Neue Studie: Einsatz von Malariamittel gegen COVID-19 „hätte Leben gerettet“

Zu Beginn der Corona-Pandemie wurde es stark kritisiert: das Malariamittel Hydroxychloroquin. Die wissenschaftliche Debatte geht weiter. Doch immer mehr Studien bestätigen mittlerweile eine positive Wirkung gegen COVID-19.
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Der Einsatz von Hydroxychloroquin in Kombination mit dem Antibiotikum Azithromycin senkte laut einer neuen Studie die Sterblichkeit bei COVID-Patienten.Foto: Bernard Chantal/iStock
Von 21. November 2023

Eine Behandlung mit Hydroxychloroquin senkt die Sterblichkeit von COVID-Patienten. Das ist das Ergebnis einer kürzlich erschienenen Studie aus Frankreich.

Dafür untersuchten die Forscher die Daten von mehr als 30.000 Patienten mit COVID-19, die in dem Universitätskrankenhaus IHU Méditerranée Infection in Marseille behandelt wurden und deren Fälle in der öffentlich zugänglichen Datenbank DRYAD zur Verfügung standen.

„Hydroxychloroquin hätte Leben gerettet“

Die Patienten hatten einen positiven COVID-19-Test und kamen zwischen dem 2. März 2020 und dem 31. Dezember 2021 stationär oder ambulant ins Krankenhaus zur Behandlung. Dabei erhielten 23.172 Patienten Off-Label-Verschreibungen von Hydroxychloroquin (HCQ) und Azithromycin (AZ), einem gängigen Antibiotikum. 7.030 Patienten wurden hingegen nicht mit diesen Medikamenten behandelt.

Von den Patienten, die die Medikamente erhielten, starben 191 beziehungsweise 0,8 Prozent. Von denen, die sie nicht erhielten, starben 344 oder 4,9 Prozent. Personen, die HCQ und AZ erhielten, hatten eine höhere Überlebensrate, unabhängig davon, ob sie stationär oder ambulant behandelt wurden. Die größte Wirkung stellten die Forscher bei ambulanten Patienten im Alter zwischen 50 und 89 Jahren fest.

„Ähnlich den anderen großen Beobachtungsstudien kommt die Studie zu dem Schluss, dass HCQ Leben gerettet hätte“, schlussfolgern die Autoren unter der Leitung von Dr. Didier Raoult von der Universität Aix-Marseille in Marseille. Die Arbeit erschien in der Fachzeitschrift „New Microbes and New Infections“.

Limitierungen der Studie und Kritik

Zu den Einschränkungen der Studie gehörte, dass die Daten aus einem einzigen Krankenhaus stammten. Die französische Regierung finanzierte die Studie teilweise mit. Und der Korrespondenzautor Dr. Raoult gab an, zudem Förderungen von dem japanischen Unternehmen Hitachi High-Technologies Corporation erhalten zu haben. 

Dr. Raoult ist Mediziner, Mikrobiologe und Infektiologe. Er war Leiter des Universitätskrankenhauses IHU Méditerranée Infection in Marseille, in dem die Patienten mit HCQ behandelt wurden. Allerdings erntete er für den durchgeführten Therapieansatz auch viel Kritik. Ein Fachärzteverband reichte Berufsbeschwerde gegen Raoult ein, weil er zu dieser Zeit keinen wissenschaftlichen Nachweis für die Wirksamkeit des Mittels erbracht habe.

Nachdem eine Untersuchung der französischen Behörden ergeben hatte, dass es in der Einrichtung Probleme mit der Einhaltung von Vorschriften gab, musste Dr. Raoult 2022 von seinen Posten zurücktreten und begab sich in den Ruhestand. Mehrere seiner vorherigen Arbeiten zum Thema Darmbakterien wurden seitdem zurückgezogen, bevor sein Team nun kürzlich die Ergebnisse der COVID-19-Behandlung mit HCQ veröffentlichte.

Dr. Raoult reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

Uneinheitliche Ergebnisse

HCQ ist weltweit seit Jahrzehnten zugelassen, jedoch nicht für die Behandlung von COVID-19, sondern von Arthritis und Malaria. Laut Dr. David Boulware, Arzt für Infektionskrankheiten an der University of Minnesota Medical School, stützten Daten aus klinischen Studien den Einsatz von HCQ gegen COVID-19 nicht.

„Hydroxychloroquin zeigte in randomisierten klinischen Studien keinen Nutzen“, sagte Dr. Boulware, der nicht an der neuen Studie beteiligt war, in einer E-Mail an Epoch Times.

Er war der Mitverfasser einer Metaanalyse, die Anfang 2023 erschien. Dabei untersuchten die Forscher elf randomisierte klinische Studien. Dem Ergebnis der Analyse zufolge zeigte das Medikament in allen elf Studien keine antivirale Wirkung beim Menschen.

Ferner war Dr. Boulware auch der Erstautor einer randomisierten Studie. Die Forscher untersuchten HCQ als Prophylaktikum bei Menschen, die COVID-19 ausgesetzt waren. Das Ergebnis: Das Mittel schütze weder vor einer Erkrankung noch vor einer Ansteckung.

Dr. Raoult kritisiert Methodik in randomisierten klinischen Studien

Dr. Raoult und seine Mitautoren erkannten an, dass mehrere große randomisierte Studien, darunter auch eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), keinen Nutzen von HCQ gegen COVID-19 ergaben. Sie erklärten allerdings, dass die größte Studie, die von der WHO und der britischen Regierung finanziert wurde, „erhebliche methodische Probleme“ aufwies. Dazu gehörte beispielsweise, dass die Patienten in den ersten 24 Stunden eine zu hohe Dosierung von HCQ erhielten.

Die Autorengruppe kritisierte auch kleinere Studien mit ähnlichen Ergebnissen als nicht aussagekräftig. Dazu gehörte auch eine Studie aus Frankreich, die aufgrund von Problemen bei der Rekrutierung der Teilnehmer abgebrochen werden musste.

Ihnen zufolge wiesen randomisierte klinische Studien drei Probleme auf:

  1. Die Behandlung fing zu spät an;
  2. Die Dosierung war zu hoch;
  3. Die Aussagekraft der Studie war zu schwach.

„Im Gegensatz dazu berichten mehrere große, in der Literatur veröffentlichte retrospektive Beobachtungsstudien mit insgesamt 47.516 Patienten über einen Nutzen der Anwendung von HCQ für die Sterblichkeit von COVID-19-Patienten“, schrieben die Autoren und verwiesen auf Studien aus Frankreich, dem Iran und Spanien.

Des Weiteren erklärten sie, dass die Zahl der Patienten in den Beobachtungsstudien die Zahl der Patienten in den randomisierten klinischen Studien übersteige. Die Ergebnisse der Beobachtungsstudien würden den Einsatz von HCQ als Frühbehandlung bestätigen, schrieben sie. 

Beobachtungsstudien haben ihre Einschränkungen

Dr. Boulware verwies hingegen auf einige Schwächen von Beobachtungsstudien. Er zitierte dafür eine Reaktion auf eine amerikanische Beobachtungsstudie aus dem Jahr 2020. Im Rahmen ihrer Beobachtungen stellten die Forscher einen Zusammenhang zwischen HCQ und AZ und einer geringeren Sterblichkeit bei Krankenhauspatienten fest. 

Der Reaktion zufolge ist der Beobachtungszeitraum jedoch zu kurz gewesen, um die Sterblichkeit genau bestimmen zu können. Außerdem gab es einige verzerrende Faktoren, weil wichtige Größen nicht beachtet wurden. Auch ließen die Forscher unerwähnt, wie schwer die Krankheit in den verschiedenen Probandengruppen verlief und welche Symptome auftraten.

Künftig nur Beobachtungsstudien zur Wirksamkeit von Hydroxychloroquin möglich

Anderer Meinung sind jedoch Dr. Raoult und sein Team.

„Da die Epidemie inzwischen verflogen ist, ist es ohnehin nicht mehr möglich, randomisierte klinische Studien durchzuführen“, so die Autoren weiter. „Nur Beobachtungsstudien können weitere Erkenntnisse bringen, um die politischen Entscheidungsträger bei der Neupositionierung von Hydroxychloroquin bei der Behandlung von COVID-19 zu unterstützen.“

Die neue Studie bestätigte das Ergebnis einer Beobachtungsstudie aus Belgien, die etwa einen Monat zuvor erschienen war. Die belgischen Forscher stellten ebenfalls fest, dass HCQ mit AZ die COVID-19-Sterblichkeit bei hospitalisierten Patienten reduzierte.

„Unsere Studie deutet darauf hin, dass die Behandlung mit Hydroxychloroquin und Azithromycin trotz der Kontroversen um ihre Verwendung eine praktikable Option bleibt“, heißt es in der Studie, die in der Fachzeitschrift „New Microbes and New Infections“ erschien.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen sowie Fragen zu Medikamenten und Dosierungen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Hydroxychloroquine Associated With Lower COVID-19 Mortality: Study“ (redaktionelle Bearbeitung as).



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