Sterbefallzahlen im November „auf Niveau der Vorjahre“ – deutlich über Vor-Corona-Zeit

Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, lagen die „Sterbefallzahlen im November 2023 im Bereich des mittleren Wertes der Vorjahre“. Im Vergleich zu vor Corona zeigt sich dennoch eine nicht unerhebliche Übersterblichkeit. Ein Blick hinter die Zahlen.
Sterbefallzahlen „auf dem Niveau der Vorjahre“ sind eine geschickt versteckte „Übersterblichkeit im Vergleich zu vor Corona".
Im November starben in Deutschland rund 88.000 Menschen, ähnlich viele wie in den Corona-Jahren, aber deutlich mehr als 2019 und früher.Foto: iStock
Von 12. Dezember 2023

Nachdem die „Sterbefallzahlen in Deutschland im Oktober ähnlich wie in den Vorjahren ausgefallen“ sind, liegen die „Sterbefallzahlen auch im November auf Niveau der Vorjahre“. So titelt die Nachrichtenagentur dts. Obwohl die zugrunde liegende Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) etwas tiefer in die Details geht, bleiben wichtige Fragen zur immer noch vorhandenen Übersterblichkeit ungeklärt.

Zunächst einmal bleibt festzuhalten, sowohl dts als auch Destatis verstricken sich weder in Widersprüche noch Falschaussagen. Mit 88.017 Sterbefällen im November liegen die Daten etwa ein Prozent über Mittel der Jahre 2019 bis 2022. Wer hierbei an „Durchschnitt“ denkt, denkt jedoch in die falsche Richtung.

Die Statistiker aus Wiesbaden beziehen sich seit Sommer 2021 auf den sogenannten Median. In der Hälfte der Vergleichsjahre starben mehr Menschen als im Median, in der anderen Hälfte weniger. Extreme Werte – sowohl nach oben als auch nach unten – werden weitgehend ignoriert. Für 2023 werden dadurch die niedrigen Werte des Jahres 2019 ausgeblendet.

„Übliche Verlaufsmuster“ und „erwartete Entwicklung“

Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilte, lagen bei einer Betrachtung nach einzelnen Kalenderwochen „die Zahlen zu Monatsbeginn (Kalenderwoche 44 vom 30. Oktober bis 5. November) etwas deutlicher über dem entsprechenden Vergleichswert (+4 Prozent). In den restlichen Novemberwochen betrug die Abweichung zwischen -2 Prozent und +3 Prozent.“

Zusätzlich berufen sich die Statistiker auf das Euromomo-Netzwerk zur Beobachtung von Sterblichkeitsentwicklungen, das zum selben Ergebnis kommt: In den meisten Ländern gab es im November 2023 keine Abweichung von den erwartbaren Entwicklungen. Euromomo „ordnet Befunde zur Übersterblichkeit auf Basis einer eigenen Hochrechnung unvollständiger Meldungen und eines eigenen Übersterblichkeitskonzepts europaweit vergleichend ein“, so die Statistiker.

Sowohl in skandinavischen Ländern als auch in Irland, Spanien und der Schweiz seien „teilweise geringe bis mäßige Abweichungen von den üblichen Verlaufsmustern festgestellt“ worden. Auch die Entwicklung in Deutschland wurde zum Teil als geringe Übersterblichkeit eingeordnet.

Was „erwartbare Entwicklungen“ oder „übliche Verlaufsmuster“ sind, erfährt der Leser bei dts nicht. Das Statistische Bundesamt ergänzt bezüglich ersterem „no excess“. Das kann in diesem Zusammenhang als „no excess deaths“ interpretiert werden, also „keine Übersterblichkeit“. Ob das die Erwartung erfüllt, bleibt offen.

Übersterblichkeit ähnlich den Vorjahren deutlich über „vor Corona“

Bezüglich der Verlaufsmuster ist Destatis ausführlicher und erklärt: „Bei der Einordnung des Saisonverlaufes der Sterbefallzahlen ist zu berücksichtigen, dass sich in den drei Jahren der Corona-Pandemie (2020 bis 2022) ein saisonales Muster gezeigt hat, bei dem die Sterbefallzahlen zum Jahresende deutlich und im Vergleich zu vorpandemischen Jahren [in einem] ungewöhnlichen Maße ansteigen.“ Mit anderen Worten: Seit Corona sterben Ende eines Jahres deutlich mehr Menschen als zuvor.

Dieses Muster, so die Statistiker, „wird im aktuellen Vergleich der Sterbefallzahlen des Jahres 2023 mit dem mittleren Wert der vier Vorjahre 2019 bis 2022 berücksichtigt.“ Das heißt also, bereits der Vergleichswert weicht von der langjährigen Entwicklung ab. Sprich, die aktuellen Sterbefallzahlen sind nur deshalb nicht ungewöhnlich, weil man sie mit den Corona-Jahren vergleicht. Dies bestätigt das Statistische Bundesamt und schreibt:

„Dabei zeigt sich, dass die Sterbefallzahlen im November 2023 zeitgleich mit der weiterhin über dem vorpandemischen Niveau auftretenden Verbreitung von Atemwegserkrankungen im Bereich des Vergleichswertes liegen.“ Und weiter:

Wird jedoch mit den Sterbefallzahlen im November des letzten Vorpandemiejahres 2019 verglichen, so liegen die Zahlen im November 2023 deutlich darüber (+12 Prozent).“

Bezogen auf den November 2020 starben dieses Jahr zwei Prozent mehr, im Vergleich zu November 2021 sechs Prozent weniger und ein Prozent weniger als im November 2022.

Absolute Zahlen wenig aussagekräftig

Die Statistiker des Bundesamtes verweisen dabei auf weitere Störgrößen, „insbesondere der Alterung der Bevölkerung“. Je länger der Vergleichszeitraum zurückliegt, desto größer werde der Einfluss dieser Faktoren. Das ist einerseits der Tatsache geschuldet, dass Menschen älter werden und das Sterberisiko mit zunehmendem Alter steigt.

Andererseits ist die Zahl der „in Deutschland Lebenden“ in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Steigt die Zahl der Menschen, steigt selbstverständlich auch die Anzahl der zu erwartenden Sterbefälle, selbst wenn zunehmend junge Menschen hinzukommen.

Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung ist aktuell mit einer natürlichen „Übersterblichkeit“ von jährlich 12.000 Personen zu rechnen. Mit einem Plus von 508 Sterbefällen im Vergleich zum mittleren Wert der Vorjahre liegt der November 2023 diesbezüglich weit unter dem Trend.

Aussagekräftiger sind in diesem Zusammenhang relative Zahlen, die beispielsweise die Zahl der Verstorbenen ins Verhältnis zur Bevölkerung setzen. Noch aufschlussreicher wären nach Altersgruppen aufgeschlüsselte Daten. Letzteres zeigt speziell im Zusammenhang mit der Corona-Krise eine deutliche Übersterblichkeit – und zwar weltweit und immer in zeitlichem Zusammenhang mit Impfkampagnen in den jeweiligen Altersklassen.

Mögliche Ursachen der – im Vergleich zu „vor Corona“ – deutlichen Übersterblichkeit nennt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden nicht. Die „über dem vorpandemischen Niveau auftretenden Atemwegserkrankungen“ dürften, wenn überhaupt, nur einen Bruchteil der Daten erklären.



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