Forschungsinstituten, wie aus England. Allerdings stehen ihnen nur begrenzte Informationen zur Verfügung.“

Yuen sagte, dass niemand bessere Informationsquellen habe als Herr Li und verweist auf die zu Beginn der Verfolgung im Jahr 1999 geschätzten bis zu 100 Millionen Falun-Gong-Praktizierenden in China. „Ich schätze, dass das auch jetzt noch so ist. […] Und Sie müssen wissen, jeder dieser Falun-Gong-Praktizierenden hat sehr großen Respekt vor Herrn Li. Sie haben auch keine Angst, Herrn Li wahre Informationen zu übermitteln. Das ist ein großer Qualitätsunterschied, was die Informationsquellen anbelangt.“

(Mit Material von AFP)



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