CDU begrüßt Abspaltung der WerteUnion: „Müssen uns nicht mehr rechtfertigen“

Die CDU sieht die geplante Gründung einer WerteUnion-Partei offenbar sportlich: „Die rechte Ecke“ sei nun „aufgeräumt“, hieß es aus Kreisen von CDU-Spitzenvertretern. Angesichts der neuen CDU-Programmatik sei im Parteienspektrum ohnehin „kein Platz“ für eine Maaßen-Partei.
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CDU-Parteichef Friedrich Merz grenzt die Partei gegen die WerteUnion ab.Foto: Daniel Roland/AFP via Getty Images
Von 23. Januar 2024

Die CDU nimmt die geplante Abspaltung einer Gruppe wertkonservativer Parteimitglieder um den ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Dr. Hans-Georg Maaßen offenbar mit Erleichterung zur Kenntnis. Wie die „Welt am Sonntag“ berichtete, betrachten „CDU-Spitzenfunktionäre“ es als eine „gute Nachricht“ speziell für CDU-Parteichef Friedrich Merz, dass die WerteUnion (WU) im Februar eine eigene Partei gründen will.

Da eine Doppelmitgliedschaft in Parteien laut CDU-Satzung ausgeschlossen ist, habe sich „das Problem eines langwierigen Ausschlussverfahrens von Maaßen […] nun auch erledigt“, habe es aus dem Munde eines namentlich nicht genannten „Top-Christdemokraten“ geheißen. „Die rechte Ecke“ sei jetzt „aufgeräumt“, die CDU „müsse sich nicht mehr für eine ultrakonservative Gruppierung rechtfertigen“. Parteichef Merz habe bereits einen „Unvereinbarkeitsbeschluss“ bekräftigt. Auch für einen „Sprecher“ der CDU sei die Trennung zwingend:

CDU-Mitglieder, die weiter der sogenannten WerteUnion angehören, müssen die CDU verlassen oder haben mit einem Ausschlussverfahren zu rechnen.“

CDU setzt auf neues Selbstbekenntnis

Man selbst habe sich gerade erst neu „aufgestellt“, zitierte die „Welt am Sonntag“ einen „hochrangigen CDU-Mann“. Damit spielte er wohl auf das neue, mittlerweile vierte CDU-Grundsatzprogramm „In Freiheit leben – Deutschland sicher in die Zukunft führen“ an.

Demnach will sich die CDU künftig unter anderem für einen Anti-Scharia-Kurs, die Rückkehr zur Atomkraft, für eine Rentenreform und für „einen Stopp der unkontrollierten Migration und eine Begrenzung der humanitären Migration“ unter Einbeziehung „sicherer Drittstaaten“ und eines „Leitkultur“-Konzepts einsetzen. Damit würde sich die Partei zumindest programmatisch vom Kurs der früheren CDU-Kanzlerin Angela Merkel verabschieden und sich den Positionen von AfD und WerteUnion deutlich annähern.

Nach Angaben der „Welt“ hatte Friedrich Merz das Grundsatzprogramm während der CDU-Vorstandsklausur am 12. und 13. Januar 2024 in Heidelberg mit den Worten „Wir sind wieder da. Und wir sind auch wieder eine konservative Partei“ kommentiert. Das neue Programm soll offiziell nach dem 36. CDU-Bundesparteitag verbindlich werden, der vom 6. bis 8. Mai 2024 in Berlin stattfindet.

CDU glaubt nicht an WU-Erfolg

Aus Sicht der CDU stellt die WU laut „Welt“ ohnehin keinen ernst zu nehmenden Gegner im Parteienspektrum dar: „Unsere Positionen sind nun so, dass für eine Maaßen-Partei kein Platz mehr ist“, habe „ein hochrangiger CDU-Mann“ klargestellt.

Ein „Spitzenfunktionär der CDU“ habe das auch an dem mutmaßlichen WU-Parteichef Maaßen festgemacht. Diesem fehle „die politische Strahlkraft einer Sahra Wagenknecht“. Bereits bei der Bundestagswahl 2021 habe sich gezeigt, dass Maaßen „die Menschen nicht begeistern“ könne. Damals hatte Maaßen als Direktwahlkandidat in einem Südthüringer Wahlkreis gegen den SPD-Kandidaten Frank Ullrich verloren, dem ehemaligen Olympiasieger und Bundestrainer der Biathleten.

CDU bundesweit stärkste Kraft – WU und BSW in etwa gleichauf?

Die Union käme nach einer INSA-Umfrage vom 22. Januar 2024 auf 30,5 Prozent der Wählerstimmen, wenn am Sonntag ein neuer Bundestag gewählt würde. Die AfD bliebe trotz Verlusten von 1,5 Prozentpunkten mit 21,5 Prozent zweitstärkste Kraft – trotz der seit Tagen andauernden Anti-AfD-Demonstrationen („Gegen rechts“). Die Ampelparteien SPD (13,5 Prozent), Grüne (12,5 Prozent) und FDP (5,0 Prozent) würden mit 31 Prozent nicht einmal mehr ein Drittel der Wähler überzeugen. Linke (3 Prozent) und Freie Wähler (2,5 Prozent) wären nicht im Bundestag vertreten. In den östlichen Bundesländern mit Ausnahme Berlins ist die AfD mit jeweils mehr als 30 Prozent die stärkste Partei.

Sowohl die WerteUnion als auch das vor wenigen Wochen gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht – für Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) wurden bei INSA dieses Mal nicht gesondert aufgeführt. Man kann aber davon ausgehen, dass sich ein Teil jener 11,5 Prozent der Befragten, die sich laut INSA für eine „sonstige“ Partei entscheiden würden, entweder Maaßen oder Wagenknecht vertrauen würden. Zwei Tage zuvor hatte dasselbe Meinungsforschungsinstitut dem BSW sieben Prozent Wählergunst zugestanden.

Maaßen selbst war in einem Gespräch mit der Epoch Times noch kurz vor dem Parteigründungsbeschluss von Erfurt davon ausgegangen, dass seine WU bei einem von INSA bescheinigten Gesamtwählerpotenzial von 15 Prozent ebenfalls „sieben bis acht Prozent“ gewinnen könnte.

WU-Gründungsparteitag im Februar

Am vergangenen Samstag hatte der Verein „WerteUnion e. V.“ mit einer starken Mehrheit der rund 400 anwesenden Mitglieder die Gründung einer eigenen Partei beschlossen. Insgesamt gibt es laut „Welt“ etwa 4.000 Vereinsmitglieder. Rund 85 Prozent unter ihnen gehörten bisher „der CDU oder CSU beziehungsweise ihren Vereinigungen an“.

Der Gründungsparteitag soll im Februar stattfinden. Man wolle zu den Landtagswahlen im Herbst in Thüringen, Sachsen und Brandenburg antreten. Nach Angaben der „Welt“ stehen Parteisitz und die Führungsmannschaft mit Ausnahme von Maaßen bisher nicht fest.

Die neue konservative Kraft will mehreren Aussagen Maaßens zufolge vorwiegend enttäuschte Unionswähler für ihre liberalkonservative Politik auf ihre Seite ziehen, die sich am Vorbild von Politikern wie Konrad Adenauer, Ludwig Erhard oder Helmut Kohl orientieren soll. Eine „Brandmauer“ soll es zu keiner Partei geben: Man würde grundsätzlich mit all jenen kooperieren, „die zu einer Politikwende in Deutschland bereit“ seien, sagte Maaßen. Die AfD gehöre dazu. Zugleich hatte sich die WU schon vor der Mitgliederversammlung „klar, eindeutig und in aller Form von ALLEN politisch-extremistischen Bestrebungen verfassungswidrigen oder verfassungsfeindlichen Charakters“ distanziert, wie der „Münchener Merkur“ berichtete.

Nach Angaben der „Welt“ wollte sich die AfD am Samstag nicht zum Thema WerteUnion äußern.

Die neue Wagenknecht-Partei dürfte als potenzieller Partner eines WU-AfD-Bündnisses von vornherein ausscheiden. Das BSW hatte wie alle übrigen Parteien eine Zusammenarbeit mit „Rechtsextremisten wie Herrn Höcke“ bereits ausgeschlossen. Sogar einem inhaltlich „knapp ein Jahr alten“ AfD-Antrag, der sich kürzlich für Friedensverhandlungen für die Ukraine starkgemacht hatte, erteilte das BSW nach Informationen der „Nachdenkseiten“ eine Absage, obwohl Wagenknecht seit Kriegsbeginn stets für mehr Diplomatie geworben hatte.

Ein zurzeit breit diskutiertes AfD-Verbot würde Wagenknecht aber nicht unterstützen. Gegenüber dem ZDF-Talkmaster Markus Lanz äußerte sie, die Verbotsdebatte sei „wirklich ein Geschenk an die AfD“.

Über Maaßen, die CDU und die WerteUnion

Vor einem Jahr, genauer gesagt am 28. Januar 2023, wurde der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Dr. Hans-Georg Maaßen zum Vorsitzenden des konservativen Vereins WerteUnion gewählt. Seitdem läuft auf Betreiben der CDU-Spitze ein Parteiausschlussverfahren gegen den 61-jährigen Juristen.

Nachdem die CDU in der ersten Instanz damit gescheitert war, wird die zweite Instanz am Thüringer Landesparteigericht sehr wahrscheinlich gar nicht mehr entscheiden müssen: Maaßen wird sein Parteibuch wohl freiwillig abgeben. Dass es so weit kommen könnte, hatte Maaßen bereits selbst bei seiner Wahl zum WerteUnion-Chef vor Jahresfrist eingeräumt.

Friedrich Merz war nach Ansicht von Maaßen nur dank der Unterstützung der WerteUnionsmitglieder in den Reihen der CDU im Januar 2022 zum Parteivorsitzenden gekürt worden. Sie hatten sich laut Maaßen einen klaren Bruch mit der Ära Merkel erhofft. Doch der sei – dem neuen Parteiprogramm zum Trotz – aus Sicht Maaßens nie erfolgt, sodass es nun stattdessen zum Bruch der WerteUnion mit der CDU kam. Dies sei „nur folgerichtig“, bestätigte Maaßen gegenüber der „Welt“. Denn „seit ihrer Gründung 2017“ sei der Verein „vom Partei-Establishment bekämpft worden“. Maaßen weiter:

Leider hat die CDU unter Merz, der seine heutige Position als Parteivorsitzender wesentlich der Unterstützung durch die WerteUnion verdankt, diese Linie weiter verfolgt: Statt einer inhaltlichen Aufarbeitung der Ära Merkel wurde jeder Dialog verweigert.“

Maaßen war von 2012 bis 2018 Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz. Er wurde aus dem Amt entfernt, nachdem er den Aussagen der damaligen Bundeskanzlerin Merkel und ihrem Kanzleramtssprecher im Spätsommer 2018 widersprochen hatte, dass es nach der Tötung eines Deutschen in Chemnitz zu „Hetzjagden“ auf Ausländer gekommen sei.

Sowohl der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) als auch die lokale Polizei als auch Lokalmedien stellten sich auf die Seite Maaßens. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) versetzte ihn dennoch in den einstweiligen Ruhestand.



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