Klingbeil: „Jahr des Kampfes“ gegen AfD – Wagenknecht sieht das als „Geschenk“ für die Partei

SPD-Chef Lars Klingbeil will 2024 zum „Jahr des Kampfes“ gegen die AfD machen. Hunderttausende demonstrieren in deutschen Städten gegen die Partei. Sahra Wagenknecht zeigt sich skeptisch ob dieser Strategie, deren Aufstieg in der Wählergunst zu stoppen.
Titelbild
Tausende protestieren gegen Rechtsextremismus in Berlin am 21. Januar 2024.Foto: CHRISTIAN MANG/AFP via Getty Images
Von 22. Januar 2024

Ein „Jahr des Kampfes“ hat der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil für 2024 ausgerufen. Dieser soll sich „gegen den Versuch von Rechtsextremen und der AfD, dieses Land kaputtzumachen“ richten, erklärte er gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“. Außerdem wolle man „für die arbeitende Mitte“ kämpfen – die sich zuletzt immer häufiger von der SPD verabschiedet hatte.

Dazu will Klingbeil „besser werden in der Regierung, weniger streiten, mehr erklären und politische Entscheidungen treffen für die arbeitende Mitte“. Die Politiker der SPD müssten „viel mehr im Land unterwegs sein“ und direkte Kontakte mit den Bürgern haben. Zudem wolle man inhaltlich den Kampf gegen die AfD aufnehmen.

Dies bedeute, so Klingbeil, deutlich zu machen, wie gefährlich diese sei und was sich ändern würde, übernähme sie das Ruder. Der SPD-Chef verweist in diesem Zusammenhang auf das sogenannte Geheimplantreffen.

Dieses zeige, dass die AfD „durchs Land gehen und alle aussortieren will, deren Nachname oder Hautfarbe ihr nicht passt“ – von der Pflegekraft über den Busfahrer bis hin zur Bundestagsvizepräsidentin.

Auch das Kokettieren mit einem EU-Austritt würde Arbeitsplätze gefährden. Die AfD mache „nichts besser, sie gefährdet unseren Wohlstand und unsere Zukunft“.

Zweifel an Spontaneität der Demonstrationen

Bei den Wählern scheinen die Massenkundgebungen bislang wenig zu bewirken. Die AfD befindet sich bundesweit weiterhin deutlich über der 20-Prozent-Marke, in einigen ostdeutschen Ländern ist sie mit mehr als 30 Prozent stärkste Partei.

Möglicherweise zeigt sich einmal mehr das Phänomen, dass ein großstädtisches, politisch engagiertes Publikum zwar bereit ist, in Massen öffentlich für ihr Anliegen einzustehen. Dennoch spricht es vorwiegend für sich und gibt nicht unbedingt eine flächendeckende Stimmung wieder.

In sozialen Medien ist häufig Skepsis anzutreffen bezüglich einer tatsächlichen Spontaneität der Kundgebungen gegen die AfD. Dort geht man davon aus, dass regierungsnahe Jugendorganisationen, das Vorfeld von SPD und Grünen sowie NGOs routiniert ihre Mobilisierungserfahrung ausspielen, um Masse zu erzeugen.

Was können die Kundgebungen bewirken?

Dass die Initiatoren der Kundgebungen davon ausgingen, durch ihre Aufmärsche Menschen von der Wahlabsicht für die AfD abzubringen, wird ebenfalls häufig angezweifelt. Allerdings haben die Mobilisierungen zwei mögliche Effekte.

Getreu dem Motto „Wir sind mehr“ lässt sich potenziell der Eindruck kommunizieren, es stünden mehr Menschen in Deutschland hinter der Regierung als hinter der Protestbewegung der Bauern und Spediteure.

Zudem könnte die Debatte um ein Verbot der AfD, flankiert von Massendemonstrationen, potenziellen Wählern die Botschaft vermitteln, ihre Stimme wäre verschenkt. Diese Botschaft sollten jedoch bereits die Ansagen aller anderen Parteien vermitteln, nicht mit der AfD zu koalieren. Die Stimmenanteile der Partei sind dennoch angestiegen.

Unter der Führung von Fridays For Future nahmen am 21. Januar 2024 Hunderttausende an einer Demonstration gegen die AfD in Berlin teil. Foto: HAMI ROSHAN/Middle East Images/AFP via Getty Images

Wagenknecht: AfD wird durch Ampel selbst immer stärker

Auch BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht sieht die Art und Weise, in der die etablierten Parteien die AfD bekämpfen, als kontraproduktiv. In der jüngsten Fernsehtalkshow bei Markus Lanz äußerte sie, die Verbotsdebatte sei „wirklich ein Geschenk an die AfD“.

Es sei die Regierung selbst, die „mit einer Überheblichkeit, einer Arroganz, einer Planlosigkeit die Leute im Grunde der AfD in die Arme treibt“. Die mediale Berichterstattung führe nur dazu, dass die Partei stärker werde. Tatsächlich sei es erforderlich, die konkreten Lösungsvorschläge der AfD zum Thema zu machen. Diese seien nämlich „sehr schwach und teils gegen die Wählerschaft gerichtet, die sie aktuell anzieht“.

Die Partei werde bislang als einzige wirkliche Alternative zur Ampel wahrgenommen. Eine inhaltliche Zustimmung zu rechtsextremen Vorstellungen sei damit nicht immer verbunden:

„Wir haben in der Gesellschaft keinen Rechtsradikalismus, der sich irgendwie ausgeweitet hat und wir haben schon gar nicht irgendwie 20 Prozent der Bevölkerung, die das gut finden. Aber wir haben ganz viele Menschen, die sich völlig politisch heimatlos fühlen.“

Auch auf X sehen das einige Nutzer ähnlich:

„Geheimplan“-Treffen als Steilvorlage

Seit dem Bericht der Plattform „Correctiv“ über ein privates Treffen bei Potsdam im vergangenen November ist der öffentliche Druck auf die Partei gestiegen. Diesem zufolge hatten Politiker der AfD Sympathien für verfassungsfeindliche Positionen eines bekannten Rechtsextremisten über eine erzwungene „Remigration“ erkennen lassen.

Von dieser Ausweisung sollten sogar deutsche Staatsbürger betroffen sein. Die Politiker selbst bestreiten den von „Correctiv“ wiedergegebenen Hergang. Die Plattform beruft sich auf mündliche Berichte nicht näher genannter „Quellen“, die möglicherweise selbst dem Treffen beigewohnt hatten.

Der Bericht über das Treffen kam wie eine Steilvorlage hinsichtlich einer Debatte über ein Verbot der laut Verfassungsschutz in Teilen rechtsextremistischen Partei. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nahmen persönlich in Potsdam an einer Kundgebung „gegen Rechts“ teil. Auch in Berlin kam es zu einer solchen. Seither beteiligte sich eine insgesamt sechsstellige Zahl an Personen an weiteren Aufmärschen in anderen Städten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) nehmen an einer Demonstration in Potsdam teil.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) nahmen an einer Demonstration in Potsdam teil. Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Bald meldete sich auch CDU-Chef Friedrich Merz mit einer Kampfansage an die AfD zu Wort. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warf der Partei vor, Attentate auf Politiker herbeiführen zu wollen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will AfD-Mitglieder aus dem Staatsdienst entfernen lassen.

Eine Petition forderte sogar ein Grundrechtsverwirkungsverfahren gegen Thüringens AfD-Chef Björn Höcke. Dies ungeachtet der Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht alle vier bisher in der Geschichte der BRD angestrebten Verfahren dieser Art verworfen hat.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion